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31.1.2025 -

Briefe aus Vietnam: Ausgabe Winter 2025

Internationales

Informationen und Wissen rund um Wirtschaft und Investitionen in Vietnam

Stadt bei Nacht
© canva

Wie wirken sich die Rundumschläge aus dem Weißen Haus auf die Wirtschaft Vietnams aus? Und könnte die aktuelle Verwaltungsreform Nachteile für ausländische Investorinnen und Investoren bedeuten? Diese und mehr Themen im aktuellen Brief auf Vietnam.

Aus Ho-Chi-Minh-Stadt berichtet Huong Thi Hoang, Direktorin unseres Bremeninvest-Büros, und gibt uns regelmäßig einen Überblick über Trends, Chancen und neue Entwicklungen im Land. Wollen Sie die neuesten Newsletter abonnieren? Dann geht es hier entlang!

Unsere Themen im Winter 2025:

Verwaltungsreform stellt Ministerien auf den Prüfstand – und Geduld der Investorinnen und Investoren

Mensch mit Flagge
Effizienter und sparsamer - so soll die neue vietnamesische Verwaltung nach der Reform aussehen © Tat Tran

Der 2024 neu zum Staatspräsidenten und Generalsekretär der Kommunistischen Partei ernannte To Lam hat eine weitreichende Verwaltungsreform in die Wege geleitet. Zur Disposition stehen vier Ministerien, vier Regierungsbehörden sowie fünf staatliche Fernsehsender. Insgesamt sollen 20 Prozent aller Regierungsmitarbeitenden entlassen werden – Schätzungen zufolge könnten bis zu 100.000 Personen betroffen sein.

Ziel, laut Regierung, ist es, den Verwaltungsapparat zu verschlanken, Doppelstrukturen abzubauen und effizientere Prozesse einzuführen. Zudem soll die Maßnahme finanzielle Mittel für Investitionen freisetzen, insbesondere für langfristige Infrastrukturprojekte wie Häfen, Eisenbahnverbindungen und Straßen.

Die Reaktionen auf diese Reform sind geteilt. Während von einigen Investorinnen und Investoren grundsätzlich Effizienzbemühungen begrüßt werden, sehen andere die Axt-im-Wald-Manier der Parteileitung längst kritischer. So befürchten einige jetzt ein zunehmendes Chaos, unklare Zuständigkeiten und noch längere Verwaltungsprozesse, bis sich der Staub der Bürokratie-Abrissbirne gelegt und neue Prozesse gefunden haben.

Im ohnehin schon durch langwierige und undurchsichtige Verwaltungsprozesse und Gesetze gekennzeichneten Vietnam sind das realistische Befürchtungen, wie auch der Business Confidence Index der EuroCham (Zusammenschluss europäischer Handelskammern) bestätigt. Eine Mitgliederbefragung im vierten Quartal 2024 zeigte, dass kurzfristige Beeinträchtigungen im Arbeitsablauf erwartet werden, während die langfristigen Effekte der Reform als potenziell positiv eingeschätzt werden.

Vietnam stärkt Finanzsektor und gründet zwei Finanzzentren

Stadt bei Nacht
Da Nang ist bekannt für lange Strände und Tourismus - bald soll hier ein neues Finanzzentrum entstehen © Tung/unsplash

Für eine wirtschaftlich wachsende Nation wie Vietnam ist der Bankensektor eine Schlüsselindustrie, um das notwendige Kapital für das Wachstum bereitzustellen. Die Industrie zeichnet sich dabei durch eine große Heterogenität aus, wenn es um ihre Zukunftsfähigkeit geht.

Einerseits gibt es eine starke staatliche Abhängigkeit – die größten Banken sind mehrheitlich in Staatsbesitz – und strenge Regularien rund um Akquisitionen und internationale Verflechtungen: So können bisher inländische Banken regulär nur zu 30 Prozent von ausländischen Institutionen akquiriert werden.

Gleichzeitig entstand in den vergangenen Jahren eine hohe Dynamik im Bereich Digitalisierung und Start-ups – der sogenannte FinTech-Sektor wächst stark und zieht viele Kundinnen und Kunden in dem jungen Land an. Zudem verzeichnet der Aktienmarkt Vietnams ein starkes Wachstum und auch durch die zahlreichen Freihandelsabkommen haben sich die Bedingungen für Investor:innen deutlich verbessert. Um den Finanzsektor weiter zu optimieren, plant die Zentralbank Vietnams zudem eine Lockerung der Regularien sowie eine Reduzierung des Staatsanteils an ausgewählte Banken auf 51 Prozent.

Ein größeres Zukunftsprojekt wurde zudem in den beiden Städten Ho Chi Minh City (HCMC) und Da Nang gestartet: An beiden Orten sollen neue Finanzzentren entstehen. Während in Ho Chi Minh City ein internationales Finanzzentrum im District 1 und Thu Thiem-Stadtquartier errichtet wird, soll sich in Da Nang ein regionales Finanzzentrum entwickeln, für das eine Fläche von 6 Hektar in einem 62 Hektar großen Industriepark vorgesehen ist.

Die beiden Finanzzentren verfolgen unterschiedliche Ziele: In der Millionenstadt HCMC liegt der Fokus auf der internationalen Finanzindustrie, insbesondere dem Ausbau der Börsen sowie der Entwicklung von Rohstoff- und Währungsmärkten. Zudem sollen dort international agierende FinTech-Unternehmen angesiedelt werden. Die Regierung plant, langfristig mehr als 100 globale Finanzinstitutionen an diesem Standort anzusiedeln.

Da Nang hingegen konzentriert sich auf Nischenmärkte und will sich durch Spezialisierung profilieren. Hier sollen vor allem innovative Finanztechnologien wie Blockchain, Green Finance und Künstliche Intelligenz Investorinnen und Investoren anziehen, die auf technologiegetriebene Entwicklungen setzen. Das Financial Center von dort bekommt dabei Unterstützung unter anderem aus Europa: So unterstützt Ex-Vizekanzler Philipp Rösler mit seinem Unternehmen die Entwicklung des Finanzplatzes.

USA-Vietnam-Beziehungen: zwischen Handelsvorteil und Zollrisiko

Containerschiff
Im Port of Los Angeles kommen zahlreiche der Handelswaren aus Vietnam an © Sven Piper

Vietnam hat in den vergangenen Jahren erheblich von den Handelskonflikten zwischen China und den USA profitiert. Viele Unternehmen, sowohl chinesische als auch US-amerikanische, verlagerten ihre Produktion oder erweiterten ihre Betriebsstätten, um Handelsrestriktionen zu umgehen, die unter der Regierung Trump I eingeführt wurden. Das Ergebnis dieser Politik war ein stark steigender Handelsbilanzüberschuss Vietnams gegenüber den USA, der 2024 über 110 Milliarden Dollar erreichte. Rund ein Drittel aller vietnamesischen Exporte gehen mittlerweile in die USA. Die Entwicklungen haben zudem erheblich zum starken Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre beigetragen.

Der Überschuss könnte in der Regierung Trump II auf Unmut stoßen. Bereits vor der Wahl hatte der designierte Präsident diversen Nationen angekündigt, Strafzölle zu erheben, um die Abhängigkeit von ausländischen Importen zu verringern und die heimische Produktion zu stärken. Angesichts des hohen Handelsdefizits mit Vietnam könnte das Land als ideales Ziel für solche Maßnahmen betrachtet werden, da es selbst nur begrenzte Möglichkeiten für Gegenmaßnahmen hat.

Obwohl die US-Regierung bislang noch keine offiziellen Aktionen verlautbart hat, reagiert die vietnamesische Führung bereits vorsorglich. Regierungsvertreter kündigten an, verstärkt US-Produkte wie Gas, Öl, Flugzeuge und Medikamente zu importieren. Ob das ausreicht, um drohenden Strafzöllen zu entgehen, bleibt abzuwarten.

Ein weiteres mögliches Problem könnte die stete Abwertung des vietnamesischen Dongs gegenüber dem US-Dollar darstellen. Sie könnte von der US-Regierung als Währungsmanipulation gewertet und mit weiteren handelspolitischen Maßnahmen beantwortet werden. Auch hier gilt es, die nächsten Schritte aus Washington abzuwarten.

Neues Elektrizitätsgesetz eröffnet Weg für erneuerbare Energien

WKA
Windkraft ist Teil des neuen Gesetzes

Über das Bekenntnis Vietnams zu erneuerbaren Energien hatten wir bereits berichtet. Nun hat das Land einen entscheidenden Schritt dafür getan und ein neues Elektrizitätsgesetz verabschiedet, welches das bisherige ersetzt. Die Details können an mehreren Stellen nachgelesen werden (zum Beispiel hier), im Großen und Ganzen geht es aber darum, neue Mechanismen rund um die Entstehung, Produktion und Vertrieb von Strom einzubringen, die Flexibilität zu erhöhen und neue Marktmechanismen zu etablieren.

Internationale Investorinnen und Investoren wie auch vietnamesische Firmen aus dem Sektor sehen hier bereits neue Marktchancen und versuchen, Kooperationen zu schließen, insbesondere im Bereich Wasserstoff. Ein Beispiel ist etwa der „Vietnam ASEAN Hydrogen Club“, der zum Beispiel im Februar eine ASEAN-Deutsche Wasserstoff-Konferenz in HCMC organisiert.

Neben den Verkauf von Dienstleistungen und Produkten oder der Realisierung von Projekten (zum Beispiel ein projektiertes Megavorhaben in der Provinz Binh Dinh mit perspektivisch bis zu 2.000 MW an Elektrolyse-Leistung, bei dem Siemens Energy bereits im Gespräch ist) wird damit auch der Bereich Ausbildung & Weiterbildung im Bereich Wasserstoff interessant, bei dem Deutschland vom enorm guten Ruf seiner Ausbildung im Bereich der Ingenieurswissenschaften profitieren kann.

Bremeninvest weckt Neugier in Hai Phong

Gruppenbild
Vertreter:innen aus Haiphong freuen sich über die Bremeninvest Infotage

Im Herbst 2024 fand der erste „Bremeninvest Info Day“ in der nordvietnamesischen Küstenstadt Hai Phong statt, unweit der Hauptstadt Hanoi. Bremeninvest begrüßte mehr als 50 Teilnehmende aus verschiedenen Industriebranchen. Die Info Days sollen die lokale Wirtschaft dazu ermutigen, Kooperations- und Ansiedlungsmöglichkeiten in Bremen zu erkunden. Als Hafenstadt teilt Hai Phong viele Synergien mit den Stärken Bremens, insbesondere im Bereich Logistik und maritime Wirtschaft. Auch die SV Werder Bremen GmbH & Co KG aA war vor Ort und fungierte als Botschafterin der Bundesliga in Vietnam, um die Begeisterung für den Sport zu entfachen. Darüber hinaus nahm die Bremer Delegation eine Einladung zu einem Kennenlerntreffen mit Deutschlands neuer Botschafterin in Vietnam, Margarete Barth, wahr.

Vietnamesische Fußballkünstler zu Besuch beim SV Werder Bremen

Menschen schauen in die Kamera und sind happy
Die beiden Influencer aus Vietnam (mitte)

Begeisterung für Sport entfachen – unter diesem Motto kooperieren Werder Bremen und Bremeninvest in Vietnam seit zwei Jahren. Der Verein ist als Botschafter der Bundesliga in Vietnam aktiv. Aus dieser Partnerschaft sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Austauschprojekte entstanden.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit waren die vietnamesischen Influencer Tuyen Van Hoa und Phat Freestyle auf Einladung des Fußballvereins in Bremen im Herbst 2024 zu Gast. Ziel war es, die Bekanntheit der Stadt Bremen, der Bundesliga und von Werder Bremen in Vietnam weiter zu steigern. Während der Halbzeitpause des Spiels gegen Leverkusen stellten die beiden Internetstars ihr fußballerisches Können unter Beweis und teilten diese Aktionen im Nachhinein mit ihrem Millionenpublikum. Später luden sie Mitglieder der vietnamesischen Community in Bremen zu einem gemeinsamen Event auf dem Gelände des SC Huchting ein. Bremeninvest unterstützte die internationale Sport-Freundschaft mit Kontakten und Koordination.

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