In einem Zug vom Hafen ins Hinterland
Maritime Wirtschaft und LogistikNeutral Container Shuttle System GmbH (Necoss) ist auf Ganzzüge spezialisiert
Um die deutschen Seehäfen im Rahmen eines privaten Zugsystems mit Destinationen im Hinterland verbinden zu können, wurde 2002 die Neutral Container Shuttle System GmbH (Necoss) mit Sitz in Bremen gegründet. Dabei hat sich das Unternehmen vor allem auf Ganzzüge spezialisiert.
Als Oliver Meng 2016 bei Necoss einstieg, wurde das Unternehmen gerade neu aufgestellt. „Der Name war bereits bekannt, aber wir mussten auch viel Basisarbeit leisten, um das Vertrauen von Bestandskunden zu festigen, neue Kunden zu gewinnen und zusätzliche Verkehre aufzubauen“, berichtet der Geschäftsführer. „Inzwischen haben wir uns wieder gut auf dem Markt etabliert.“
Geholfen hat dem Bahnlogistikdienstleister dabei, dass die alleinige Gesellschafterin evb, die mit ihren rund 600 Mitarbeitern dem Land Niedersachsen und weiteren kleineren Gemeinden des Bundeslands gehört, als sogenannter Traktionär insgesamt 14 Loks und 60 Lokomotivführer zur Verfügung stellt. Die vorhandenen 106 Waggons sind eigens von Necoss angemietet. Je nach der Entfernung kommen Diesel- oder E-Loks zum Einsatz. „Dass wir eigene Waggons für einen längeren Zeitraum anmieten konnten, ist ein Pluspunkt, da es derzeit schwierig ist, auf dem Markt welche zu bekommen“, erläutert Meng.
Besonderheit: Ganzzüge
Während andere Bahnoperateure fast ausschließlich frei buchbare Bahntransporte anbieten, hat sich Necoss vor allem auf Dedicated-Züge spezialisiert, also solche, die als Ganzes an den Kunden verkauft werden. „Wir übernehmen dabei die Planung, die Beladung, die Verwaltung und die Koordination sowie den Kontakt mit den Terminals“, erklärt Meng. Einige dieser sogenannten Company-Züge werden regelmäßig angeboten, beispielsweise werden für zwei Kunden bis zu fünfmal pro Woche die Relationen zum Stuttgarter Hafen bedient. Überdies verkehren Ganzzüge zweimal pro Woche nach Hannover, ein- bis zweimal wöchentlich nach Göttingen und mehrmals pro Woche nach Soltau. Frei buchbar sind darüber hinaus Züge nach Kornwestheim, Schweinfurt und Nürnberg.
„Ein weiteres Produkt sind Ad-hoc-Dedicated-Züge im gesamten Bundesbiet von Emden bis München“, berichtet Meng. Diese verkehren auf Anfrage, zum Beispiel von Reedereien und Direktkunden. „Viele Kunden nutzen das, weil wir das erforderliche Bahn-Know-how haben. Vor Kurzem haben wir Teile einer ganzen Fabrik von Emden nach Hamburg gefahren, wo sie dann auf ein Schiff verladen wurde“, so Meng. Regelmäßig transportiert werden zudem Teile für die Automobilindustrie sowie Leercontainer, wenn davon große Mengen aus dem Seehafen im Landesinneren benötigt werden. Zum Angebot gehören dabei auch die Vor- und Nachläufe per Binnenschiff und Lkw. Für Letzteres arbeitet Necoss mit verschiedenen Unternehmern zusammen, mit denen feste Slot Agreements abgeschlossen wurden.
Schwerpunkt: Seehafenhinterlandanbindung
Ein weiteres Standbein ist die Verbindung von und zu den Häfen in Bremerhaven, Bremen, Wilhelmshaven und Hamburg. „Zwischen zwei- und fünfmal pro Woche verkehren wir nach einem festen Fahrplan zwischen Bremen und Hamburg“, schildert Meng. „Diese Relation nutzt zum Beispiel einer unserer Großkunden, der regelmäßig Container in Bremen benötigt. Als Rückladung nach Hamburg nehmen wir dann meist Leercontainer mit.“
Zudem werden die Strecken Bremen–Bremerhaven und Bremerhaven–Hamburg sowie von und nach Wilhelmshaven ad hoc angeboten. „Im vergangenen Jahr hatten wir bereits relativ viele Züge nach Wilhelmshaven“, berichtet Meng. „Wir hoffen daher, dass sich das Containerterminal dort weiter positiv entwickelt, und unterstützen es, das weiter voranzutreiben.“ Zudem freut sich Meng auf die Elektrifizierung der Trasse zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven, da dann für diese Strecke nicht mehr ausschließlich Dieselloks erforderlich sind. Die Dedicated-Züge in die Seehäfen sind in aller Regel terminalrein, sodass innerhalb des Hafens keine Umfuhr erforderlich ist.
Wettbewerbsfähig: Kurzstrecken
Neben der Spezialisierung auf Dedicated- und Ad-hoc-Züge sowie den Seehafenhinterlandverkehr im Fernverkehr bietet Necoss auch kürzere Strecken an: „Wenn wir vermehrt in Norddeutschland bleiben, können wir bei Bedarf Waggongruppen und Lokomotiven innerhalb unterschiedlicher Kurzrelationen einsetzen und unseren Kunden somit attraktive Angebote machen“, so Meng. Daher haben wir kürzlich die Relationen nach Soltau und Göttingen hinzugenommen und wollen das Ad-hoc-Geschäft weiter ausbauen. Die Kunst ist es dabei, die Loks, Waggons und Anfragen für Waggongruppen wie bei einem Puzzlespiel optimal zu verbinden.
Insbesondere bei den Kurzstrecken steht die Bahn im Wettbewerb mit dem Lkw. Preislich können wir auch auf Kurzstrecken mithalten“, bekräftigt Meng. Und auch für die Kunden, die nicht genügend Ladung für einen Ganzzug haben, aber eine hohe Frequenz benötigen, hat das Unternehmen eine gute Lösung gefunden: „Zum Stuttgarter Hafen teilen sich zwei ganz unterschiedliche Kunden den Zug, sodass wir bis zu fünfmal pro Woche mit einem Ganzzug unterwegs sind.“
Unerlässlich: zuverlässige Infrastruktur
Voraussetzung für alle Dienstleistungen ist dabei eine funktionierende Infrastruktur. „An der hapert es manchmal allerdings“, bedauert Meng. „Nach dem Sturm im Oktober im vergangenen Jahr ging eigentlich nichts mehr.“ Der Grund: Der Beschnitt des Baumbestands an den Strecken wurde über Jahre vernachlässigt. In Bezug auf die Infrastruktur arbeitet Necoss hingegen seit einiger Zeit an einem Großprojekt: die Stärkung des Bremer Knotens als Verbindungspunkt der norddeutschen Seehäfen. Meng: „Unser Ziel ist es, künftig einen Großteil der Verkehre über Bremen zu ziehen und von dort zu verteilen, sodass wir noch flexibler werden.“
Dieser Artikel stammt aus der Juni-Ausgabe des Magazins Logistics Pilot, herausgegeben von bremenports.
Weitere Informationen zum Logistikstandort Bremen und Bremerhaven erhalten Sie hier oder bei Andreas Born, Innovationsmanager Maritimes Cluster Norddeutschland und Industrie 4.0 , Tel. 0421 361-32171, andreas.born@wah.bremen.de
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