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10.12.2021 - Jann Raveling

Junges Gemüse erntet junges Gemüse

Social Entrepreneurship

Sozialunternehmen Gemüseackerdemie unterstützt Schulgärten in Bremen

Wo kommen unsere Lebensmittel her? Und wie baut man eigentlich Tomate, Kartoffel und Möhre an? Das Bildungsprogramm Gemüseackerdemie bringt Kindern das Gärtnern näher – wie in der Gesamtschule Bremen-Mitte. Beim großen Erntetag im Herbst 2021 waren wir dabei.

„Wer will noch ein wenig Kohlrabi? Oder ein Stück Rübe?“ Martin Mauritz trennt gekonnt mit einem Schälmesser Schnitze aus dem frisch geernteten Gemüse. Nach anfänglicher Skepsis greifen die 15 Sechstklässlerinnen und -Klässler beherzt zu: Das kann man ja auch roh essen!

Eine gesunde Stärkung brauchen die fleißigen Schülerinnen und Schüler. Denn heute ist Erntetag im rund 200 Quadratmeter großen Schulgarten der Gesamtschule Bremen-Mitte. Kartoffeln, Mais, Salat, Bohnen, Palmkohl, mehr als 30 Sorten wollen heute aus dem Boden gerupft werden. Da müssen die Kleinen ganz schön ackern.

„In der sechsten Klasse ist das Interesse an Botanik eher niedrig. Die praktische Arbeit im Garten begeistert die Kinder aber. Sie können sich bewegen, viel machen und müssen nicht stillsitzen. Und lernen dabei etwas über die Natur und Lebensmittelproduktion“, erklärt Mauritz, Biologielehrer an der Schule.

Bildungsprogramm Gemüseackerdemie bietet Rahmen

Einen so großen Garten zu betreuen stellt für die Lehrkräfte der Gesamtschule selbst mit Kinderhilfe eine Herausforderung dar – denn die Kleinen sollen ja auch noch etwas lernen. Neben der Buddelei müssen Mauritz und seine Kolleginnen etwa Unterrichtseinheiten vorbereiten, Saatgut oder Jungpflanzen besorgen oder planen, wie sich der Schulgarten weiterentwickeln soll.

Dabei hilft ihnen die Gemüseackerdemie. Das Bildungsprogramm des Vereins Acker e.V. schreibt seit sieben Jahren eine echte Erfolgsgeschichte: An 630 Schulen im DACH-Raum engagiert sich das Sozialunternehmen bereits, darunter auch an 25 Standorten in Bremen.

„Im urbanen Raum fehlt Kindern der Bezug zu Lebensmitteln und zur Natur. Wir wollen bis 2030 jedem Kind die Möglichkeit geben, auf dem Acker Lebensmittelanbau zu erleben“, so Jan-Philip Jansen, Regionalmanager Nord des Berliner Sozialunternehmens.

Jan-Philip Jansen, Regionalmanager Nord
Jan-Philip Jansen, Regionalmanager Nord, Gemüseackerdemie © WFB

In den Köpfen der Schülerinnen und Schüler etwas bewegen

Geschulte Expertinnen und Experten – AckerCoaches genannt – betreuen die Schulgärten zusammen mit den Lehrkräften. Sie greifen dabei auf einen Rahmenlehrplan mit Unterrichtsmaterialien und Workshops zurück, kümmern sich um Saat- und Pflanzgutbestellungen und bieten Fortbildungen für das Lehrpersonal an.

„Erfolg lässt sich für uns in einem Wort zusammenfassen: Wirkung. Langfristig und nachhaltig etwas in der Wahrnehmung der Kinder verändern, Neugier für Lebensmittel und gute Ernährung, das ist unser Ziel. Unsere wissenschaftlichen Studien zeigen dabei, dass unser Konzept aufgeht“, so Jansen weiter.

Bilderbuchstart in Bremen

2019 kam die Gemüseackerdemie erstmalig nach Bremen über ein Stipendium, gefördert vom Social Impact Lab Bremen, welches heute mit der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH eng zusammenarbeitet. Vor Ort organisieren Regionalkoordinatorinnen und -Koordinatoren die Arbeit und betreuen die AckerCoaches. Das Bildungsprogramm wird zwar von Berlin aus gesteuert, die lokalen Büros übernehmen aber die konkrete Ausgestaltung.

Das ist ein typisches Skalierungsmodell für Sozialunternehmen: Zunächst erproben sie neue Geschäftsmodelle in einer Region und versuchen dann, die Erkenntnisse und Erfahrungen zu standardisieren und so schnell auf neue Orte zu übertragen. Dabei eröffnen sie neue Büros, welche die Ausgestaltung übernehmen. Häufig arbeiten sie mit Freiwilligen wie den AckerCoaches zusammen, die sich um die konkrete Lehrarbeit kümmern, etwa Lehramtsstudierende, die Praxisstunden sammeln möchten. Vorteil dieses Systems: Anstatt das Rad überall neu zu erfinden, verbreitet sich schnell, was gut funktioniert.

Nach zwei Jahren in Bremen zieht Acker e.V. eine mehr als positive Bilanz, resümiert Jansen. „Bremen ist ein spannender Standort für Sozialunternehmen. Hier wird viel ausprobiert und es gibt Menschen, die etwas bewegen wollen. Als Neuling finden wir hier regen Austausch und es entstehen fruchtbare Synergien.“

Besonders die breite Unterstützung am Anfang seitens der öffentlichen Stellen – sei es die WFB oder die senatorischen Behörden – bleiben dem Regionalmanager gut in Erinnerung. „Das ist keine Selbstverständlichkeit!“, freut er sich.

Stolz die Früchte der eigenen Arbeit nach Hause tragen

Im Gemüsegarten der Gesamtschule Bremen-Mitte füllt das Gemüse derweil gleich mehrere Kisten. Jedes Kind darf sich – als kleiner Arbeitslohn – ein paar Tomaten, Möhren oder Zucchini mit nach Hause nehmen. Doch bevor es wieder zurück in den normalen Schulunterricht geht, pflanzen sie noch etwas Pflücksalat, der bis zum Winter aus dem Boden schießen soll.

„Die Ernte dieses Jahr war wirklich toll. Nicht alle Gurken sind gerade, manche sind krumm, nicht alles sieht so aus wie im Supermarkt, das ist eine wichtige Erfahrung für die Kinder“, zeigt sich auch Bianca Gustafson, Sozialpädagogin an der Bremer Gesamtschule und mit Lehrer Mauritz zuständig für den Schulacker, angetan vom Projekterfolg.

Gemeinsam für Sozialunternehmen in Bremen

Unter dem gemeinsamen Projekt “Förderung der Solidarischen Wirtschaft, Genossenschaften und Social Entrepreneurship“ vereinen sich Maßnahmen des Starthauses Bremen, der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH (BIS) sowie der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Alle haben das gemeinsame Ziel, Bremen als Standort für Sozialunternehmen attraktiver zu machen und die Gründung sowie Ansiedlung dieser Unternehmen zu fördern. Als Teil der Regionalgruppe des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND) engagiert sich die WFB für ein engeres Zusammenwachsen der Branche und kooperiert mit Akteuren wie dem Social Impact Lab Bremen.

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