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Forschende am Fraunhofer MEVIS diskutieren eine KI-Anwendung - Quelle: WFB Rathke
6.12.2024 - Reinhard Wirtz

KI in der praktischen Anwendung – ein Blick in die Bremer Branchen

Digitalisierung / Industrie 4.0

Wo Künstliche Intelligenz Teil des Unternehmensalltags ist, und wo sie es noch wird

Künstliche Intelligenz (KI) dringt ein in unsere Autos, Zahnbürsten, Produktionsanlagen und Büros. Wo ist sie schon Unternehmensalltag? Beispiele für KI in der Anwendung.

In ihrer aktuellen Studie „Generative KI in der deutschen Wirtschaft“ hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG untersucht, in welchem Umfang Unternehmen hierzulande bereits auf KI setzen. Ulrich Balke, Director Markets bei der KPMG, resümiert: „Laut unserer aktuellen Studie geben vier von fünf Entscheidern an, in ihrem Unternehmen bereits über eine Strategie für generative KI zu verfügen oder gegenwärtig an einer solchen zu arbeiten. Gut zwei Drittel haben für die nächsten zwölf Monate Proof of Concepts geplant.“

In unserem Überblick betrachten wir verschiedene Bremer Branchen beispielhaft. Dabei schauen wir auf praktische Anwendungsbeispiele – auf den Einsatz von KI im Büroalltag (wie zum Beispiel ChatGPT) schauen wir hier nicht, denn dort haben viele Unternehmen bereits eine individuelle Lösung gefunden.

Frau hält Gerät an Windschutzscheibe
Bei der BLG LOGISTICS wird KI in verschiedenen Projekten erprobt © BLG LOGISTICS

KI in der Anwendung: Beispiele und Branchenüberblick

KI in der Logistik

Das Bremer Logistikschwergewicht BLG LOGISTICS teste Künstliche Intelligenz in vielfältiger Form, unter anderem, um im Forschungsprojekt „Künstliche Intelligenz im Transport zur Emissionsreduktion“ (KITE) mit einem KI-Prognoseverfahren einen nachhaltigen Lkw-Verkehr mit weniger Leerfahrten zu ermöglichen. Ebenso testete das Unternehmen einen KI-Chatbot und nutzt Künstliche Intelligenz bereits für das intelligente Dokumentenmanagement und die optische Bilderkennung im operativen Prozess.

Ein weiteres Beispiel: Das 2014 gegründete Bremer Unternehmen XTL Kommunikationssysteme GmbH, ein Spin-off aus dem Technologiezentrum Informatik der Universität Bremen, konzentriert sich vor allem auf die Routen- und Tourenoptimierung mit KI. Der XTL-Gründer und geschäftsführende Gesellschafter Dr. Max Gath beschäftigte sich bereits 2007 mit KI-Lösungen für die Logistik. Die Software von XTL ist inzwischen bei zahlreichen Kundinnen und Kunden im Einsatz, unter anderem bei Zalando. Für Verlags-, Zeitungs- und Medienlogistik sowie private Postunternehmen, Kurier-, Express- und Paketdienste, Speditionen sowie Unternehmen der Entsorgungslogistik bietet XTL branchenspezifische Lösungen für die letzte Meile und die urbane Logistik inklusive Sendungsverfolgungsportalen für Endkundinnen und -kunden an.

Mann steht am Fenster
Sebastian Behnen, Mitglied der Geschäftsleitung bei der encoway GmbH. © encoway

KI in der Industrie

In der Industrie ist das Anwendungsspektrum für KI nahezu unüberschaubar. Es reicht von der KI-basierten Entscheidungsfindung über Produkt- und Prozessoptimierung bis hin zu intelligenten Industrierobotern, vorausschauender Anlagenwartung und neuen Geschäftsmodellen. Als Tochter der für Automatisierungs- und Antriebslösungen bekannten Lenze Gruppe verstehen sich die Expertinnen und Experten der Bremer encoway GmbH als „Wegbereiter:innen der wissensbasierten Konfiguration für die industrielle Herstellung variantenreicher Produkte“ (Variantenfertigung). Seit fast 25 Jahren implementiert encoway eigene Softwarelösungen für die Produktkonfiguration (CPQ-Software: Configure Price Quote).

Inzwischen erweitert encoway die eigenen Software-Module um weitere KI-Bestandteile, um die Wertschöpfungskette weiter zu automatisieren. „Mit dieser Software können Unternehmen ihre Aufträge analysieren und dynamisch ihren Vertrieb steuern, um jederzeit die margenstärksten Produkte zu verkaufen. Das reduziert die Kosten im Wertstrom und steigert nachhaltig das EBIT“, sagt Sebastian Behnen, Mitglied der Geschäftsleitung bei der encoway GmbH. Die Möglichkeiten heutiger Algorithmik eröffneten dabei neue Geschäftsfelder. encoway unterhält mit dem „Dock One“ im Technologiepark Bremen ein Digital- und Innovationslabor, um „mit Open Innovation, Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz zur Industrie von morgen zu gelangen“, so encoway. Außerdem ist das Unternehmen Mitinitiator des Digital Hub Industry.

Mann und Frau stehen vor einem Display, das CT-Bilder zeigt
In der Medizin unterstützen KIs bei bildgebenden Verfahren. Daran forschen Rieke Alpers und Valentin Kraft vom Fraunhofer MEVIS in Bremen. © WFB/Rathke

KI im Gesundheitswesen

In kaum einem anderen Sektor wird so intensiv an KI-Anwendungen geforscht wie im Gesundheitswesen. KI ist dabei, die Medizin und das Gesundheitswesen grundlegend zu verändern.

In Bremen vernetzen sich Kompetenzen im medizinischen Bereich mit Expertise in IT-Technologien und bilden so einen KI-Schwerpunkt für Healthcare. In Bremen hat sich dabei ein Schwerpunktbereich KI und Healthcare gebildet, sowohl in der Forschung, als auch in der praktischen Anwendung. Ein Überblick bietet unser Artikel „12 Unternehmen und Institute im Bereich KI und Healthcare in Bremen".

Wie sehr die KI helfen kann, die Gesundheitsbranche neu zu denken und dabei vor allem die explodierenden Kosten einzudämmen, das erklärt der Bremer Insitutsprofessor des Fraunhofer MEVIS, Horst K. Hahn, im Interview: „Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kann unser Gesundheitssystem bezahlbar bleiben?“

KI im Tourismus

Tourismus und Tourismusmarketing gelten so manchen Branchenexpert:innen als prädestiniert für KI-Anwendungen. Das bestätigte das Landestourismusforum der WFB und der Erlebnis Bremerhaven im November 2023. Auf der Fachkonferenz erklärte Matthias Burzinski, Geschäftsführer und Grunder von destinet- CHANGE, die Beratung und Coaching zum Thema anbietet: „Es wird viele Negativbeispiele geben. (…) KI wird aber auch eine immer wichtigere Rolle dabei spielen, wie wir reisen und unsere Urlaubserlebnisse planen und gestalten. Ein Fehler ware es, sich nicht ranzutrauen.“ Mögliche Anwendungsszenarien sind personalisierte Reiseempfehlungen, intelligente Echtzeit-Übersetzungsprogramme, KI-gestützte Chatbots für eine schnelle und effiziente Bearbeitung von Gästeanfragen, die Analyse von Gästebewertungen und Feedback, die Prognose von Buchungstrends, die Erstellung von Marketingkampagnen, intelligentes Gepäckhandling und vieles mehr. „Zwischenmenschliche Themen werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber KI kann die Servicequalität erhöhen“, sagte Oliver Rau, WFB-Geschäftsführer und zuständig für den Geschäftsbereich Marketing und Tourismus.

KI Bauwirtschaft Titelbild
KI Bauwirtschaft Titelbild © WFB/Studio B

KI in der Bauwirtschaft

Aktuelle Marktanalysen zum Thema „KI in der Immobilienwirtschaft" wie die der Buxtehuder Hochschule 21 kommen zu dem Ergebnis, dass mehr als zwei Drittel der branchenüblichen Tätigkeiten Potenziale für KI-Unterstützung bieten. Zu den Anwendungsgebieten zählen technische Büroabläufe wie Dokumenten- und Datenmanagement, Reporting, Mahnwesen und Buchhaltung, dazu Portfolioanalyse und -Controlling, das Bau- und technische Immobilienmanagement sowie die Stadt- und Objektplanung. 45 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass KI relevant sei, es aber noch keine konkreten Planungen für den Einsatz gebe, sechs Prozent bestätigten, dass KI schon im Regeleinsatz sei, wie Marion Peyinghaus, Architektin und Professorin für Immobilienmanagement und Projektentwicklung an der Hochschule 21, bei der Veranstaltung „KI in der Immobilienwirtschaft" am 13. August 2024 ausführte, zu der die WFB die lokale Branche eingeladen hatte. Die Ergebnisse dieser Veranstaltung haben wir hier zusammengefasst.

Ben Gaya
Der Sänger Ben Gaya existiert nur virtuell. © construktiv/Anyland

KI in der Kreativwirtschaft

Wer sich mit KI auskennt, hat vermutlich auch Ben Gaya mit seinen Debut-Songs „Sunshine Soul” und „Sunwave Dreams" auf Instagram, YouTube oder Spotify schon erlebt. Ben trat Mitte des Jahres ins Rampenlicht und gilt als erster AI-Sanger (englisch: AI – Artificial Intelligence) Europas, erzeugt in den Kreativlaboren der Bremer construktiv GmbH und ihrer Schwesterfirma Anyland. Auch Malive, eine der ersten virtuellen Influencerinnen Deutschlands, wurde hier 2022 geboren und tummelt sich seither unteranderem in den Weiten der Fruchtgummi-Katjes und Katzen-Leckerlis. Zusammen mit Anyland arbeitet construktiv an virtuellen Influencer:innen, Avataren, Metaverse und Digital Fashion. Mehr dazu beim Bremer Branchenverband bremen digitalmedia

Erfolgsgeschichten


Digitalisierung / Industrie 4.0
29.11.2024
Schlaues Tool hilft Rathäusern und Ratsuchenden - Bremerhavener Start-up treibt Digitalisierung in Behörden mit KI voran

Die Arbeit von Behörden wird immer komplexer; parallel wächst der Informationsbedarf in der Bevölkerung. Zwei Studierende der Hochschule Bremerhaven treten diesem Dilemma mithilfe von KI entgegen.

zur BiS Bremerhaven
Digitalisierung / Industrie 4.0
20.11.2024
„Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kann unser Gesundheitssystem bezahlbar bleiben?“

Die Kosten im Gesundheitssystem explodieren. Kann der Bremer Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen einen Ausweg weisen? Das thematisiert der Bremer Institutsleiter Prof. Dr. Horst K. Hahn am 2. und 3. Dezember 2024 auf dem Symposium „AI in Health“.

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Einzelhandel
11.11.2024
Warum in Bremen immer mehr Unternehmen auf bargeldloses Zahlen setzen

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