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11.8.2017 - Melanie Öhlenbach

Wie auf Stelzen: Mit Beinprothesen zum Halbmarathon

Erfolgsgeschichten

Sport statt Sofa: Thomas Maletz trainiert mit Beinprothesen für den Halbmarathon

Thomas Maletz lebt seit fünf Jahren ohne Unterschenkel. Er geht auf Bein-Prothesen. Dafür musste er wieder laufen lernen wie ein Kind. Schon im Krankenhaus packte ihn die Idee, einen Halbmarathon zu laufen. In zwei Jahren soll es soweit sein. Ein Bremer Unternehmen unterstützt ihn bei seinem Ziel.

Thomas Maletz
Thomas Maletz trägt Prothesen und trainiert für den Bremer Halbmarathon. © WFB/Jörg Sarbach

Wie auf Stelzen

Als Kind ist Thomas Maletz mal auf Stelzen gelaufen. Er erinnert sich an das Gefühl, wenn der Fuß beim Auftreten nicht unmittelbar mit dem Boden in Berührung kommt. Er kennt die Unsicherheit, dieses unbestimmte Unbehagen im Kopf: Wie weit ist der Boden noch entfernt? Wie muss ich den Fuß aufsetzen und welche Muskeln muss ich anspannen, damit ich auf dem Untergrund die Balance halten kann? Und wie bekomme ich ihn dann wieder vom Boden los? Heute läuft Thomas Maletz jeden Tag wie auf Stelzen. Vor fünf Jahren ließ sich der 48-Jährige beide Unterschenkel amputieren. Freiwillig. „Ich habe die Schmerzen nicht mehr ausgehalten“, sagt er.

Rollstuhlsport kam nicht infrage

Seither geht Maletz auf Beinprothesen. Er hat mit Unterstützung des Bremer Orthopädietechnik-Unternehmens OTBremen Orthopädie-Technik hart dafür gearbeitet, dass das so gut klappt. Doch sein Ziel ist noch viel höher gesteckt: In zwei Jahren will er in der Hansestadt seinen ersten Halbmarathon laufen. Mit Sport hatte er bis zur Amputation nichts am Hut, jetzt aber hat er eine Mission. Er will auf Menschen mit Prothesen aufmerksam machen, sich ganz normal bewegen. „Rollstuhlsport kam daher für mich nicht infrage“, sagt der Delmenhorster.

Maletz wollte der Qual ein Ende setzen

Angefangen hat alles vor acht Jahren, mit knopfgroßen schwarzen Stellen zwischen den Zehen des linken Fußes: Durchblutungsstörungen habe der Arzt diagnostiziert, erinnert sich Maletz. Zunächst wurden ihm nur einige Zehen abgenommen. Die Stellen verheilten jedoch schlecht, zeitgleich entwickelte sich auch die Oberseite des rechten Fußes zu einer einzigen offenen Wunde. Maletz, zu dieser Zeit schon berufsunfähig, wechselte mehrmals täglich Verbände und schluckte Schmerzmittel. Irgendwann war seine Schmerzgrenze erreicht. „Ich sagte dem Arzt: Entweder amputieren Sie die Füße oder ich hacke sie mir selbst ab.“

Prothesen
Für den Halbmarathon braucht Thomas Maletz Spezialprothesen. © WFB/Jörg Sarbach

Beinprothesen aus Bremen

Die Mediziner entfernten ihm die Beine unterhalb der Knie. Die Schmerzen waren weg, auch Phantomschmerzen stellten sich nicht ein. Laufen wollte Thomas Maletz dennoch weiterhin auf zwei Beinen, ein Rollstuhl kam für ihn nicht in Frage. Daher ließ er sich von einem Bremer Unternehmen Beinprothesen anfertigen. Seit sechs Jahren stellt OTBremen Orthopädie-Technik individuelle Bein- und Armprothesen für Kinder und Erwachsene her, die verlorene Gliedmaßen ersetzen sollen. Und das möglichst ohne große Probleme im Alltag. Daher werden Prothesen nach den Bedürfnissen des Kunden angefertigt. „Jeder Mensch ist anders“, sagt Orthopädie-Technikmeister Marco Holsten. Das Herzstück jeder Prothese ist der Schaft, der über den Stumpf geschoben wird. „Der Schaft muss passen und den Stumpf so betten, dass er schmerzfrei ist. Ansonsten hilft die ganze Technik nichts.“

Marco Holsten (l.) und Thomas Maletz (r.) begutachten die Prothese.
Marco Holsten (l.), Orthopädie-Technikmeister bei OTBremen Orthopädie-Technik und Thomas Maletz (r.) begutachten die Prothese. © WFB/Jörg Sarbach

Sport statt Sofa

Um eine Prothese optimal anzupassen, wird der Schaft nicht nur elektronisch vermessen. In der Werkstatt können die Kunden mit der Prothese auch auf unterschiedlichen Untergründen Probelaufen. Thomas Maletz kann inzwischen ohne Schwierigkeiten auf Kies, Sand und Kopfsteinpflaster gehen. Auch Auto kann er damit fahren – mit Gaspedal und Kupplung statt Automatik. „Dafür habe ich meinen Führerschein noch mal machen müssen.“

Laufen lernen wie ein Kind

Doch all das hat Zeit gebraucht: Zwei Jahre und mehrere Rehas benötigte er, bis er schmerzfrei und ohne Krücken stehen und sich bewegen konnte. „Ich musste laufen lernen wie ein Kind“, sagt er. Schrägen und Treppen stellen ihn manchmal noch vor Probleme, auch Seitwärts- und Rückwärtsgehen ist mit den Prothesen schwierig, weil er den Fuß nicht mehr so flexibel bewegen und beugen kann. „Vieles ist aber auch Kopfsache“, sagt er. „Es gibt mal gute, mal schlechte Tage.“ Seinen Kopf in den sprichwörtlichen Sand stecken wollte er aber nie. Im Gegenteil. Schon im Krankenhaus packte ihn die Idee, den Halbmarathon zu laufen. „Ich wollte mich nicht den Rest meines Lebens verstecken, nicht den ganzen Tag auf dem Sofa sitzen und fernsehen“, sagt der 48-Jährige.

Training mit Prothesen
Wieder laufen lernen: Thomas Maletz trainiert mit seinen Prothesen. © WFB/Jörg Sarbach

Shorts statt langer Hosen

Und auch im Alltag versteckt Maletz seine Gehhilfen nicht. Im Sommer trägt er keine langen Hosen, sondern Shorts. Ganz bewusst. „Ich will Amputierten Mut machen. Und provozieren“, sagt er. An die Blicke von Passanten habe er sich gewöhnt. „Ich möchte den Leuten zeigen: Seht her, ich bin ein Mensch – auch wenn mir beide Füße fehlen!“ In einer Bremer Sportgruppe trainiert Maletz derzeit regelmäßig mit anderen Prothesenträgern. Er baut Muskeln auf, arbeitet an Balance und Ausdauer – nicht nur für den Halbmarathon. Maletz ist in seiner Gruppe der Einzige, der ihn laufen will. „Die anderen finden das super und freuen sich sehr, wenn ich das schaffe.“ Sportbegeisterte Prothesenträger aus ganz Deutschland trifft Maletz auch bei Sportcamps, tauscht sich mit ihnen in einer Facebook-Gruppe aus.

Für Halbmarathon braucht er Spezialprothesen

Das Lauftraining für den Halbmarathon konnte der 48-Jährige erst vor kurzem beginnen. Bislang fehlten ihm dafür Spezialprothesen, die die Wucht von schweren, schnellen Schritte auf festem Untergrund abfedern können. „Normale Prothesen halten das nicht aus“, sagt Orthopädie-Technikmeister Holsten. Leichtathleten wie Sprinter David Behre und Weitspringer Markus Rehm nutzen daher Sportfedern aus Carbon. Kostenpunkt für ein Paar: rund 18.000 Euro. Da die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt, ist Thomas Maletz auf der Suche nach Sponsoren. Bislang unterstützt die Bremer Orthopädie-Werkstatt, bei der der Delmenhorster inzwischen als Lagerist arbeitet, das Projekt. Seine Kollegen werden ihn auch bei seinem ersten Wettkampf anfeuern, da ist sich der 48-Jährige sicher. In zwei Jahren soll es soweit sein, beim swb-Marathon in Bremen. Seine Zeit ist ihm egal. „Ich möchte ins Ziel kommen“, sagt er. „Für Olympia muss es ja nicht reichen.“


Mehr Informationen unter www.ot-bremen.com

Pressekontakt: OTBremen Orthopädie-Technik GmbH, Thomas Maletz / Marco Holsten, Tel.: 0421 25844990, E-Mail: info@ot-bremen.com


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Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Thomas Maletz trägt Prothesen und trainiert für den Bremer Halbmarathon. © WFB / Jörg Sarbach

Foto 2: Für den Halbmarathon braucht Thomas Maletz Spezialprothesen. © WFB / Jörg Sarbach

Foto 3: Marco Holsten (l.), Orthopädie-Technikmeister bei OTBremen Orthopädie-Technik und Thomas Maletz (r.) begutachten die Prothese. © WFB / Jörg Sarbach

Foto 4: Wieder laufen lernen: Thomas Maletz trainiert mit seinen Prothesen. © WFB / Jörg Sarbach


Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen arbeitet ähnlich wie ein Korrespondentenbüro. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden.

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