Was ist ein neuronales Netz? Was maschinelles Lernen? Begriffe, die oft gleich benutzt werden, sich aber ihrer Definition nach unterscheiden. Wir erklären, was es mit ihnen auf sich hat.
In unserem ersten Teil zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) haben wir uns die Frage gestellt, was eine KI ist, was sie kann und wie sie allmählich in unserer Alltagswelt Einzug hält. Jetzt geht es ans Eingemachte: Wie genau funktioniert die derzeit populärste Form der KI, das neuronale Netz?
Die Begriffe KI, maschinelles Lernen und neuronale Netze fallen häufig in Artikeln rund um neue Technologien. Wenngleich die Begriffe alle Ähnlichkeiten aufweisen und immer öfter synonym verwendet werden, ist es doch wichtig, diese zu unterscheiden. KI steht als Überbegriff für den Versuch, einem Computer menschliches oder komplexes Denken beizubringen – im Gegensatz zu dem stumpfen Abarbeiten von feststehenden, einmal vorprogrammierten Funktionen. Der Computer programmiert sich selbst, er lernt aus Erfahrung und ist in der Lage, mit neuen Situationen umzugehen.
Es gibt viele verschiedene Wege, dieses Ziel zu erreichen. So zählen Suchmaschinen wie Google zu den KIs. Eine spezielle Methode innerhalb der KI ist das maschinelle Lernen. Es stellt den Ansatz dar, einem Computer das Lernen aus Erfahrung beizubringen. Das heißt: Ein Computer lernt aus allgemeinen Daten ein Muster, eine Regel abzuleiten, dass diesem bestmöglich entspricht und kann es auf neue Daten anwenden. Etwa einen Apfel von einer Birne zu unterscheiden.
Dabei kommt immer ein Wahrscheinlichkeitswert heraus, denn der Computer wird mit neuen bisher unbekannten Daten konfrontiert. Genau wie bei uns – denn auch wir könnten zum Beispiel eine Nashi-Birne, die aussieht wie ein Apfel, für einen echten Apfel halten. Mit dem Unterschied, dass KIs, einmal trainiert, besser entscheiden als Menschen es tun könnten.
Innerhalb des maschinellen Lernens gibt es verschiedene Ansätze, selbstlernende Systeme zu programmieren. Diese unterteilen sich in einerseits überwachtes und andererseits unüberwachtes Lernen. Während bei Ersterem ein Mensch dem Computer mitteilt, was er lernen soll („Dieses Bild von einem Apfel ist ein Apfel, lerne, auch neue Bilder als Apfel zu erkennen!“) muss der Computer bei Letzterem selbst Strukturen in den Daten finden und diese sortieren – dafür können aber nur Menschen diese interpretieren.
Neuronale Netze sind nun als Teil des überwachten Lernens wiederum das derzeit relevanteste Teilgebiet des maschinellen Lernens. Sie sind für den derzeitigen Trubel um die KI verantwortlich, denn sie sind in der Lage, große Mengen an unstrukturierten Daten besonders gut auszuwerten und Muster in ihnen zu finden. Zu unstrukturierten Daten gehören Bilder, Videos oder Töne, also all jene Daten, wir in unserem Alltag in großer Menge produzieren.
Sie leihen sich ihren Begriff aus der Biologie aus. Im menschlichen Gehirn ist ein Neuron eine Nervenzelle, die mit anderen Nervenzellen verbunden ist und elektrische Signale an diese weitergibt. Aus Milliarden von Neuronen setzt sich das Gehirn zusammen und aus ihrer Aktivität unser Geist.
Ein künstliches neuronales Netz funktioniert ähnlich: Hier ist ein Neuron eine mathematische Formel, die einen Input verarbeitet und daraus einen Output generiert. Die Werte der Formel werden dabei durch die Ausgangsdaten definiert. Viele künstliche Neuronen arbeiten zusammen und ergeben so ein künstliches neuronales Netz (KNN).
Nehmen wir als Beispiel ein neuronales Netz, dass Äpfel von Birnen unterscheiden soll. In das Netz werden Bilder hereingegeben. Diese werden Pixel für Pixel aufgelöst – jedes Pixel (übersetzt in einen Farbwert) speist ein Neuron auf der Anfangsebene.
Dieses Neuron verarbeitet seine Information (berechnet eine Formel) und gibt das Ergebnis an die nächste Ebene mit Neuronen weiter. Die letzte Ebene mit Neuronen entspricht dann den beiden möglichen Outputs – Apfel oder Birne. Je nachdem, wo das Ergebnis der Berechnung höher ist (in diesem Fall: sich dem Wert 1 annähert), schlägt der Zeiger aus.
Das Ergebnis dieser Berechnung ist falsch, unser Netzwerk hält einen Apfel für eine Birne. Denn die Wege, die die Information durch das neuronale Netz nimmt, sind zunächst zufällig gewählt. Jetzt kommt der wichtige Schritt: Die zufälligen Werte der einzelnen Neuronen werden nun ausgehend vom Ergebnis so angepasst, dass sie eher dem richtigen Ergebnis entsprechen – aber nur in ganz kleinen Schritten. Das macht das Netz automatisch durch eine komplexe Formel.
Dieses Schritt wird nun wiederholt – viele tausende bis Millionen Male und nicht nur mit einem Bild, sondern mit vielen Bildern von Äpfeln und Birnen. Jedes Mal verändern sich die Neuronenwerte dabei ein wenig. Dieses Prozess heißt „Lernen“ und ist ungeheuer rechenaufwändig. Am Ende dieses Prozesse sind die Neuronen dann aber so fit, dass sie Bilder von Äpfeln von denen von Birnen unterscheiden können, auch wenn sie diese noch nie gesehen haben. Sie haben von den Trainingsbildern ein allgemeines Muster abstrahiert.
Diese Unterscheidungsmerkmale hat das KNN sich selbst beigebracht und sie entsprechen nicht menschlichen Maßstäben. Wir würden diese Objekte unterscheiden nach Merkmalen wie etwa „ist rund und rot“ -> Apfel, „ist länglich und grün“ -> Birne. Ein Computer kann aber mit Begriffen wie „rot“ oder „lang“ nichts anfangen. Er findet eigene Unterscheidungsmerkmale, die vielleicht heißen könnten „hat Durchschnittlich einen Rotwert von X Prozent“ oder die sehr viel abstrakter sind. Sie stehen aber nirgendswo zum Nachlesen, sie sind implizit in der Gesamtformel enthalten, die alle Neuronen ausmachen.
Die Entscheidungswege der KI, also der Grund, warum sich die KI für „Apfel“ entscheidet, ist nicht direkt für uns nachvollziehbar, weshalb man manchmal auch von der „Black Box“ spricht, da für die menschliche Intuition nicht offensichtlich ist, wie ein KNN zu seiner Einschätzung gekommen ist (denn ein Computer denkt nicht in „lang“ oder „grün“).
Jedoch lässt sich der Entscheidungsweg zu jedem einzelnen Bild im Nachhinein genau nachvollziehen, wenngleich sie auch durch eine sehr komplizierte mathematische Formel dargestellt wird, die durch Tausende oder Millionen von Parametern bestimmt wird.
Jedes Neuronale Netz ist nur so gut wie seine Trainingsdaten. Deshalb ist es wichtig, gut sortierte und einheitlich strukturierte Daten zu haben, wenn ein KNN trainiert werden soll. Und hier wird klar, warum Unternehmen wie Facebook oder Google so viele Daten sammeln: Je mehr Daten sie haben, desto besser können sie künstliche Netze auf diese loslassen, diese trainieren und auswerten. Und genau deshalb ist es wichtig für Unternehmen, viele Daten zu sammeln.
Unser Äpfel-und-Birnen-Beispiel zeigt aber zugleich eine Limitierung von KNNs auf: Werden sie plötzlich mit Bildern von Feuerwehrautos konfrontiert, können sie damit nichts anfangen – oder ordnen sie fälschlich als Äpfel ein. Um mit neuen, andersartigen Informationen umgehen zu können, müsste ein KNN wiederum erneut trainiert werden. Es muss also einen Datensatz geben, der Antworten auf ein eng umfasstes Fragengebiet geben kann, damit ein neuronales Netz optimal arbeitet.
Neuronale Netze gibt es in vielen unterschiedlichen Formen und Funktionsweisen, die oben dargestellte ist nur ein Prinzip unter vielen. Bekanntheit erlangten in letzter Zeit die Deep Neuronal Networks, in denen mehrere Ebenen von Neuronen hintereinandergeschaltet werden, um genauer zu arbeiten, ähnlich unseres Beispiels. Andere Netze wie Convolutional Neural Networks werden zur Bilderkennung eingesetzt und können dort bereits treffsicherer Bilder erkennen als Menschen. Genetic Neural Networks nehmen sich die Natur der Evolution zum Vorbild, in ihr treten zahlreiche KNN in einem Wettbewerb gegeneinander an, anstatt das eines immer weiter mit Daten feinjustiert wird; die besten kommen weiter, die schlechtesten werden verworfen.
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Und, jetzt neugierig auf KIs geworden? Das Netzwerk Bremen.AI hilft bei allen Fragen rund um die KI weiter und gibt erste Einblicke in die Technologie.
Weitere Informationen zur Digitalisierung und zum KI-Netzwerk Bremen gibt es bei Kai Stührenberg, Tel.: 0421 361-32173, kai.stuehrenberg@wah.bremen.de
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