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19.2.2021 - Reinhard Wirtz

„Viele sind sich über die Folgen des Brexit noch gar nicht richtig im Klaren.“

Internationales

Auswirkungen des EU-Austritts auf die Wirtschaft und den Handel im Vereinigten Königreich

Außenhandelsexperte Peter Decu
Außenhandelsexperte Peter Decu © Peter Decu, Brelon Ltd.

Peter Decu ist für Bremen in London aktiv. Er kennt die britische Wirtschaft und ist überzeugt, dass viele Unternehmen die Tragweite des Brexit erst noch in ihrem vollen Ausmaß zu spüren bekommen.

Der Geschäftsführer der britischen Brelon Ltd. Ist seit Jahresbeginn neuer Londoner Partner von Bremeninvest, der Auslandsmarke der WFB. Der Außenhandelsexperte Decu war zuvor 31 Jahre beim Handelshaus C. Melchers GmbH & Co. KG tätig, davon 23 Jahre als Büroleiter in Schanghai. Im Auftrag der WFB führt er nun mit seinem Unternehmen Brelon Ltd. die Vermarktungstätigkeiten für das Land Bremen im Vereinigten Königreich durch.

Herr Decu, wie nehmen Sie die Stimmung in der Wirtschaft vor Ort wahr?
Peter Decu: Ähnlich der fast vorherrschenden Parität, die bei der ursprünglichen Abstimmung des Referendums bestand, ist hier die Einstellung zum Brexit ebenso geteilt. Meine Wahrnehmung ist, dass viele sich über das Ausmaß des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU und der damit verbundenen Folgen noch gar nicht richtig im Klaren sind.

Die seit dem Frühjahr 2020 vorherrschende Corona-Situation und die damit verbundenen Notfall-Maßnahmen in den Unternehmen haben den Fokus 2020 auch in eine ganz andere Richtung gelenkt. Mein Gefühl ist, dass bei einigen nun eine Art Ernüchterung und Erwachen eintritt, was der Brexit für das Vereinigte Königreich bedeutet.

Welche Hilfestellung können Sie Bremer Unternehmen anbieten, die in den vergangenen Jahren Geschäftsbeziehungen mit britischen Partnern gepflegt haben, und die nun durch den Brexit mit erheblichen Problemen konfrontiert sind?

Peter Decu: Die Bandbreite der Anforderungen wird sicherlich sehr divers sein. Die sich durch den Brexit ergebenden grenzüberschreitenden administrativen Auflagen und Änderungen sind aber wohl die bedeutendste Herausforderung. Der Vorteil von Brelon ist, dass wir Erfahrung haben in Lösungen, die man individuell anpassen kann.

Welche strategischen Optionen bieten sich an für international aufgestellte Firmen, die bisher von Großbritannien aus Märkte in der EU bedient haben?

Peter Decu: Es gibt natürlich einige internationale Unternehmen, die Großbritannien vor dem Referendum als Sprungbrett für den europäischen Markt gewählt haben und nun durch den Brexit von draußen durchs Fenster in ihre Absatzgebiete schauen. Es stellt sich somit nicht nur für britische, sondern erneut auch für diese Unternehmen die Frage, sich direkt auf europäischem Boden zu etablieren. Das wird wiederum je nach dem jeweiligen Geschäftsmodell ganz unterschiedliche Ansätze haben können, und wir möchten dabei Bremen als einen potentiellen Standort bewerben.

Welche Optionen bieten sich da für internationale Unternehmen an?

Peter Decu: Ob das ein Liaison Office oder eine komplette Umverlegung einer Produktion ist, eine reine Vertriebsgesellschaft, eine Art Außenlager zur schnellen Bedienung des Marktes, allen Möglichkeiten sind hier keine Grenzen gesetzt und müssen individuell bedient werden. Bremen hat da Standortvorteile, die stark hervorzuheben sind und die Hansestadt von anderen Anbietern deutlich unterscheidet. Mit dem erfahrenen Team der Wirtschaftsförderung hat das Bundesland ferner ein hervorragendes Instrument für Neuansiedler, um die PS sehr schnell auf den Boden zu bringen. Wir erhoffen uns gute Chancen für entsprechende Ansiedlungen von Unternehmen.

Die Corona-Pandemie verschärft etliche Probleme, die mit dem Brexit entstehen, noch zusätzlich. Welche Möglichkeiten haben Sie derzeit, als Partner von Bremeninvest aktiv zu werden?

Peter Decu: Derzeit kann man nur digital aktiv sein. Dennoch gibt man einem Partner das Gefühl, direkt vor Ort und daher greifbar zu sein. Generell hat sich weltweit gezeigt, dass die Art und Weise, wie wir gewohnt waren, uns international zu bewegen, so erst einmal für eine geraume Zeit stark eingeschränkt sein wird. Es ist also auch ein dem Coronavirus geschuldeter Vorteil, als WFB hier vor Ort präsent zu sein. Eine Bearbeitung des Marktes im Markt ist also gerade durch die Corona-Krise ein Muss.


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