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11.5.2017 - Jann Raveling

Brexit: Welche Steuern internationale Unternehmen in Zukunft zahlen müssen

Internationales

Steuerbelastungen für Firmen aus Großbritannien im Europa-Geschäft

Der Brexit kann für Unternehmen teuer werden, wenn sie sich nicht rechtzeitig vorbereiten
Der Brexit kann für Unternehmen teuer werden, wenn sie sich nicht rechtzeitig vorbereiten © pixabay

Zoll, Umsatz- und Ertragssteuern: Was heute dank EU kein Problem ist, könnte für in England ansässige Unternehmen mit Europageschäft künftig eine harte Nuss werden. Das bedeutet nicht nur deutliche steuerliche Mehrbelastungen, auch der Unternehmensalltag wird komplizierter. Teil 1 unserer Reihe über den Brexit.

Wie der Brexit genau aussieht, das verrät nur ein Blick in die Glaskugel. Aber klar ist: Die Europäische Union möchte England den Austritt hart treffen lassen – und auch Großbritannien ist auf hartem Brexit-Kurs. Bei der Betrachtung möglicher steuerlicher Belastungen gehen wir deshalb vom Worst-Case aus: England wird Dritt-Staat ohne direkte Anbindung an die EU.

Welche Belastungen auf internationale Unternehmen mit Sitz in Großbritannien zukommen:

1. BREXIT-Belastung: Zölle

Bisher gilt in der EU der freie Warenverkehr. Mit dem Austritt Großbritanniens könnten Zölle auf Waren erhoben werden. „Das erzeugt nicht nur Kosten für Käufer und Verkäufer durch die Zollgebühren, sondern gleich in mehrfacher Hinsicht Mehraufwände: So müssen sich Unternehmen mit der Zollabwicklung beschäftigen – Personal schulen, ihre Computersysteme umstellen und ganz neue Abwicklungszeiten berechnen“, weiß Steuerberater Tobias Kiehl von der international aufgestellten Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Clostermann & Jasper Partnerschaft mbB aus Bremen. Manche Unternehmen könnten zudem in der Verpflichtung stehen, sogenannte Zollläger in anderen Staaten zu errichten, um Waren termingerecht an ihre Abnehmer ausliefern zu können. Die Zwischenlagerung und entsprechende Verwaltung wird daher den Unternehmensgewinn wohl erheblich schmälern.

Wie sich die Zölle bei einem Brexit verhalten und auf welche neuen Verfahren Unternehmen sich einstellen müssen, das erklären wir in unserem Arrtikel: Großbritanniens EU-Austritt und die Auswirkung auf Zölle

Steuerberater Tobias Kiehl, Clostermann & Jasper Partnerschaft
Steuerberater Tobias Kiehl, Clostermann & Jasper Partnerschaft © Clostermann & Jasper Partnerschaft

2. BREXIT-Belastung: Umsatzsteuer

In der EU gilt die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Sie regelt die Besteuerung von Umsatzsteuern unter den EU-Ländern. Praktisch heißt das: Fallen in der EU länderübergreifend Umsatzsteuern an, werden diese „EU-weit“ einheitlich behandelt und neutral abgezogen. Im Falle eines EU-Austritts Großbritanniens könnte das Umsatzsteuerrecht in Großbritannien in Gänze geändert werden, da eine Bindung an die Mehrwert-Steuersystemrichtlinie nicht mehr gegeben ist. Selbst im Falle eines Erhalts des jetzigen britischen Umsatzsteuerrechts bestehen Nachteile. Die Umsatzsteuer bzw. der Vorsteuerabzug sind in EU-Sachverhalten systematisch aufeinander eng abgestimmt – nicht aber gegenüber Drittlandfällen. Für Unternehmen entstehen so erhebliche Risiken, weil liquide Mittel über längere Zeit gebunden sein könnten. Außerdem besteht für alle Betroffenen bis zur eindeutigen Regelung der neuen Rechtslage eine erhebliche Rechtsunsicherheit, die den Alltagsbetrieb behindern kann.

3. BREXIT-Belastung: Ertragssteuer

Auch bei den Ertragssteuern gilt in der EU, dass Mehrfachbelastungen bisher vermieden werden konnten, zum Beispiel auf Basis der sogenannten Mutter-Tochter-Richtlinie. So gibt es etwa bei der Ausschüttung von Gewinnen von einer Tochtergesellschaft an eine Muttergesellschaft grundsätzlich keine anfallenden Quellensteuern. Diese Regelung kann künftig wegfallen. Solange es zu keiner anderslautenden Neuregelung kommt, würde auf Basis des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Großbritannien beispielweise eine Quellensteuer von fünf Prozent erhoben werden.

4. BREXIT-Belastung: Konzernstrukturen

Wer seine Konzernstrukturen innerhalb der EU umbauen möchte, kann dies im Regelfall nach Belieben tun, ohne steuerliche Nachteile zu fürchten. Dafür sorgt unter anderem die EU-Fusionsrichtlinie. Nach dem Brexit könnte das aber anders aussehen. Mit dem Wegfall der Richtlinie würden Umstrukturierungen wie Sitzverlegungen, Tochter/Mutter-Wechsel oder Rechtsformwechsel grundsätzlich sofort zu steuerlichen Belastungen ohne etwaigen Liquiditätszufluss führen. Grund: Im Rahmen von grenzüberschreitenden Drittlandsfällen müssen Unternehmen die sogenannten stillen Reserven (Wertsteigerungen, die etwa in Grundstücken oder Beteiligungen gebunden ist) zwangsläufig heben, da die beteiligten Staaten die „stillen Reserven“ auf ihrem Staatsgebiet sofort besteuern würden.

5. BREXIT-Belastung: Unternehmensalltag

Zölle, Umsatz- und Ertragssteuer, Anpassung von bestehenden Konzernstrukturen – all das verursacht nicht nur Kosten aufgrund neuer Steuerbelastungen und Abgaben, sondern auch aufgrund neuer, personalintensiver Abläufe. „Unternehmen müssen ihre Computersysteme anpassen und künftig immer in zwei Rechtswelten denken – im EU- und im UK-Recht. Sie sind damit unflexibler, langsamer und größeren Zwängen unterworfen“, so Steuerberater Kiehl. Hinzu kommt eine langwährende Rechtsunsicherheit, bis alle Verträge ausgehandelt sind: Das kann voraussichtlich noch etliche Jahre dauern.

Leitfaden: Was Unternehmen jetzt tun können

Statt abzuwarten und auf das Beste zu hoffen, sollten Sie jetzt handeln. Wie geben konkrete Tipps:

1. Strategie überdenken

Wo ist mein Absatzmarkt? Wen möchte ich erreichen? Wo sitzt meine Kundschaft? Wer seine jetzige und künftige Zielgruppe kennt, kann auf Basis dieser Überlegungen entscheiden, wo der Firmensitz in Zukunft am besten liegen sollte. Wer Marktzugang zu Europa benötigt, ist auf dem EU-Festland folglich an der sichereren Position.

2. Konzernstrukturen überarbeiten

Ist mein Unternehmen noch richtig strukturiert, wenn Zölle und Umsatzsteuer künftig erhoben bzw. anders abgewickelt werden? Oder muss ich meine Produktion verlegen? Der zweite Blick sollte der eigenen Konzernstruktur gelten.

3. Belegschaft befragen

Woher kommen meine Beschäftigten? Sind Sie künftig noch verfügbar oder durch den Wegfall der Wohnsitzfreiheit an das europäische Festland gebunden? Unternehmen sollten hier zwangsläufig einen Blick in das Arbeitsrecht und auf den Markt werfen.

4. Gewinne mitnehmen

Kann ich meine Gewinne künftig ebenso problemlos einfahren? Neue Quellensteuersituationen können die Gewinne einschneidend schmälern – ein Unternehmen sollte schon frühzeitig darauf eingestellt sein.

Wenn eine oder mehrere dieser Fragen für Ihr Unternehmen relevant sind, ist es an der Zeit, intensiv über einen Standortwechsel nachzudenken. Bestimmt haben Sie dabei Fragen zu Steuern, zu Ansiedlung und Unternehmensstrukturen. Denn viele Wege führen zum Ziel. Wir stehen Ihnen zur Seite und vermitteln Ihnen den passenden Kontakt zu all ihren Fragen.

Denn als Standort hat Bremen alles, was man sich wünschen kann: Zentral gelegen, mit Anschluss zur See, zu Wasser und zur Luft an alle großen europäischen Drehkreuze, mit guter Infrastruktur und kurzen Wegen. Dazu kommt exzellent ausgebildetes Personal und international aufgestellte Kontakte für all Ihre Herausforderungen.

Wir helfen Ihnen bei der Ansiedlung!


Mehr Informationen zum Thema „Bremen international“ finden Sie hier.


Wenn Sie sich für eine Ansiedlung aus dem Ausland in Bremen interessieren, kontaktieren Sie:

Andreas Gerber, Teamleiter Internationale Ansiedlung,  Tel. +49 421 9600 123, andreas.gerber@wfb-bremen.de


Brexit und Bremen

Weitere Informationen, Veranstaltungen und Newsletter zum Brexit bietet die IHK – Handelskammer für Bremen und Bremerhaven.

Allgemeine Informationen zum Brexit und dessen möglichen steuerlichen und außenwirtschaftsrechtlichen Auswirkungen erhalten Sie bei Anja Markmann, Referentin International, Tel: +49 421 / 3637 – 247, Markmann@handelskammer-bremen.de.

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