Wenn der Lack ab ist
HandwerkBremer Restauratorin verhilft Holzobjekten zu neuem Glanz
Ob Uromas Sekretär oder 130 Jahre alte Kirchentüren: Die Bremer Restauratorin Karen Melching widmet sich Holzobjekten, um aus ihnen wieder echte Schmuckstücke zu machen. Sie wird dabei immer wieder von den Besonderheiten der bremischen Gebäude überrascht.
Wer die Werkstatt der Bremer Firma „Kossann und Melching restaurieren“ betritt, steht unmittelbar zwischen einer Ansammlung historischer Möbelstücke: Stühle, Tische, Kommoden und kleine Schränke aus den verschiedensten Epochen füllen den Flur. Es riecht nach Holz und Farbe, die Wände sind gespickt mit Werkzeugen und Utensilien für die Holzbearbeitung. Karen Melching zeigt auf einen Armlehnsessel des dänischen Designers Yngve Eckström. „Ein Klassiker“, sagt die Bremer Restauratorin. „Solch ein Stück haben wir schon zum dritten Mal in unserer Werkstatt.“ Bei älteren Möbeln wie diesen sei es nicht ungewöhnlich, dass sich die Leimung des Holzes irgendwann löse. Die Aufgabe von Karen Melching ist es, alte Möbel und Objekte aus Holz zu restaurieren und aufzuarbeiten: Von Uromas Kommode, die wieder zur Geltung gebracht werden soll, bis zur Wandvertäfelung im Konzerthaus Glocke, die eine Auffrischung der Politur benötigt – für den richtigen Glanz sorgt hier zum Beispiel Schellack aus der Bremer Überseestadt.
„Man braucht bei der Arbeit vor allem Geduld“
Wenn Karen Melching ein neues Möbelstück bekommt, besteht für die 49-jährige Restauratorin die größte Herausforderung darin, eine Vision zu entwickeln: Wie kann das Möbelstück restauriert werden? Wie kann ein vorhandener Überzug gerettet werden? „Man braucht bei der Arbeit vor allem Geduld“, sagt die Wahl-Bremerin. „Und ein Gefühl für die richtigen Maßnahmen, denn jedes Stück ist anders.“ Der erste Schritt sei, sich vergleichbare Möbelstücke anzuschauen, um die Authentizität des Objekts zu wahren. Dann heißt es: kreativ werden. „Man braucht immer wieder gute Ideen für die restauratorische Umsetzung“, sagt Karen Melching.
Familienstücke werden wieder zum Strahlen gebracht
Regelmäßig landen kleine Schätze aus Bremer Haushalten in der Werkstatt von Karen Melching und Roger Kossann. Viele der zu restaurierenden Stücke, die von Privatleuten beauftragt werden, stammen aus Familienhand. „Ich mag es, wenn ich merke, dass das Möbelstück für den Kunden etwas Besonderes ist“, sagt Karen Melching. Wenn sie eine Idee für die Aufarbeitung entwickelt hat, um die alten Familienstücke wieder zum Strahlen zu bringen, werden die Kunden eng miteinbezogen - schließlich geht es oft um Objekte mit emotionalem Wert. „Da ist Fingerspitzengefühl wichtig.“
Mischung aus Handwerk, Kunstgeschichte und Naturwissenschaften
Karen Melching wusste bereits früh, dass sie Restauratorin werden möchte. Schon in der 10. Klasse schaute sich die gebürtige Niedersächsin verschiedene Berufe an, ein Porträt eines Restaurators blieb ihr dabei im Gedächtnis: „Ich fand die Mischung aus Handwerk, Kunstgeschichte und Naturwissenschaften toll“, erinnert sie sich. Es gehe nicht nur darum, die Geschichte des Holzobjekts zu kennen, sondern auch darum, wie das Material reagiert. Um mehr über den Werkstoff Holz zu lernen und ein Gefühl für die Ver- und Bearbeitung zu bekommen, entschied Melching sich nach dem Abitur zunächst für eine Tischlerausbildung. „Ich habe eine gute Lehre erwischt“, sagt sie. „Ich durfte ab dem ersten Tag Möbel bauen.“
Der erste Weg führte nach Bremen
Nach der Lehre kreuzten sich 1995 erstmals die Wege von Karen Melching und Roger Kossann, ihrem heutigen Chef. Die damals angehende Restauratorin benötigte für ihr Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim ein zweijähriges Vorpraktikum, das sie in Bremen absolvierte. Nach ihrem Studium der Restaurierung und Stationen am Victoria & Albert-Museum in London und am Rijksmuseum in Amsterdam kam Melching 2006 zurück nach Bremen. Hier wird sie auch bleiben: Melching ist schon heute fest im Firmennamen „Kossann und Melching restaurieren“ verankert, denn Inhaber Roger Kossann denkt bereits an die Zeit, wenn er in den Ruhestand geht.
Neben der Werkstatt ihres Chefs gibt es in der Hansestadt nur noch wenige Anlaufstellen für die Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten. „Die Szene ist winzig“, berichtet die Restauratorin, die in Hildesheim auch schon einen Lehrauftrag für praktische Restaurierung hatte. Der Beruf, der überwiegend von Frauen ausgeübt wird, erfordere besonderes Durchhaltevermögen und Flexibilität: „Es gibt unglaublich wenig Plätze für Restauratoren.“ Lediglich acht Studienplätze habe die Hochschule in Hildesheim zu ihrer Zeit vergeben, entsprechend wenig Arbeitsstellen gebe es auch.
Beruf führt an besondere und schöne Orte
Karen Melching ist froh, dass sie trotz Hürden diesen Weg gegangen ist. Sie entdeckt so immer wieder Neues und Faszinierendes: „Das Tolle an dem Beruf ist, dass man immer wieder an besondere und schöne Orte kommt.“ Und davon habe Bremen viele, das mag sie an ihrer Wahlheimat. Denn nicht nur von Privatleuten wird sie beauftragt, sondern auch von Bremer Museen, der Denkmalpflege, bekannten Kultureinrichtungen wie dem Sendesaal oder der Glocke sowie von Kirchen - so wie kürzlich, als die Restauratorin die mehr als 130 Jahre alten, originalen Eingangstüren der evangelischen Kirche in Bremen-Hemelingen aufarbeitete. Karen Melching kann sich noch gut an den Moment erinnern, als sie die um 1890 im neugotischen Stil erbaute Kirche das erste Mal betrat: „Da waren so viele schöne Überraschungen in dem Gebäude.“
So wenig wie möglich, so viel wie nötig
Doch Nässe und Sonne hatten dem Portal der Kirche stark zugesetzt. „Die Türen waren sehr stark abgewittert“, berichtet Karen Melching. Das Holz war ausgewaschen, die alten Lackschichten hafteten kaum noch und boten wenig Schutz vor Wasser und Sonne. Um die Eingangstüren wieder herzurichten, musste sie also zunächst eine Menge Holz und die schmiedeeisernen Beschläge von den Resten der alten Lackschichten befreien, bevor sie diese weiter mit Leinöl behandeln konnte. Das Öl sorge für einen schönen Effekt und könne leicht aufgefrischt werden. So wenig wie möglich, so viel wie nötig: Nach diesem Credo arbeitet Karen Melching. „Es ist wichtig, dass das Gesamtbild des Objekts oder Gebäudes gewahrt wird“, betont sie.
Restaurieren heißt, sich dem Original anzunähern
Restaurieren heißt für Karen Melching immer, sich an das Original anzunähern. Dafür muss man manchmal ein wenig probieren, so wie im vergangenen Jahr, als sie den Auftrag bekam, einen Windfang aus einem alten Fachwerkbau aus der Jugendstilzeit aufzuarbeiten. Das Besondere an diesem Projekt sei der Aufbau der kompletten Raumsituation mit aus Modulen aufgebauten Wänden gewesen. Das Exponat aus Holz mit Pendeltür, Malereien und Glas aus dem Braunschweiger Landesmuseum wurde schließlich in Bremen zusammengesetzt und restauriert. Da die Werkstatt von Karen Melching und Roger Kossann dafür zu klein war, wurde die Bearbeitung in Räumlichkeiten des alten Postamts 5 am Hauptbahnhof verlegt. „Das Projekt war eine riesige Herausforderung“, sagt Karen Melching. Und da schwingt viel Stolz mit. Denn künftig reist das restaurierte Schmuckstück durch die verschiedensten Museen - von Bremen in die Welt.
Pressekontakt:
Karen Melching, Diplom-Restauratorin, Tel.: +49 176 79011744, E-Mail: karen@kossann-melching.de
Bildmaterial:
Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.
Foto 1: Diplom-Restauratorin Karen Melching steht in der Werkstatt der Firma „Kossann und Melching restaurieren“. © WFB/Jens Lehmkühler
Foto 2: Für die Restaurierung von alten Möbelstücken sind viele Utensilien nötig. © WFB/Jens Lehmkühler
Foto 3: Karen Melchings Weg nach Bremen führte sie über Stationen am Victoria & Albert-Museum in London und am Rijksmuseum in Amsterdam. © WFB/Jens Lehmkühler
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