De Werser geiht - eine ganz besondere Eiswette
TourismusNa, was war denn das? Das doppelte Lottchen am Punkendeich? Nein, eine ganz besondere Eiswette war das am 6. Januar an der Weser – nämlich ertsmalig mit zwei Schneider, die sich vor dem Publikum unterhaltsam zankten. Die Eiswette hat eine 186 Jahre alte Tradition und ist ein beliebtes Spektakel zum Jahresanfang – und das alles für einen guten Zweck, nämlich zugunsten der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Ich bin ein großer Fan von gelebten Traditionen, so dass ich mir ein Bild von der Gaudi gemacht habe und gerne davon berichte.
Da kann man die Uhr nach stellen: Jedes Jahr am 6. Januar um 12 Uhr startet die Eiswettprobe, bei der getestet wird, ob de Werser steiht oder geiht – also ob sie zugefroren ist oder nicht. Aber darum geht es dem Publikum eigentlich gar nicht, sondern um das kurzweilige Spektakel, bei dem nicht wenig über die Bundes- und Bremer Politik gespottet wird.
Zu Beginn begrüßte der Präsident Patrick Wendisch das Präsidium der Eiswette, die Novizen, die zum ersten Mal an der Zeremonie teilnehmen durften, die Heiligen Drei Könige und den Notarius Publicus sowie den Medicus Publicus, die für den reibungslosen Ablauf mit verantwortlich sind. Wenn da nicht der Schneider wäre, der die Hauptperson in dem Schauspiel ist: Er muss nämlich laut der Statuten mit seinem heißen Bügeleisen und einem Gewicht von exakt 99 Pfund auf die andere Seite der Weser gelangen – nur dann gilt die Wette als gewonnen. Und der Schneider kommt jedes Jahr zu spät. Doch nicht in diesem Jahr: Pünktlich um 12 Uhr lief ein Schneider den Deich herunter. Und dann auch noch einer mit einem für Bremer Ohren ganz ungewohnten Zungenschlag: Der Schneider sprach Schwiezer Dütsch. Pünktlich sei er, weil er schließlich ja auch eine Schweizer Uhr hätte. Der Präsident klärte auf, dass der alte Schneider angekündigt hatte, sein Amt nach 25 Jahren niederzulegen und er deswegen den neuen Schneider engagiert habe.
Und dann hörte man aus der Ferne jemanden den Deich herunterrennen und dem Publikum, das zum Großteil jedes Jahr zum Punkendeich kommt und sich deshalb gut auskennt, ist die Stimme gleich als die vom alten Schneider vertraut. Es folgte ein humoriges Zwiegespräch, in dem der alte Schneider dem neuen unter anderem erst einmal erklärte, wie er sich zu kleiden und zu benehmen habe. Anschließend übergab Burckhard Göbel, der ein Vierteljahrhundert das Publikum begeistert hatte, sein heißes Bügeleisen symbolisch an seinen Nachfolger Peter Lüchinger, der einigen als Schauspieler der Shakespeare Company bekannt sein wird. Anschließend verabschiedete er sich vom Bremer Publikum, die ihn mit einem langen Applaus in den wohlverdienten Ruhestand schickten.
Kurzzeitig hatte die Wettgesellschaft die Hoffnung, dass mit dem neuen Schneider auch die Diskussionen und das freche Mundwerk ein Ende haben könnten. Doch weit gefehlt. Schnell stellte sich heraus, dass auch der neue Schneider nicht auf den Mund gefallen ist – auch wenn er noch ein bisschen üben muss, bis er Plattdütsch sprechen kann. Er meinte aber, das könne nicht so schwer sein – wer Schwiezer Dütsch sprechen könne, könne auch Platt einfach erlernen.
Der Medicus und der Notarius konnten den neuen Schneider aber dann doch trotz aller Diskussionen davon überzeugen, dass er sich an die Statuten der Eiswettprobe zu halten habe. Punkt 1 der Statuten besagt, dass der Schneider mit seinem Bügeleisen exakt 99 Pfund wiegen muss, was vor Ort mit einer großen Waage geprüft wird.
Punkt 2 der Statuten sieht vor, dass der Medicus prüft, ob das Bügeleisen des Schneiders auch wirklich heiß ist. Verstänlicher Weise, wehrte sich der Medicus dagegen, aber die Heiligen Drei Könige, die es eilig hatten, zur nächsten Veranstaltung zu kommen, halfen nach und trugen ihn zum Bügeleisen. Und ja, es war – nach seinen Schmerzensschreien zu urteilen – heiß.
Da die Weser aber wie auch in allen Jahren zuvor seit 1947 auch in 2015 nicht zugefroren war, brachte das Beiboot des Seenotkreuzers der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) die beiden Schneider trockenen Fußes über die Weser.
Traditionell wird am 3. Samstag im Januar der Wetteinsatz “vaterländischer Kohl mit Zubehör” bei einem großen Stiftungsfest eingelöst. Die Bremer lieben und leben ihre Traditionen und so ist es für jeden eine Ehre, wenn er zu dem Fest eingeladen wird. Gesammelt wird dabei für die Arbeit der DGzRS, die in diesem Jahr 150-jähriges Jubiläum feiert. In 2014 sind knapp 430.000 Euro an Spenden zusammen gekommen.
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