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15.7.2022 - Janet Binder

Schwimmende Kunst

Pressedienst

Dauerwelle, ein ehemaliges Fahrgastschiff auf der Weser

Schiff auf Wasser
Im Mai 2022 eröffnet: Das neue Ausstellungsschiff der Hochschule für Künste Bremen © WFB/Lehmkühler

Aus einem ehemaligen Fahrgastschiff hat die Hochschule für Künste Bremen einen beweglichen Raum für Kunst gemacht. Nutzen können die „Dauerwelle“ Studierende und Lehrende für Ausstellungen, Konzerte oder Lesungen. Besucherinnen und Besucher sind willkommen.

Veranika Khatskevich ist ein bisschen nervös. Gleich wird die Studentin der Hochschule für Künste (HfK) Bremen ihre Diplomarbeit mit dem Titel „Postnatur“ präsentieren. Sie macht noch ein paar letzte Handgriffe an ihrer Multimedia-Installation: Insgesamt 22 1,20 mal 1,80 Meter große, weiße Tücher hängen kreuz und quer von der Decke. Für die Strukturen darauf hat sie sich aus der Natur inspirieren lassen. Auf die Stoffe wird die 30-Jährige Videos projizieren. 

Wer sein Auge von der Installation weg durch die Fenster im Raum schweifen lässt, sieht Weserwasser. Veranika Khatskevich und drei weitere Studierende stellen ihre Abschlussarbeiten als eine der ersten auf der „Dauerwelle“ aus – einem umgebauten Fahrgastschiff, das die HFK sich als schwimmenden Ausstellungs- und Eventraum zugelegt hat. „Ich finde den Ort richtig schön, er ist etwas ganz besonderes, keine normale Galerie“, sagt Veranika Khatskevich. 

Ein nomadischer Ort für die HfK

Das Zwischendeck wurde auf dem Schiff entfernt, ebenso die Bestuhlung. Entstanden ist so ein großer, lichtdurchfluteter Raum mit zwei übereinanderliegenden Fensterreihen. Veranika Khatskevich freut sich, mit den Gegebenheiten spielen zu können: „Abends spiegelt sich das Wasser unter der Decke vom Schiff“. Festgemacht hat das fahrtüchtige 53 Meter lange Schiff zu dieser Zeit in der Bremer Innenstadt an der Bürgermeister-Smidt-Brücke, gleich neben der Weserburg, dem Museum für Moderne Kunst, und gegenüber der Kneipenmeile Schlachte. „Die Hochschule hatte die Idee, einen nomadischen Ort zu schaffen“, sagt HfK-Professorin Katrin von Maltzahn. Stets in Bewegung bleiben, das ist das Ziel der HfK.

Der Name „Dauerwelle“ macht erst einmal neugierig. Mit der Frisur hat das Schiff nicht viel zu tun, das ist schnell klar. Wer sich dem Schiff nähert, sieht, dass unter dem Namen in blauen Großbuchstaben Hochschule für Künste Bremen steht. Mit dem Namen „Dauerwelle“ sind doch eher die Wellen der Weser gemeint, wenn ein Binnenschiff vorbeifährt und das Schiff in Schwingung bringt. Ausgedacht haben sich den Namen die HfK-Professorin Asli Serbest und die Hamburger Professorin für Architektur und Kunst Mona Mahall. Für sie ist die „Dauerwelle“, an deren Entwurf, Planung und Umsetzung sie drei Jahren gearbeitet haben, nach eigenen Worten auch ein feministisches Konzept: Das Schiff stehe mit seinen beweglichen Raum- und Ausstellungsmöglichkeiten für eine kritische Auseinandersetzung mit statisch institutionellem Denken und organisch unflexiblen Strukturen. 

Studierende aus allen Ecken der Welt

Regelmäßig soll das HfK-Schiff losmachen und an anderen Stellen der Stadt anlegen oder gar auf Flussreise zu gehen. Ein paar Tage nach der Diplomprüfung von Veranika Khatskevich lag es weseraufwärts in der Nähe der Kunsthalle. Das nomadische Konzept passe auch deshalb so gut, weil an der Hochschule viele junge Menschen aus aller Welt studieren, sagt Katrin von Maltzahn. Veranika Khatskevich zum Beispiel kommt aus Belarus. Und Hyunbok Lee, der am selben Tag wie seine Kommilitonin seine Diplomarbeit präsentiert, stammt aus Korea. Vor allem aber sei es schön, nun eine permanente Präsenz der HfK mitten in der Stadt zu haben, findet die Professorin.

Frau auf Reling
Professorin Katrin von Maltzahn steht auf dem Deck des HfK-Schiffes. © WFB/Lehmkühler

Zwar ist der Fachbereich Musik in der Innenstadt in Nachbarschaft zum Schnoor angesiedelt. Der Hauptsitz der Hochschule befindet sich mit dem Fachbereich Kunst und Design aber im historischen Speicher XI in der Bremer Überseestadt und somit etwas abseits der City. „Mit dem Schiff sind wir direkt beim Museum Weserburg, bei der Kunsthalle, bei der Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK) und beim Künstlerhaus“, sagt Katrin von Maltzahn. Der Austausch zwischen den Institutionen und der Hochschule sei traditionell schon immer intensiv gewesen. Doch nun sei der Kontakt noch viel unmittelbarer. Sie nennt dafür ein Beispiel: Die GAK-Leiterin Annette Hans hatte auf dem Schiff ein Werk eines Studierenden gesehen, das daraufhin in einer Ausstellung der GAK gezeigt wurde. 

Bremen als Stadt perfekt zum Studieren

Solche künstlerischen Symbiosen seien in Bremen keine Seltenheit. „Bremen ist eine super Stadt für unsere Studierenden“, sagt Katrin von Maltzahn. „Es gibt hier eine tolle Kunstszene – mit allen Ausrichtungen, die auch in Berlin zu finden sind. Der Vorteil an Bremen ist nur: Hier haben die Studierenden die Chance, alle Akteure kennenzulernen. Das ist in großen Städten viel schwieriger.“ In Bremen seien die Verantwortlichen der Kunst- und Kultureinrichtungen neugierig auf die Studierenden. „Für die Professionalisierung der Studierenden ist das genial, sie können sich ausprobieren, können Kuratoren und Kuratorinnen sowie Leiterinnen und Leiter der Einrichtungen persönlich kennenlernen und so ein Netzwerk knüpfen.“ Und diese Möglichkeit hätten sie nun auch auf dem Schiff – bei Ausstellungen. Performances, Lesungen, Diplompräsentationen oder Vorträgen.

Frau im Schiff
HfK-Studentin Veranika Khatskevich präsentiert ihre Diplomarbeit auf der Dauerwelle. © WFB/Lehmkühler

Noch einen Pluspunkt bietet die „Dauerwelle“, sagt die Professorin: „Wir werden als HfK für die Bremerinnen und Bremer sichtbarer. Diese Öffentlichkeit herzustellen, ist uns ganz wichtig. Wir haben sonst nur die Hochschultage, an denen viele Besucherinnen und Besucher zu uns kommen.“ Einmal im Jahr öffnet sich die HfK für ein Wochenende. Kunstinteressierte können dabei erleben, wie der Alltag in den Studios, Werkstätten und Ateliers aussieht.

Früher als Partyschiff im Ruhrgebiet unterwegs

Die „Dauerwelle“ soll nun ständiger Anlaufpunkt für Kunstbegeisterte sein. Die Geschichte des Schiffes hat nicht wirklich etwas mit Kunst und Kultur zu tun, wenn es auch sein erster Name vermuten ließe: Es wurde 1962 als Fahrgastschiff „Heinrich Mann“ für bis zu 750 Personen auf einer Werft in Magdeburg gebaut. Von 2014 bis Ende 2019 war das Schiff schließlich mit Partygästen und Technofans als „Pirat“ im Ruhrgebiet unterwegs. Dann kaufte es die HfK Bremen bei Ebay Kleinanzeigen und ließ es Ende 2020 unter Aufsicht des technischen Leiters der HfK Peter Lilienthal auf einer Werft im Emsland umbauen. Die „Dauerwelle" wurde durch den Umbau um 60 Tonnen Stahl leichter. Um die Statik zu wahren, kamen 14 Tonnen Kies als Ballast in den Rumpf. Im Mai 2022 wurde es an seinem neuen Liegeplatz in Bremen auf den neuen Namen „Dauerwelle“ getauft. 

Für Veranika Khatskevich wird es Zeit, noch einmal durchzuatmen, bevor ihre Diplompräsentation beginnt. Sie wird an diesem Tag nicht das letzte Mal auf dem Schiff gewesen sein. Auch nach Abschluss ihres Studiums der Freien Kunst bleibt sie an der HfK – als Meisterschülerin. 

Pressekontakt:

Melisa Berktas, Hochschule für Künste Bremen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 49 421 95 95 1030, E-Mail: mberktas@hfk-bremen.de

Bildmaterial:

Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Im Mai 2022 eröffnet: Das neue Ausstellungsschiff der Hochschule für Künste Bremen. © WFB/Jens Lehmkühler

Foto 2: Professorin Katrin von Maltzahn steht auf dem Deck des HfK-Schiffes. © WFB/Jens Lehmkühler

Foto 3: HfK-Studentin Veranika Khatskevich präsentiert ihre Diplomarbeit auf der Dauerwelle. © WFB/Jens Lehmkühler

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Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Journalistinnen und Journalisten den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen.

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