„Um morgen nachhaltig zu sein, müssen wir heute schon nachhaltig bauen“
Maritime Wirtschaft und LogistikImmobilienentwickler Goodman setzt auf grüne Logistik- und Gewerbeimmobilien
Urban, nachhaltig und mehrgeschossig– sieht so die citynahe Logistikimmobilie der Zukunft aus? Im Gespräch mit Markus Meyer, Head of Northern Germany vom Immobilienentwickler Goodman.
Herr Meyer, welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit bei Goodman?
Meyer: Grundsätzlich hat Nachhaltigkeit einen sehr hohen Stellenwert bei Goodman. Wir sind ein australisches Unternehmen. In unserem Heimatland kann man den fortschreitenden Klimawandel an zunehmenden, überdurchschnittlichen Hitzewellen und deren Auswirkungen quasi live verfolgen. Unsere Unternehmensphilosophie hat sich auch aus diesem Bewusstsein heraus entwickelt. Unser gesetztes Ziel, bis 2025 CO2 neutral zu werden, haben wir bereits in diesem Jahr erreicht. Das bezieht sich nicht nur auf unsere Immobilien, sondern auch auf unser Handeln im Unternehmen, auf jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter. Wir wollen einer der Pioniere sein im Bereich der nachhaltigen Entwicklung von Gewerbeimmobilien.
Sie sind auf der ganzen Welt aktiv, auch in Bremen haben Sie mehrere Immobilien. Wie äußert sich das Bekenntnis zur Umweltfreundlichkeit in Bremen? Haben Sie da ein Beispiel?
Meyer: Wir haben gerade eine Immobilie im Güterverkehrszentrum Bremen fertiggestellt – ein im Betrieb klimaneutrales Gebäude. Es gibt eine große Photovoltaikanlage auf dem Dach, welche grünen Strom produziert. Das Bürogebäude wird mittels Wärmepumpen beheizt. Zudem entstanden vor dem Haus 20 Elektroladestationen für die Unterstützung der E-Mobilität der Mitarbeiter, sowie Lademöglichkeiten für E-Bikes. Das Bürogebäude hat ein Gründach erhalten.
Zur Nachhaltigkeit gehört für uns auch das „Well-being“ der Angestellten. Mit diesem Ziel haben wir das Interieur der Office- und Sozialbereiche hochwertig gestaltet, was nicht marktüblich ist. Ein Beispiel: Wir haben uns Funktionen und Laufwege im Gebäude angeschaut, um Küchen so zu platzieren, dass sich Lagermitarbeitende und Büropersonal treffen können. Oder ansprechende Pausenbereiche drinnen und draußen hergerichtet, die wettergeschützt sind. Zudem bepflanzen wir die Grünflächen hochwertiger als sonst üblich, um der Natur etwas zurückzugeben.
Sind die Immobilien selbst auch anders konstruiert?
Meyer: Ja, wir haben eine dickere Dämmung verbaut, um nicht so viel der erzeugten Wärme im Gebäude zu verlieren. Industrie-Standard ist mittlerweile LED-Beleuchtung – wir haben das Thema schon seit Jahren auf dem Schirm. Wir statten nicht nur unsere neuen Immobilien mit LED aus, sondern nacheinander auch alle unseren bestehenden Immobilien. Unsere Mieter sparen durch geringere laufende Ausgaben, für uns entsteht dadurch zwar ein höherer Initialaufwand – den wir aber in Kauf nehmen, um CO2 einzusparen.
Neben Beleuchtung und Heizung verbraucht auch die Intralogistik viel Energie – also die Anlagen und Maschinen, die im Gebäude selbst eingerichtet sind, um seine Aufgabe als Lager oder Produktionsstätte zu erfüllen. Haben Sie die auch im Blick?
Meyer: Da sind wir dabei. Die PV-Anlagen auf unseren Dächern sind primär natürlich für die Mieter gedacht – sie können damit günstig Strom beziehen. Da sind die Logistiker aber oft noch nicht so weit, denn es bedeutet häufig eine höhere anfängliche Investition. Ein Beispiel: Wenn tagsüber die Sonne scheint und die Solaranlage Strom erzeugt, sind auch die elektrischen Gabelstapler als Stromverbraucher unterwegs und hängen nicht an den Ladestationen, um zu laden. Abends, wenn sie geladen werden, gibt es keinen Solarstrom mehr. Die Stapler müssten quasi einen zweiten Akku-Satz haben, dann würde es funktionieren, um den tagsüber erzeugten Solarstrom zu nutzen. Diese Investitionen scheuen viele noch, auch wenn einige beginnen, darüber nachzudenken. Unser Ziel ist: Wir bauen die PV-Anlage aufs Dach und machen einen Betreibervertrag mit dem Mieter oder der Mieterin und dieser profitiert am Ende vom produzierten Solarstrom auf dem Dach.
Umweltfreundliche Maßnahmen wie PV erfordern hohe Investitionen. Diese lagern sie nicht auf die Mietenden um?
Meyer: Nein – solange die Mieterin oder der Mieter die Anlage nicht nutzen, speisen wir den Strom ins öffentliche Netz ein.
Wie sieht es bei den anderen Maßnahmen aus? Sind klimafreundliche Immobilien heute vom Markt gewünscht, erwartet oder geben allein die Quadratmeter-Mieten den Ausschlag bei der Entscheidung für eine Immobilie?
Meyer: Wir sind langfristige Investoren. Besonders an Standorten, die auch in den nächsten Jahren starke Nachfrage haben werden, ob nun Bremen, Hamburg oder Düsseldorf, achten wir sehr stark darauf, dass die Gebäude, die wir heute bauen, morgen zukunftsfähig sind. Um Morgen CO2 neutral zu sein, müssen heute nachhaltige Gebäude gebaut werden. Es wird morgen State-of-the-Art sein, klimaneutrale Immobilien zu nutzen – und diese Gebäude bauen wir heute.
Sehen Sie sich als Vorreiter?
Meyer: Ja, ja wir sehen uns als Pioniere. Diese Rolle nehmen wir auch gerne an – wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass es so wie bisher nicht weitergeht und wir die Erderwärmung bzw. die menschengemachte Klimaveränderung eindämmen können.
Wie wichtig wird die Standortfrage bei Logistikimmobilien? Je näher man an den Endverbrauchenden dran ist, umso kürzer sind die Anfahrtswege und umso mehr CO2 spart man ein. Innenstadtnahe Logistikgebäude werden damit attraktiver als je zuvor, auch durch den boomenden E-Commerce-Markt. Welche Entwicklungen sehen Sie da auf sich zukommen?
Meyer: Unsere Strategie ist es, nicht länger auf der grünen Wiese zu bauen. Wir suchen Flächen, die nahe an den Verbrauchenden liegen, das reduziert Fahrwege und schafft kurzfristigere Reaktionszeiten. Wir sind auf urbane Standorte aus, wie zum Beispiel im Bremer Güterverkehrszentrum GVZ, weil es dort langfristig Nachfrage geben wird. Wenn in Bremen dann auch der Autobahnring* geschlossen wird, haben wir eine super Lage, wo wir alles erreichen und die Stadt gut versorgen können.
*Anm. der Red.: Ringschluss der Autobahn A281
Werden die Flächen, die Sie entwickeln, damit kleiner, weil in den innenstadtnäheren Lagen einfach keine großen Freiflächen mehr erhältlich sind?
Meyer: Das ist leider so (lacht). Es werden in Zukunft kleinere Flächen sein, die wir besser ausnutzen müssen. Zum Beispiel, indem wir in die Höhe gehen, gerade an den urbanen Last-Mile-Standorten. Dort muss man Immobilien aufeinander stapeln. Der Endnutzer muss höchstwahrscheinlich damit mehr zahlen, weil die Baukosten für eine mehrgeschossige Immobilie höher sind als für eine eingeschossige. Aber wenn die Lage ein entscheidender Faktor für den Kunden ist, dann führt kein Weg daran vorbei.
Gibt es schon Anwendungsbeispiele für mehrgeschossige Bauwerke?
Meyer: Ja, in Asien betreiben wir viele mehrgeschossige Immobilien, weil da die Flächenknappheit in Städten wie Hongkong noch größer ist als in Europa. Aber auch in London und Paris gibt es diese Entwicklungen. Dort kann man auch gar nicht mehr anders, allein weil die Flächen nicht mehr verfügbar sind.
Und in Deutschland?
Meyer: In Hamburg wird gerade eine zweigeschossige Logistikimmobilie von etwa 50.000 Quadratmetern je Etage mit entsprechenden Rampen und Ladezonen gebaut. Das ist auch ein Forschungsprojekt für uns, um herauszufinden, was die Kundinnen und Kunden daran begeistert oder wo es noch Stellschrauben gibt. Wir haben aber auch bereits die ersten Projektentwürfe für mehrgeschossige Logistikimmobilien in Deutschland in der Schublade.
Natürlich sagen Kundinnen und Kunden heute noch: Solange es ebenerdig Flächen gibt, will ich auch nur diese haben. Aber wenn es später einmal nichts anderes mehr gibt, dann stellt sich die Frage: Was braucht man? Wie gestaltet man die Miete in der ersten und zweiten Etage? Das herauszufinden ist für uns gerade ein wichtiges Thema.
Ein wichtiges Stichwort im Rahmen einer nachhaltigen Flächenentwicklung sind Brownfield-Investments, also bereits genutzte Industrieflächen für neue Projektentwicklungen. Nutzt Goodman diese Flächen?
Meyer: Es ist Bestandteil unserer Strategie, dass wir versuchen, möglichst wenige zusätzliche Grünflächen zu versiegeln. Von daher sind Brownfields für uns wichtig und wir versuchen, diese zu finden und weiterzuentwickeln. Man muss natürlich dazu sagen, dass es schwierige Grundstücke sein können. Zum Beispiel verschüttete Hafenbecken, wo in zehn Metern Tiefe noch Weltkriegsbomben zu finden sein können. Wir haben da ein versiertes Technikteam, welches über eine hohe Expertise auf diesem Gebiet verfügt. Es kommen bei Brownfields leider immer Dinge zum Vorschein, die man vorher nicht sieht und dann ist man auf Expertise angewiesen.
Gibt es noch weitere Zukunftstechnologien, auf die Sie sich als Unternehmen vorbereiten?
Meyer: Ich erwarte, dass Lkw mit Hybridantrieben oder rein per Elektroantrieb fahren werden, sodass die Versorgung mit Strom für Lkw kommen wird – da werden wir Ladestationen an den Verladetoren errichten müssen. Auch für die Pkw werden die Stationen zunehmen. Im Süden von Hamburg bauen wir eine Immobilie mit 60 Ladepunkten. Früher waren es zwei oder drei. Diese Ladeinfrastruktur zu schaffen sehen wir als Aufgabe des Vermieters an.
Wie sehen Sie den Standort Bremen für die Logistik der Zukunft aufgestellt?
Meyer: Ich durfte an einem Meeting zum Gewerbeentwicklungsprogramm 2030 der Stadt Bremen teilnehmen und fand es wichtig, dass man sich klar zur Logistik bekannt hat, eben weil es auch ein wichtiger Teil der hafennahen und industriellen Infrastruktur der Stadt ist. Flächen auszuweisen ist nach wie vor wichtig – etwa den Gewerbepark Hansalinie weiter voranzutreiben. Dass die Stadt dabei Vorgaben macht bezüglich Klimafreundlichkeit, finde ich nur folgerichtig. Dass man sagt: „Ja zu neuen Flächenausweisungen – aber mit nachhaltigen Auflagen “.
Herr Meyer, vielen Dank für das Gespräch!
Über Goodman
Der australische Immobilienentwickler Goodman hat sich ganz auf Logistik und Gewerbe konzentriert. Seit 1989 projektierte und entwickelte der Konzern weltweit mehr als 360 Immobilien und verwaltet sie in eigenen Immobilienfonds. In Bremen hält Goodman sieben Immobilien, die neuste Halle im Güterverkehrszentrum Bremen (GVZ) ging 2021 in Betrieb.
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