Der Brexit geht um – so macht sich der EU-Ausstieg in Bremen bemerkbar
InternationalesÜber die Verflechtungen von Großbritannien und Bremen
Schon über ein Jahr ist es her: Im Juni 2016 stimmte Großbritannien über den Brexit ab, die Austrittsverhandlungen laufen derzeit und sollen bis März 2019 abgeschlossen sein. Großbritannien und die Europäische Union bilden dann keine Einheit mehr, Insel und Festland trennt mehr als nur der Ärmelkanal. Wie der EU-Austritt der Britinnen und Briten sich in Bremen bemerkbar macht.
Großbritannien – drittwichtigster Handelspartner
Bremen ist Hansestadt. Handelsbeziehungen zu anderen Ländern haben hier Tradition. Über 50 Bremer Unternehmen haben Niederlassungen in Großbritannien, mehr als 300 pflegen Geschäftskontakte ins Vereinigte Königreich. Als drittwichtigster Handelspartner Bremens – nach Frankreich und den USA – betrug das Handelsvolumen mit dem Inselstaat 2016 über 2,5 Milliarden Euro.
Die gemeinsame EU-Mitgliedschaft hielt dabei die Auflagen grenzübergreifender Handelsbeziehungen bisher niedrig. Diese wirtschaftlichen Vorteile könnten nun wegfallen. Der EU-Austritt der Briten wird sich daher vermutlich stark im In- und Export bemerkbar machen. Der länderübergreifende Handel gestaltet sich deutlich komplizierter.
Lesen Sie hier, welche Konsequenzen der internationale Warenhandel bei dem Szenario ‘Harter Brexit’ mit sich bringen könnte.
Welche Branchen sind betroffen?
Drei Branchen sind in Bremen vom Brexit besonders betroffen: die Luftfahrtbranche, die Automobil- sowie die Fischindustrie.
Import-Spitze Luftfahrt
Airbus ist Bremens größter Arbeitgeber im Bereich Luftfahrt. In der Hansestadt befindet sich der zweitgrößte Produktionsstandort des internationalen Flugzeugbauers. Flugzeuge und deren Fertigungsteile mit einem Gesamtwert von über 777.000 Millionen Euro kommen jährlich nach Bremen. Damit führt die Luftfahrt die Spitze der Importgüter nach Bremen an. Die Ausfuhr nach Großbritannien liegt bei knapp 140 Millionen Euro.
Wie alle Großkonzerne arbeitet Airbus mit einer Reihe kleinerer Unternehmen zusammen – eine länderübergreifende Produktionskette, zu der auch Akteure aus Großbritannien gehören. Die Produktion sämtlicher Airbus-Flügel findet in Wales statt. Je nachdem wie der Brexit den Warenverkehr zwischen Großbritannien und der EU beeinflussen wird, könnte der länderübergreifende Fertigungsprozess beeinträchtigt werden. Mehrkosten und eine erhebliche Zeitverzögerung könnten auf die Branche zukommen.
Automotive-Hub Bremen
Den Exportschlager Bremens auf die Insel bilden mit 68 Prozent PKW und Wohnmobile. Klar, Bremen kann Auto. Mit jährlich über zwei Millionen verschifften Fahrzeugen gehören die bremischen Häfen zu den bedeutendsten Automotive-Standorten weltweit. Dazu tragen der weltgrößte Produktionsstandort von Mercedes und die umliegenden Zulieferdienste bei.
Im Jahr 2016 wurden alleine 2.067.938 Automobile verschiedener Fabrikate über die bremischen Häfen in alle Welt verschickt. Aber nicht nur vollständige Fahrzeuge werden überführt. Auch Einzelteile zur weiteren Montage vor Ort gehören zum Export.
Hochseefischerei
Das Worst-Case-Szenario „Großbritannien als Drittstaat“ könnte einen Verlust von Arbeitsplätzen in der deutschen Fischerei-Industrie mit sich ziehen. Ein Großteil des deutschen Fischfangs findet in britischen Gewässern statt. Dies ist möglich, weil Großbritannien Teil der Europäischen Union ist. Von dem Austritt, schätzt der deutsche Hochseefischerei-Verband, könnte die Hälfte der gesamtdeutschen Fangmengen betroffen sein, sollte das Vereinigte Königreich ihre Forderungen bezüglich der Gebietsansprüche bei den Brexit-Verhandlungen durchsetzen. Vor allem der Nordseehering wird ausschließlich in diesen Gewässern gefischt. Ebenfalls betroffen: Makrele, Kaisergranat und Plattfisch, die zwischen 50 und 80 Prozent in den betroffenen Gebieten gefischt werden.
Einen Mangel an Fisch müssen wir aber nicht befürchten. Einflüsse auf die Arbeitsplätze könnten im schlimmsten Fall jedoch die Folge sein.
Bremen stark im Kommen: Anzahl der Einbürgerungen steigt
Willkommen in Bremen heißt es auf Seiten der Bevölkerung. 1.213 britische Staatsangehörige haben ihren Hauptwohnsitz in der Hansestadt – ein Prozent der ausländischen Bevölkerung Bremens. Die Anträge auf Einbürgerung sind seit dem Brexit-Votum gestiegen. Von neun Anträgen im Jahr 2015 hat sich die Anzahl der Anträge 2016 auf 50 erhöht. 2017 haben bereits in der ersten Hälfte des Jahres 41 Britinnen und Briten ein Gesuch gestellt. Nicht nur ein klares Bekenntnis zur EU sondern auch zum Leben an der Weser.
Das Prozedere der Einbürgerung bereits hinter sich hat die gebürtige Britin und Wahlbremerin Fiona Moore. Im Interview erzählt die selbstständige Übersetzerin ihre ganz persönliche Bremer Geschichte.
Apropos selbstständig: Britinnen und Briten, die sich schon lange mit der Idee beschäftigen, sich innerhalb der EU selbstständig zu machen, sollten jetzt handeln. Sobald Großbritannien als Drittstaat behandelt, würden die bürokratischen Hürden zur Existenzgründung weitaus schwieriger zu überwinden sein. Außerdem: Der Weg in die Selbstständigkeit wäre eine Möglichkeit für Briten, Teil der EU zu bleiben.
Manuel Kühn vom Unternehmensservice Bremen weiß, woran gründende Exil-Briten jetzt denken sollten.
Neben neuen Mitbürgerinnen und –bürgern kann der Brexit auch für in England ansässige Unternehmen ein Grund sein, sich auf dem Festland niederzulassen, zum Beispiel um steuerlichen Mehrbelastungen zu entgehen. Erfahren Sie hier, welchen Belastungen auf internationale Unternehmen mit Sitz in Großbritannien zukommen könnten und wie Unternehmen sich vorbereiten können.
Bremen international
Wenn Sie sich für eine Ansiedlung aus dem Ausland interessieren kontaktieren Sie Andreas Gerber, Teamleiter internationale Ansiedlung der WFB, 0421 9600123, andreas.gerber@wfb-bremen.de.
Brexit und Bremen
Allgemeine Informationen zum Brexit und dessen möglichen steuerlichen und außenwirtschaftsrechtlichen Auswirkungen erhalten Sie bei Anja Markmann, Referentin International, Tel: +49 421 / 3637 – 247, Markmann@handelskammer-bremen.de.
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