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Bremer Raumfahrtdelegation erkundet Marktchancen in China

Senator Günthner kehrt mit vielfältigen Eindrücken aus China zurück

Eine hochrangige Delegation aus Vertreterinnen und Vertretern der Bremer Raumfahrtszene hat unter Leitung von Wirtschaftssenator Martin Günthner in der vergangenen Woche das "Reich der Mitte" besucht, um auszuloten, welche Kooperations- und Geschäftsmöglichkeiten für Bremen im Bereich der chinesischen Raumfahrt bestehen. Hierfür waren die guten Kontakte zu den zentralen Akteuren Chinas, die in den vergangenen Jahren in einer Vielzahl von Besuchen und persönlichen Gesprächen von Seiten des Wirtschaftsressorts aufgebaut wurden, eine sehr hilfreiche Basis.

Das Programm der Reise, die die Delegation nach Peking und Shanghai führte, umfasste unter anderem einen Workshop mit der China Aerospace Science and Technology Corporation (CASC) sowie der China Academy of Space Technology (CAST), in dem die Bremer Vertreter mit über 100 Akteuren über potentielle Kooperationsprojekte diskutierten, ein Treffen mit Vertretern der chinesischen Raumfahrt-Gründerszene, Besuche von Instituten für Erdfernerkundung und für technische Physik, ein Besuch der Shanghai Academy of Spaceflight Technology (SAST) sowie ein Empfang im deutschen Generalkonsulat in Shanghai.

Während in der gesamten europäischen Raumfahrt rund 50.000 Menschen arbeiten, verfügt alleine das zentrale chinesische Staatsunternehmen für die Raumfahrt, die China Aerospace Science and Technology Corporation (CASC) mit seiner Vielzahl von Tochterunternehmen und Forschungsinstituten über mehr als 150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben diesen scheinbar unerschöpflichen personellen Ressourcen ist auch die Finanzierung der prestigeträchtigen chinesischen Raumfahrtprojekte bisher offensichtlich unproblematisch. Dies zeigt die großen Ambitionen der chinesischen Raumfahrt für die nächsten Jahre: der Aufbau einer eigenen Raumstation bis 2022, eine bemannte Mondmission, der Aufbau eines satellitengestützten Navigationssystems entsprechend des amerikanischen GPS- oder des europäischen GALILEO-Systems und auch der Blick Richtung Mars sind nur die Spitze der vielen Projekte, die die CASC und ihre Untergruppierungen in der Pipeline haben. 

"Es ist uns gelungen, in dieser Woche einen tiefen Einblick in die Struktur und die Projekte der chinesischen Raumfahrt zu bekommen. Nach einer langen Periode der Abschottung, scheint sich die chinesische Raumfahrt aktuell gegenüber internationalen Partnern mehr und mehr zu öffnen. Vor diesem Hintergrund waren wir mit dieser Delegation genau zur richtigen Zeit hier", so das Resümee von Wirtschaftssenator Günthner. Zudem zeigte sich der Senator nach seiner Rückkehr erfreut darüber, dass die Raumfahrt-Kompetenz des Standortes Bremen auch im fernen China offensichtlich sehr gut bekannt ist, denn das Interesse der chinesischen Gastgeber daran, die Delegation zu treffen, die eigenen Projekte zu präsentieren und über Kooperationen zu sprechen, war riesengroß.

Dies beeindruckte auch Bart Reijnen, den Standortleiter von Airbus Defence & Space in Bremen: "Wir haben gelernt, dass die chinesische Raumfahrt über große personelle und finanzielle Ressourcen verfügt und über eine mit einem Durchschnittsalter von 35 Jahren unglaublich junge, gut ausgebildete und hochmotivierte Mitarbeiterschaft. Hinzu kommt die uneingeschränkte politische Unterstützung, so dass China eher über kurz als über lang eine dominierende Rolle in der internationalen Szene einnehmen wird." Hier stelle sich die Frage für ein Unternehmen wie Airbus DS, ob und was man zukünftig mit China zusammen machen wolle und könne, um zum einen von dem riesigen Markt zu profitieren, zum anderen aber auch nicht abgehängt zu werden, so Reijnen weiter. Airbus DS sprach daher im Rahmen der Reise mit einem langjährigen Kooperationspartner intensiv über weitere gemeinsame Projekte.

Ähnliches tat auch Dr. Fritz Merkle von der OHB SE, der in Shanghai im Rahmen des Empfangs im Generalkonsulat sogar ein Memorandum of Understanding mit der China All Access (Holding) Limited unterzeichnete. Die Zusammenarbeit mit OHB ist für China All Access ein wichtiger Schritt bei der Erschließung des Weltmarkts für fortschrittliche Kommunikationsanwendungen. China All Access hat stets seine technologische Führerschaft zur Stärkung seiner Leistungsfähigkeit und zum Ausbau seiner Kernkompetenzen genutzt. "Diese Zusammenarbeit mit China All Access ist deswegen so wichtig, weil OHB SE dadurch die Geschäftstätigkeit im kommerziellen Telekommunikationsmarkt um den Dienstleistungs- und Anwendungsbereich erweitern kann, einen Zugriff auf den großen und schnell wachsenden Telekommunikationsmarkt in China und im Fernosten erhält und nicht zuletzt auch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und Bremen ausbauen kann", sagt Dr. Fritz Merkle, Vorstandsmitglied und Chief Marketing Officer OHB SE.

Claudia Kessler, die mit ihrer Firma HE Space bisher insbesondere in Europa Ingenieurdienstleistungen im Bereich der Raumfahrt vermittelt, wollte durch die Reise zum einen für die Akquise neuer Kunden nutzen, zum anderen aber auch Einblicke in die chinesische Raumfahrt allgemein gewinnen. Beides sei wunderbar gelungen, so Kessler rückblickend. "Ich habe einige interessante Kontakte kennen gelernt, von denen sich die Ersten bereits kurz nach den persönlichen Gesprächen bei mir per E-Mail gemeldet haben. Wir müssen nun schauen, welche Wünsche genau bestehen und was wir machen können." Überrascht war die studierte Raumfahrtingenieurin aber vor allem von der Offenheit und dem Selbstbewusstsein, mit dem die Chinesen ihre Arbeit präsentierten: "Ich hätte nicht erwartet, dass wir tatsächlich reale Einblicke in die Produktion von Satelliten oder der Long March Trägerraketen oder auch in unterschiedliche Forschungslabore erhalten."

Insgesamt gilt es nun nach einhelliger Meinung der Delegationsteilnehmenden, die Kontakte und von Seiten der chinesischen Ansprechpartner geäußerten Wünsche genau auszuwerten und die nächsten Schritte zu definieren. 

Zudem zeigten sich auch einige Unternehmen daran interessiert, am Standort Bremen Dependancen zu eröffnen, um auch von chinesischer Seite die Kontakte in die bremische und die deutsche Raumfahrt zu intensivieren. Dies ist auch Ziel der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH, die die Reise zusammen mit dem Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen organisiert hat. "In den letzten Jahren haben wir durchschnittlich zehn chinesische Unternehmen aus einem breiten Branchenspektrum in Bremen angesiedelt", so Hans-Georg Tschupke, Abteilungsleiter bei der WFB, "derzeit registrieren wir eine deutliche Zunahme auch von High-Tech-Unternehmen aus China in Bremen."

Weiter in und mit China am Ball bleiben wird auch Professorin Karin Luckey, die Rektorin der Hochschule Bremen und Vorsitzende des Vorstandes des Konfuzius Instituts Bremen mit ihren vielfältigen chinabezogenen Themen. Luckey traf während der Reise unter anderem zusammen mit Senator Günthner den Präsidenten der Capital Normal University Beijing, mit der eine langjährige Partnerschaft besteht und die der chinesische Träger des Konfuzius Instituts Bremen ist. "Hierbei wurde das Konfuzius Institut Bremen für die Arbeit der letzten Jahre sehr gelobt, und unsere chinesischen Partner haben uns volle Unterstützung bei der Realisierung weiterer Projekte zugesagt", so Luckey. Konkret vereinbart wurde in Anlehnung an das Hauptthema der Reise die Durchführung eines raumfahrtbezogenen Sommercamps für Bremer Young Professionals oder auch Studentinnen und Studenten in China, für das über das Konfuzius Institut eine weitgehende Finanzierung sichergestellt werden kann. 

Es erscheint also nicht unrealistisch, dass die vielfältigen und engen wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Bremen und China schon bald um weitere Themen erweitert werden.

Pressebilder
Senator Günthner mit Delegationsteilnehmerinnen und -teilnehmern beim Besuch eines Unternehmens der Raumfahrtbranche in China