+49 (0) 421 9600-10
18.10.2024 - Insa Lohmann

Musikstar aus Bits und Bytes

Kreativwirtschaft

Wie eine Bremer Kreativagentur Europas ersten KI-Sänger erschaffen hat

Ben Gaya
Der Sänger Ben Gaya existiert nur virtuell. © construktiv/Anyland

Über eine Million Userinnen und User haben sich das Reel zur Debüt-Single von Ben Gaya auf Instagram angeschaut. Das Besondere: Ben ist ein mithilfe Künstlicher Intelligenz generierter Sänger – er existiert nur virtuell. Entwickelt hat den singenden Avatar die Bremer Marketingagentur construktiv, um neue Online-Werbestrategien auszutesten.

Es ist die perfekte Sommerkulisse: Goldener Sandstrand, Meeresrauschen, Palmen, die sich im Wind neigen, gleißendes Licht und ein gutaussehender junger Mann, der in einem Chevrolet dem Sonnenuntergang entgegenfährt. Verträumt blickt er auf den Strand und singt über Sonne und Gefühle. Das Video „Sunshine Soul“ von Sänger Ben Gaya erschien im Juli 2024 auf der Social Media-Plattform Instagram (ben.gaya.avataro) und wurde 1,2 Millionen Mal angeklickt. Der Clou: Ben Gaya ist kein realer Mensch. Figur, Song und Video sind eine digitale Inszenierung von zwei Bremer Unternehmen, die mithilfe künstlicher Intelligenz geschaffen wurde. Damit ist Gaya der erste KI-generierte Musikstar in Europa. Sein Erfolg reicht bis nach Spanien und Peru.

Überrascht vom Hype

Die Entwicklerinnen und Entwickler sind selbst immer noch ein wenig überrascht von dem Hype um Ben Gaya. „Wir hätten nie damit gerechnet, dass er solche Wellen schlägt“, sagt Björn Schneider, Geschäftsführer der Bremer Kreativagentur construktiv, die hinter der Figur steckt. Denn: „Eigentlich war Ben eine Art Forschungsprojekt. Wir wollten damit zeigen, was KI kann und was alles möglich ist“, sagt der 32-Jährige.

Das Thema Künstliche Intelligenz beschäftigt die Bremer Agentur schon länger. Befeuert wurde das Interesse mit der wachsenden Popularität des kostenlosen KI-Tools ChatGPT. „Wir dachten: Wow, auf einmal können wir alles machen“, erinnert sich Schneider. „Aber der rasante Fortschritt bereitete uns auch Sorge. Wir fragten uns: Was macht das mit unserem Geschäftsmodell?“ Kurzerhand gründete sich in der Agentur eine Arbeitsgruppe aus Profis im Programmieren, Texten, Grafiken erstellen und weiteren Bereichen. Sie durchleuchtete das Thema KI gründlich und entwarf Strategien, wie man diese in die Arbeit des Betriebs einbinden könnte. Das von Agenturgründer Kai Tietjen initiierte Projekt um den KI-Avatar Ben ist eine der Ideen, die daraus hervorging.

Ben Gaya wurde digital erschaffen.
Ben Gaya wurde digital erschaffen. © WFB/Jens Lehmkühler

Ein Sonnyboy, erschaffen am Computer

Das Team von construktiv nutzte unterschiedliche Tools, um aus der Idee den digitalen Musiker Ben Gaya werden zu lassen: Song, Stimme, Aussehen, Musikvideo – alles wurde durch technologische Innovationen kreiert. Ben sei gerade deswegen so besonders, weil er Künstliche Intelligenz in all ihren Facetten zeige, sagt Björn Schneider. So entwarf die Agentur zunächst ein Profil inklusive eigener Biografie für den Musiker: Ben Gaya ist 25 Jahre alt, 1,85 Meter groß, Single, in Namibia geboren, spricht Englisch, Deutsch und Niederländisch, lebt in Amsterdam und Berlin, mag Lady Gaga und hat einen Hund namens Russell. Schneider: „Wir wollten ihn so nahbar wie möglich machen.“

Mit dem Programm Midjourney gestalteten die Entwicklerinnen und Entwickler ein Porträt von Ben. Heraus kam ein attraktiver Lockenkopf, ein Sonnyboy, der möglichst viele Menschen ansprechen sollte. Mithilfe eines weiteren Programms wurden schließlich die gewünschten Sounds und Liedtexte erstellt. Das passende Video produzierten Mitarbeitende der Bremer Schwester-Firma Anyland in ihrem eigenen KI-Designstudio.

„Ben hat eigene Fans auf Instagram“

„Es ist beeindruckend, was heute möglich ist. Aber wir wollten damit nicht ins Musikbusiness einsteigen“, betont Schneider. Die Bremer Firma setzt die Figur in erster Linie als virtuellen Influencer ein, um Werbestrategien auf Social Media zu testen. Und den ersten Werbedeal hat Ben auch schon an Land gezogen: Für die jährlichen Kids‘ Choice Awards des Fernsehsenders Nickelodeon steuerte er im Juli einen Song samt Video mit der Cartoonfigur SpongeBob Schwammkopf bei. Ben Gaya ist zu einer eigenen Marke geworden.

Fragt man Björn Schneider nach dem Erfolgsrezept des Bremer Avatars, sagt er: „Glück und Timing.“ Zum einen seien sie einfach die ersten gewesen, die einen KI-Musiker mit allem Drum und Dran erschaffen hätten, zum anderen gefalle vielen in den sozialen Netzwerken der Sommerhit und Bens charmantes Wesen. „Ben hat richtig eigene Fans auf Instagram.“

Björn Schneider
Björn Schneider, Geschäftsführer der Bremer Kreativagentur construktiv. © WFB/Lehmkühler

Doch hinter dessen Äußeren und den leichten Sommerhit-Beats steckt viel Arbeit. „KI ist grundsätzlich zwar ein niedrigschwelliges Instrument, aber man muss sich schon damit beschäftigen, um gute Ergebnisse zu erzielen“, unterstreicht Björn Schneider. Er geht nicht davon aus, dass Künstliche Intelligenz die Arbeit seiner Agentur und anderer Kreativköpfe irgendwann ersetzen könnte. „Wir haben mit KI zwar eine größere Werkzeugkiste an die Hand bekommen, aber es braucht nach wie vor das Auge von Expertinnen und Experten.“

„Wir müssen uns mit KI beschäftigen“

Neben der Erfahrung im Umgang mit den entsprechenden Tools erfordere solch ein Projekt auch viel Fingerspitzengefühl. Denn mit Künstlicher Intelligenz geht eine große Verantwortung einher, wie Schneider sagt. „Mit KI kann man auch viel Quatsch machen.“ Grundsätzlich sei das Feedback zu Ben Gaya sehr positiv gewesen, aber es habe auch kritische Stimmen gegeben. Schneider versteht die Skepsis. „In Deutschland sind wir generell sehr vorsichtig, was technologische Innovationen angeht. Aber wir müssen uns mit KI beschäftigen, denn sie kann an vielen Stellen Türen und Chancen öffnen.“

Die Firmenkunden der Bremer Agentur, zu denen Größen wie OBI, REWE oder KAEFER Deutschland gehören, seien dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Bremer Firma möchte auch andere Menschen von KI überzeugen. „Wir wollen aufklären, was möglich ist“, betont Schneider. Für die Schöpferinnen und Schöpfer von Ben Gaya heißt das auch: Egal, ob Foto, ein Post bei Instagram oder ein ganzes Musikvideo – jede Kreation, die mittels Künstlicher Intelligenz erstellt wurde, wird als solche gekennzeichnet, niemand soll von den Möglichkeiten getäuscht werden.

Und wie geht es mit dem Bremer Avatar weiter? „Ben wird auf jeden Fall weiterleben“, so Schneider. Virtuell versteht sich.

Pressekontakt: Dr. Pia Schreiber, Pressesprecherin construktiv, Tel.: +49 421 27867-270, E-Mail: ps@construktiv.de
Autorin: Insa Lohmann

Bildmaterial: Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Der Sänger Ben Gaya existiert nur virtuell. © construktiv/Anyland

Foto 2: Ben Gaya wurde digital erschaffen. © WFB/Jens Lehmkühler

Foto 3: Björn Schneider, Geschäftsführer der Bremer Kreativagentur construktiv. © WFB/Lehmkühler

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Redaktionen den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen. Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an: pressedienst@bremen.de

Erfolgsgeschichten


Pressedienst
19.12.2024
Ein Club als Lebensgefühl

Bremens ältester Club wird 65 Jahre alt – dazu gratulieren sogar die Scorpions. Die Lila Eule war immer mehr als ein Musikclub. Sie war Treffpunkt für Kultur und Politik, ein Ort der Kreativität und politischer Diskussionen. Für ihre Programmkonzeption wurde die Spielstätte bereits mehrfach ausgezeichnet.

Mehr erfahren
18.12.2024
Porridge für die Hosentasche - Studierende aus Bremerhaven entwickeln gesunden Frühstückskeks

Vom Studienfach zum Produkt: Vier Bremerhavener Studierende haben einen gesunden Snack für unterwegs entwickelt. Damit gewannen sie bereits zwei Ideenwettbewerbe. Ob „Opoke“ tatsächlich in Serie gehen wird, steht noch nicht fest. Aber ihre Erfindung kommt gut an und sie überlegen, nach ihrem Abschluss ein Start-up zu gründen.

zur BiS Bremerhaven
Erfolgsgeschichten
18.12.2024
Von Klassisch bis Glitzer

Wer jetzt im Supermarkt oder Schreibwarengeschäft eine Weihnachtskarte kauft, der kommt häufig mit einem Bremer Produkt nach Hause. Denn der Grußkartenhersteller AvanCarte gehört zu den drei größten deutschen Anbietern. Zum 50jährigen Jubiläum verrät Geschäftsführer Henry Garbrecht, welche Motive besonders gut ankommen.

Mehr erfahren