Gute Aussichten für Sozialunternehmen am Standort Bremen
Social EntrepreneurshipGutachten „Social Entrepreneurship“ im Land Bremen erschienen
Sozialunternehmen wollen mit Hilfe sozialer Innovationen eine positive Transformation in Gesellschaft und Wirtschaft in Gang setzen. Um erfolgreich zu sein, brauchen sie die richtigen Rahmenbedingungen. Das Land Bremen nimmt die Bedürfnisse von Sozialunternehmer:innen seit drei Jahren besonders in den Fokus. Mit einem Gutachten wurden nun die Grundlagen für die künftige Unterstützung von Social Entrepreneurship im Land Bremen geschaffen.
Was ist ein Sozialunternehmen?
Unternehmen, die mit innovativen Geschäftsmodellen soziale, ökologische oder gesellschaftliche Probleme lösen, ihre Gewinne in ihre sozialen Zwecke reinvestieren und sozialverantwortlich gegenüber ihrer Umgebung und in ihrer Organisation handeln, heißen Sozialunternehmen. Mehr zur Definition in unserem Artikel.
Das Gutachten wurde von der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa und der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH in Auftrag gegeben und im März 2023 offiziell vorgestellt. Tamara Kassow, Projektleiterin für nachhaltige und alternative Wirtschaftsformen, fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Frau Kassow, Sie kennen die Bremer Sozialunternehmen gut, welche Ergebnisse der Bestandsaufnahme im Gutachten haben Sie persönlich trotzdem überrascht?
Kassow: Zum einen fand ich es interessant zu lesen, dass ein Viertel der befragten Sozialunternehmen vor 2010 gegründet wurden. Wir gehen immer davon aus, dass Social Entrepreneurship ein relativ junger Trend ist. Aber dieser Wert zeigt deutlich, dass im Land Bremen bereits sehr etablierte Sozialunternehmen wirtschaftlich tätig sind. Es freut mich sehr, dass sich diese Unternehmen schon über ein Jahrzehnt am Markt halten und wirken können.
Ebenfalls spannend fand ich die Branchenverteilung der bremischen Sozialunternehmen. Die meisten Bremer und Bremerhavener Sozialunternehmen sind im Bereich Ernährung und Nahrungsmittel/Konsumgüter zu finden (zumindest unter den im Gutachten Befragten). Bildung steht „nur" auf Platz zwei. Das sieht im Bundesdurchschnitt etwas anders aus: Hier führt die Branche Bildung eindeutig mit rund 52 Prozent. Aber auch das spricht ja eine eindeutige Sprache. Denn die Sozialunternehmen in der Nahrungsmittelindustrie spiegeln klar die Bremer Tradition als starker Produktionsstandort der Nahrungs- und Genussmittelindustrie wider.
Gibt es auf der anderen Seite auch Ergebnisse, die Sie so erwartet haben?
Kassow: Zum einen sicherlich, dass Bremen ein vielfältiges Unterstützungsnetzwerk mit vielen Akteur:innen bietet. Und dieses breite Netzwerk wird auch gut von den Sozialunternehmen angenommen. Das nehme ich auch genau so wahr.
Zum anderen zeigte sich im Gutachten, dass parallel zum bundesweiten Trend viele Sozialunternehmen von Frauen gegründet werden. Das finde deshalb so bemerkenswert, weil es in den klassischen Gründungen weniger weiblich zugeht – nur rund jedes zehnte Start-up wird in Deutschland von einer Frau gegründet. Beim Social Entrepreneurship sind es ein Viertel reine Gründerinnen, in Bremen liegen wir über diesem Bundesschnitt.
Was ich auch so oder so ähnlich erwartete war, dass die Finanzierung der Sozialunternehmen in der ersten Gründungsphase große Herausforderungen darstellt. Das erleben wir tagtäglich in den Gesprächen. Auch die fehlende Bekanntheit und Akzeptanz von Sozialunternehmertum ist eine Realität, die wir Schritt für Schritt angehen müssen in Bremen.
Ein wichtiger Teil des Gutachtens war nicht nur die Bestandsaufnahme, sondern auch die Ableitung von Handlungsempfehlungen. Welche Empfehlungen gab es?
Kassow: Das Gutachten hat in fünf Themenfeldern Handlungsempfehlungen ausgesprochen, in denen Sozialunternehmen besonderen Unterstützungsbedarf haben.
Das erste Handlungsfeld ist Finanzierung. Das ist natürlich eine grundsätzliche Herausforderung aller jungen Unternehmen, branchenunabhängig. Für Sozialunternehmen aber oft besonders, da Rechtsform oder Gemeinnützigkeitsanspruch den Zugang zu manchen Finanzmitteln erschweren. Besonderen Bedarf gibt es in der Startphase/Gründungsphase.
Das Gutachten empfiehlt daher die Schaffung niedrigschwelliger und themenoffener Finanzierungsangebote und die Prüfung der Öffnung bereits bestehender Angebote.
Das nächste Handlungsfeld sind die Räumlichkeiten.
Kassow: Bremen hat einen niedrigen Leerstand und gerade für junge Unternehmen kann es herausfordernd sein, passende Räumlichkeiten zu finden. Es gibt niedrigschwellige Angebote wie das Creative Hub, darüber hinaus wurde vereinzelt weiterer Bedarf nach flexiblen und gemeinschaftlich nutzbaren Räumen geäußert.
Wie geht es weiter?
Kassow: Im Handlungsfeld 3 des Gutachtens geht es um Vernetzung und Zusammenarbeit. Es besteht bereits heute ein hoher Vernetzungsgrad im Land Bremen. Optimierungspotenzial wird lediglich darin gesehen, die Angebote einzelner Akteur:innen um einzelne zusätzliche Vernetzungsangebote zu ergänzen. Als WFB engagieren wir uns bereits dabei, in regelmäßigen Workshops Sozialunternehmen und die klassische Wirtschaft zusammenzubringen. Das Gutachten legt hier nahe, diese Ansätze weiter zu verfolgen und um weitere Wirtschaftsakteur:innen wie etwa Kammern und Verbände zu erweitern.
Im nächsten Themenbereich geht es um Sichtbarkeit und Kommunikation. Hier empfiehlt das Gutachten, noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Erste Ansätze haben wir etwa mit der Vergabe des ersten Bremer Sozialunternehmenspreises 2021 schon durchgeführt. Aber auch untereinander fehlt einzelnen Akteurinnen und Akteuren noch Austausch und Vernetzung.
Fehlt noch das letzte Handlungsfeld.
Kassow: Genau: Kompetenzaufbau und Beratung. Hier ist Bremen bereits gut aufgestellt, stellt das Gutachten fest. Beratungs-, Weiterbildungs- und Informationsangebote gibt es auf zahlreichen Ebenen. Einzig beim Thema Messung von Wirkung könnten noch ergänzende Angebote geschaffen werden.
Was geschieht jetzt mit den Ergebnissen?
Kassow: Das Gutachten ist eine wichtige Grundlage für die künftige Unterstützung von Social Entrepreneurship im Land Bremen. Die Handlungsempfehlungen fließen direkt in die künftige Maßnahmenplanung ein. Es ist wichtig, dass wir uns dabei auf eine solide Datenbasis berufen können, die wir hier geschaffen haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr News aus Bremen in unserem Newsletter:
Erfolgsgeschichten
Er sorgt dafür, dass sich das Publikum in wenigen Augenblicken in einer Szene orientieren kann: Weit mehr als hundert Filmproduktionen hat der Bremer Szenenbildner Dennis Duis schon begleitet und dabei mit Bildern und Stimmungen die jeweilige Welt geschaffen, in der die Handlung spielt. Eines seiner jüngsten Projekte wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.
Mehr erfahrenMit ihren Fotos will sie Emotionen einfangen – ganz ohne Kitsch. Das überzeugt nicht nur ihre Kundinnen und Kunden: Die Bremerin Gianna König wurde in diesem Jahr zu Norddeutschlands bester Hochzeitsfotografin gekürt. Dadurch schaffte sie es bis ins Finale des bundesweiten Wedding King Awards.
Mehr erfahrenKinderbetreuung nach Bedarf und dazu ein Schreibtisch – wer spontan und flexibel die eigenen Kinder in die Betreuung geben will, besucht in Bremen Gina Hardt. Mit ihrem Angebot Work & Play schafft sie ein neues Betreuungsangebot für Freiberufler:innen wie auch Angestellte.
Mehr erfahren