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6.4.2020 - Melanie Öhlenbach

Ein Mann sieht Brot

Handwerk

Joona Hellweg steht für eine neue Generation von Bäckermeistern

Joona Hellweg sagt von sich selbst, er sei eigentlich kein Frühaufsteher.
Joona Hellweg sagt von sich selbst, er sei eigentlich kein Frühaufsteher. © WFB/Jörg Sarbach

Zehn verschiedene Sorten Brot, zehn Sorten Brötchen – und das war‘s. Wer bei Joona Hellweg einkaufen geht, bekommt genau das, wofür der Name „Brotbude“ steht. Süße Teilchen, Kuchen und Snacks sucht man in den gläsernen Vitrinen vergeblich. „Wir wollen uns auf die Wurzeln und Stärken des Bäckerhandwerks konzentrieren“, sagt der Bäckermeister. Doch nicht nur mit dem Sortiment unterscheidet er sich von anderen Bäckereien. Auch die Öffnungszeiten sind so gestaltet, dass die Arbeitszeiten seiner Beschäftigten so sozial wie möglich sind.

Bäckerhandwerk in fünfter Generation

Seit Dezember 2018 betreibt Hellweg die „Brotbude“ im Bremer Stadtteil Grohn. Der 24-Jährige ist mit dem Duft von Frischgebackenem aufgewachsen. Schon sein Vater und dessen Vorväter haben Brot gemacht – er ist die fünfte Generation. In deren Fußstapfen zu treten, stand für den Bremer außer Frage. „Mit 16 Jahren bin ich von der Schule abgegangen, weil ich ganz genau wusste, was ich wollte“, sagt Joona Hellweg. Und das, obwohl er nach eigenen Worten bis heute alles andere als ein Frühaufsteher ist.

Kleines Sortiment nach Familienrezepten

Gebacken wird in der Brotbude nach alten Familienrezepten, dazu kommen Eigenkreationen des Chefs. Damit keine Langeweile aufkommt, variiert das Sortiment: Den Backplan kann man online auf der Website einsehen. Zudem gibt es Aktionsbrote, je nach Saison beispielsweise mit Schinken oder Grünkohl. Namen wie Joona´s Schroty mit Roggen oder Dinkel, Dinkel-Ruchmehl-Bürli oder Roggen Eck lassen es erahnen: Der Bäckermeister setzt vor allem auf kräftige Getreide, die in Vorteigen und mit Ruhezeiten ihr Aroma entfalten können.

„Mehl, Wasser, Salz und Hefe: Mehr braucht man nicht für ein Brot“

Seine Ausbildung absolvierte Joona Hellweg in einer Bio-Backstube. Dort lernte er, mit einfachen, aber guten Zutaten leckere Backwaren herzustellen. „Mehl, Wasser, Salz und Hefe: Mehr braucht man nicht für ein Brot“, sagt er. Diesem Ansatz ist er treu geblieben. Während seiner Meisterzeit an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim besuchte er die „Brotpuristen“ in Speyer, die erfolgreiche Bäckerei eines Quereinsteigers. Bei dem „Brotpuristen“ sah er, wie Erfolg möglich ist mit der Devise: Je weniger Zutaten, desto ursprünglicher der Geschmack. Damit stand für ihn fest: „Fertigmischungen, TK-Ware, Zusatz- und Konservierungsstoffe haben Hausverbot in der ‚Brotbude‘.“

Die Schlange der Kunden reicht manchmal bis auf die Straßen

Doch nicht nur das Sortiment, auch die Geschäftszeiten der „Brotbude“ sind ungewöhnlich. Während vor allem Bäckerei-Ketten auf zusätzlichen Cafébetrieb und lange Öffnungszeiten setzen, sind diese bei Hellweg kurz: Dienstag bis Freitag von 7.00 bis 14.00 Uhr, am Samstag lediglich von 7.00 bis 12.30 Uhr. Sonntags und montags bleibt die Backstube ganz geschlossen. „So haben meine Mitarbeiter und ich ein zusammenhängendes Wochenende und Zeit für Familie, Freunde und Hobbys.“ Die Kundschaft habe sich auf die Ruhetage eingestellt, sagt Hellweg. Sie kaufe auf Vorrat und bestelle größere Mengen vor. „Leer ist der Laden eigentlich nie. Samstags ist die Hölle los, da stehen die Kunden manchmal bis auf die Straße in der Schlange.“

Corona-Krise beschert steigende Umsatzzahlen

Das ist auch in Zeiten der Corona-Krise so. „Generell kauft der einzelne Kunde mehr Brot, teilweise auch zehn auf einmal. Einkäufe für Ältere und Nachbarn gab es bei uns schon immer, sind aber jetzt mehr geworden“, sagt der Bäckermeister. Sein Kundenstamm vergrößere sich in diesen Tagen stetig. Das zeige sich auch an seinen Zahlen: „Bisher haben wir bis zu 40 Prozent höhere Umsätze.“ Doch der Umsatz ist nicht alles, Vorsichtsmaßnahmen haben oberste Priorität. „Wir versuchen, uns so gut es geht zu schützen, zum Beispiel indem wir unsere Hände in kurzen Abständen reinigen und desinfizieren“, sagt Joona Hellweg. Auch für die Kunden steht an der Ladentür ein Spender für die Handdesinfektion.

Joona´s Schroty, Dinkel-Ruchmehl-Bürli und Baguette: Die Brotlaibe stapeln sich in den Regalen der „Brotbude“.
Joona´s Schroty, Dinkel-Ruchmehl-Bürli und Baguette: Die Brotlaibe stapeln sich in den Regalen der „Brotbude“. © WFB/Jörg Sarbach

Auszeichnung für ganzheitliches Konzept

Verantwortungsvolles Handeln hat der Bäckermeister aber nicht nur in Zeiten von Corona im Blick. So bezieht er etwa den Strom für seine „Brotbude“ von einem nachhaltigen Anbieter, den Backofen betreibt er mit Ökogas. Unverkaufte Backwaren spendet er an die Tafel. Dieser ganzheitliche Ansatz wurde bereits prämiert. Beim 53. Mahl des Handwerks zeichneten die Handwerkskammer Bremen und die Sparkasse Bremen Joona Hellweg mit dem Preis für „Innovatives Handwerk 2019“ in der Kategorie „Gesellschaftliche Verantwortung“ aus.

Handwerkskammer lobt Sinn für gesellschaftliche Verantwortung

„Der bisherige Erfolg beruht auf einem qualitativ guten Produkt in traditioneller Produktion, der Wertschätzung, die den Mitarbeitern entgegengebracht wird, und auf dem Nachhaltigkeitsgedanken“, begründet Andreas Meyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Bremen, die Entscheidung. „Gerade in der konsequenten und von Überzeugung getragenen Ausrichtung des Unternehmens zeigt sich die besondere gesellschaftliche Verantwortung“, ergänzt Präses Thomas Kurzke. Die Auszeichnung freut den Bäckermeister. Dass seine „Brotbude“ den Nerv der Zeit tritfft, zeigt auch der wirtschaftliche Erfolg: Bereits wenige Monate nach Eröffnung schrieb die Backmanufaktur schwarze Zahlen, wie Joona Hellweg sagt: „Damit hatte ich nicht gerechnet, das ging schneller als geplant.“

Väterlicher Betrieb musste Insolvenz anmelden

Ursprünglich wollte der 24-Jährigen einmal den väterlichen Betreib übernehmen. Im Jahr 2016 kehrte er deshalb als Produktionsleiter in die Traditionsbäckerei zurück. Doch dann kam das Aus: Im Sommer 2017 musste der Betrieb mit 40 Angestellten Insolvenz anmelden, die Übernahme durch den Sohn scheiterte. Joona Hellweg beschloss, sein eigenes Ding durchzuziehen. In einem ehemaligen Kino eröffnete er seine Backmanufaktur - keine 250 Meter von der ehemaligen Bäckerei seines Vaters entfernt.

Kurz vor Öffnung: Joona Hellweg stellt die mobile Fahne vor die Bäckerei. Noch ist kein Kunde in Sicht – das ändert sich aber bald.
Kurz vor Öffnung: Joona Hellweg stellt die mobile Fahne vor die Bäckerei. Noch ist kein Kunde in Sicht – das ändert sich aber bald. © WFB/Jörg Sarbach

Neuanfang im ehemaligen Kino

Das Startkapital in Höhe von 40.000 Euro stammt von zwei privaten Investoren. Davon ersteigerte der junge Bäckermeister auf Auktionen Material wie eine Knetmaschine und kaufte einen zehn Quadratmeter großen französischen Backofen. Wo früher Kinokarten verkauft wurden, schieben heute Joona Hellweg sowie Olaf Scharein und Merle Krug Backwaren die Röhren. „Samstags machen wir in viereinhalb Stunden etwa 450 Brote und 3.800 Brötchen“, sagt der Bäckermeister.

Handarbeit im eingespielten Team

Morgens um 3.00 Uhr geht das Licht an in der Backstube. Gebacken wird im Akkord, nur ohne Fließband. Nur das Mischen und Vorkneten des Teiges übernehmen Maschinen, zudem werden die Brötchen mechanisch vorgeformt. Der Rest ist Handarbeit von Meister, Gesellin und Praktikant: Mit einem Schaber trennt Joona Hellweg kleinere Stücke aus der großen Masse, wiegt sie und reicht sie an Merle Krug weiter. Beidhändig durchwalkt sie mit geübten Griffen je einen Teigling und formt sie zu Broten. Justin Zowada wälzt sie wahlweise in Körnermischungen oder Kleie, bevor die Backwaren auf großen Blechen oder in kleinen Formen nochmals ruhen.

Wenn Joona Hellweg um 7.00 Uhr morgens die mobile Fahne mit der Aufschrift „Brotbude“ auf den Gehweg stellt, haben sein Team und er schon den Großteil ihres Tagwerks hinter sich: In den Regalen liegen Brotlaibe, Baguettes, Brötchen und Brioches. Ihr nussiges Aroma trägt die warme Luft aus der Backstube auf die Straße. Kurz darauf kommen die ersten Kundinnen und Kunden.

Pressekontakt:
Joona‘s Brotbude
Joona Hellweg
Tel.: +49 421 62089300
E-Mail: info@brotbude.de

Bildmaterial: Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Joona Hellweg sagt von sich selbst, er sei eigentlich kein Frühaufsteher. Dennoch geht in seiner Bäckerei um 3.00 Uhr morgens das Licht an. Ab 7.00 Uhr wird verkauft.  © WFB/Jörg Sarbach

Foto 2: Joona´s Schroty, Dinkel-Ruchmehl-Bürli und Baguette: Die Brotlaibe stapeln sich in den Regalen der „Brotbude“. Was nicht verkauft wird, wird für den guten Zweck gespendet. © WFB/Jörg Sarbach

Foto 3: Kurz vor Öffnung: Joona Hellweg stellt die mobile Fahne vor die Bäckerei. Noch ist kein Kunde in Sicht – das ändert sich aber bald. Manchmal stehen die Menschen bis auf die Straße in der Schlange. © WFB/Jörg Sarbach

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