Briefe aus China: Ausgabe Frühjahr 2021
InternationalesInformationen und News rund um Wirtschaft und Investitionen in China
In diesem Newsletter reisen wir in den Südosten Chinas – in die Provinz Fujian. Subtropisches Klima trifft hier auf ausgedehnte Bergketten und ein willkommen heißendes Investitionsumfeld.
Aus Shanghai berichtet Wang Lu, Direktorin unseres Bremeninvest-Büros, und gibt uns alle vier Monate einen Überblick über Trends, Chancen und neue Entwicklungen im Land. Wenn Sie diesen Länderbrief regelmäßig als Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich gern hier an.
Fujian – High-Tech-Musterknabe an exponierter Lage
Vom Armenhaus zum Musterknaben – die Provinz Fujian hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Knapp halb so viele Menschen wie in Deutschland siedeln auf einer Fläche, die ungefähr den neuen deutschen Bundesländern entspricht. Fujian liegt im Südosten China, direkt vor Taiwan und in unmittelbare Nähe zum Perlflussdelta mit seinen Ballungszentren rund um Hongkong und Shenzhen.
Die gebirgige Landschaft mit ihren abgelegenen Tälern war lange Zeit vom Handel und der Wirtschaftsentwicklung Chinas abgeschnitten. Seit der Öffnung des Landes, der Industrialisierung und dem zunehmenden globalen Handel hat sich dieses Blatt aber gewendet. Besonders durch ihre Nähe zu Taiwan profitiert die Provinz und zählt heute zu den reicheren Regionen des Landes. Viele taiwanesische Firmen betreiben Fabriken und Fertigungsanlagen in Fujian, besonders die Region um die Provinzhauptstadt Fuzhou floriert.
Das Wirtschaftswachstum liegt über dem Landesschnitt. Neben vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) siedeln auch einige bekannte Global Player in Fujian. So kommt etwa der Batterieproduzent CATL aus Ningde, einer Stadt nördlich von Fuzhou. Dieser machte kürzlich Schlagzeilen in Deutschland mit seinem Plan, in Erfurt eine Fertigung für Elektroauto-Batteriezellen für bis zu 1,8 Milliarden Euro bauen zu wollen.
Ausländische Investitionen machen rund ein Drittel der Wirtschaftsleistung der Provinz aus, neben Taiwan kommen diese vor allem aus Hongkong, der Schweiz, Singapur und den Vereinigten Staaten. Deutsche Investitionen sind in der Provinz noch unterrepräsentiert.
Dabei hat Fujian auch deutschen Unternehmen einiges zu bieten: Eine sich schnell entwickelnde High-Tech-Wirtschaft, gute Infrastruktur, Nähe zu globalen Wachstumsmärkten und eine Reihe von Anreizen für ausländische Investierende. Dazu zählen Freihandelszonen und Industrieparks.
Besonders auf der Zulieferindustrie hat sich die Provinz fokussiert: Etwa im Bereich der Elektronik und Informationsindustrie (zum Beispiel der LCD- und Laptop-Fertigung) und im Automotive-Bereich. Weitere Wirtschaftsschwerpunkt sind die Petrochemie, Bergbau, Textilindustrie und der Maschinenbau. Künftig liegt der Fokus zudem auf den Bereichen Nahrungsmittel und neue Energien, neben dem weiter wachsenden Informationssektor. Besonders die Windkraft könnte hier profitieren, denn mit ihrer Lage an der Formosa-Straße kann die Provinz die guten Windbedingungen nutzen, die auch Taiwan in den vergangenen Jahren zu verstärkten Investitionen in die Windkraft bewogen hat.
Infos: Invest in Fujian
Digitaler Yuan – ein neuer Schritt im Geldverkehr?
Anfang März ging die Nachricht über die Ticker, dass die chinesische Regierung 50.000 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern in Peking den Gegenwert von je 25 Euro (200 Yuan) des digitalen Yuan geschenkt hat. Die chinesische Zentralbank testet damit in einem Pilotprojekt sogenannte CBDC – Central Bank Digital Currency, zu Deutsch: ein digitales Zentralbankgeld. Damit zeigt sich das Land als ein Vorreiter auch bei der Implementierung von Kryptowährungen. Digitales Bezahlen ist ohnehin weit verbreitet in China, Alltagsgeschäfte jeder Art werden heute selbstverständlich mit dem Handy durchgeführt.
Mit dem Digitalen Yuan geht es nun einen Schritt weiter. Wie Bitcoin ist er eine Kryptowährung, unterscheidet sich aber stark von ersterer: Während Bitcoin auf einem dezentralen, quelloffenen Netzwerk gespeichert und ausgetauscht werden, wird der digitale Yuan von der Zentralbank ausgegeben, die auch die Hoheit über die Technik und Infrastruktur des Systems behält. Er ist zudem kein Spekulationsobjekt, da sein Wert von der Zentralbank vorgegeben wird.
Nutzerinnen und Nutzer können über die App ihrer Bank auf das Geld zugreifen und damit bezahlen – große Einzelhandelsplattformen wie JD.com machen bereits beim Pilotprojekt mit.
Die digitale Währung hat viele Vorteile gegenüber Bargeld: Transaktionen sind schneller und kostengünstiger. Zahlungen können auch ohne Bankkonto empfangen und versandt werden, womit auch Menschen ohne Konto Zugang zum Markt erhalten – von denen es weltweit immer noch Milliarden gibt.
Für die chinesische Regierung ergeben sich zudem mehrere Vorzüge: CBDCs lassen sich einfacher überwachen und verfolgen, ihr Wert kann kontrolliert werden (Verzinsung), sie bieten eine Alternative zu den beiden marktvorherrschenden, privaten Bezahlsystemen von den Internetriesen Alibaba und Tencent und zuletzt schaffen sie ein international vom US-Dollar unabhängiges Transaktionssystem. Mit ihm könnte der Yuan international eine höhere Bedeutung erlangen – gerade im Zusammenspiel mit den Infrastrukturprojekten der Neuen Seidenstraße.
Übrigens: Auch die europäische Zentralbank arbeitet am Zentralbankgeld, wenn auch noch nicht so weit fortgeschritten wie in China.
Webseiten in China betreiben
Das Internet in China ist eine Parallelwelt zu unserem Netz – ausländische Websites sind vielfach nicht oder nur sehr langsam erreichbar, jede Form des Datenaustausches wird stark zensiert und konstant überwacht und viele beliebte westliche Seiten haben eigene Pendants (siehe unseren letzten Brief).
Im Wesentlichen läuft der gesamte Verkehr zwischen China und dem Rest der Welt über zehn Kernzugangspunkte ab (The Great Firewall). Die begrenzte Anzahl von Zugangspunkten schafft Leistungsengpässe für alle Benutzerinnen und Benutzer in China, wenn sie versuchen, von innerhalb und außerhalb des Landes auf Websites zuzugreifen. Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie kontrolliert den Internetverkehr. Es gibt drei staatliche Anbieter, China Unicom, China Telecom und China Mobile. Diese steuern das Internet.
Westlichen Unternehmen, die in China online aktiv werden wollen, bleiben nur begrenzte Möglichkeiten. Stehen ihre im Westen gehosteten Seiten nicht auf einer Blacklist (dann ist der Zugriff überhaupt nicht möglich), ist der Zugriff für Chinesinnen und Chinesen meist langsam, da die Anfragen erst mehrere Sicherheitsnetze durchdringen müssen.
Eine eigene Internetseite in China zu betreiben, ist mit Hürden versehen: Dazu benötigt es ein eigenes Unternehmen in China (Business License) und zusätzlich eine Domain-Registrierung und die ICP-Registrierung (Internet Content Provider License). Ist das geschafft, gibt es die Möglichkeit, in China tätige Clouds für das Hosting zu nutzen – so hat zum Beispiel Amazon eine eigene China-Cloud.
Eine Alternative kann ein chinesisches Content Delivery Network (CDN) sein. Hier werden die Inhalte lokal in China zwischengespeichert und Userinnen und User in China müssen nicht auf Server von außerhalb zugreifen – unterliegen aber noch den gleichen Hürden der Great Firewall.
Auch im Arbeitsalltag in China gibt es einige Besonderheiten: Neben blockierten Websites sind auch VPN-Dienste vielfach blockiert oder funktionieren nur eingeschränkt – wer in China arbeitet und auf westliche Dienste zugreifen will, kann das nur bedingt.
Investitionsabkommen EU – China
Zum Ende des vergangenen Jahres einigten sich nach sieben Verhandlungsjahren die EU und China auf ein Investitionsabkommens. Ziel ist ein besserer Marktzugang für Unternehmen auf beiden Seiten. Die einzelnen Beschlüsse und Folgen des Abkommens hat Germany Trade & Invest zusammengefasst.
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