"Wir müssen alle darauf achten, dass wir eine Stadt für die Stadtgesellschaft bleiben."
ImmobilienstandortBremer Immobilienmarkt bleibt robust und attraktiv
Der aktuelle Immobilienmarkt-Report belegt es im Detail: Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erweist sich der Bremer Immobilienmarkt als attraktiv und dynamisch. Thorsten Tendahl, Abteilungsleiter Akquisition und Projekte bei der WFB, kennt sich mit der Materie bestens aus. Er erläutert im Gespräch, wie einzelne Sektoren in 2020 abgeschnitten haben und liefert einen Ausblick auf voraussichtliche Ergebnisse in diesem Jahr.
Herr Tendahl, worin liegt die hervorstechende Charakteristik des Geschehens am Bremer Immobilienmarkt 2020/2021?
Thorsten Tendahl: Für mich liegt die hervorstechende Charakteristik darin, dass wir in diesem Zeitraum keine Einbrüche bei den Büroimmobilien hatten. Alle haben damit gerechnet, dass die Vermietungszahlen bei den Büroimmobilien wegen Corona sinken werden. Im vergangenen Jahr wurden in Bremen jedoch rund 100.000 m² Büroflächen vermietet. Für 2021 rechnen wir mit 110.000 bis 130.000 m², es könnte also der höchste Büroflächenumsatz werden, der hier je verzeichnet wurde. Für Bremen ist das ein sehr erstaunliches Signal, das zeigt, wie stabil dieser Markt ist.
Können Sie besondere Projekte nennen, die derzeit im Bau sind oder die anstehen?
Thorsten Tendahl: Wir haben das Thema am Kopf des Europahafens, wo die Zech Group in großem Stil Neubauten für Büros erstellt, und das in einer sehr markanten Architektur, das hat durchaus Leuchtturm-Charakter. Auf der anderen Seite der Weser gibt es das Tabakquartier, hier hat die Justus Grosse GmbH sehr viele Möglichkeiten, Büros für Dienstleister zu schaffen. Das sind zwei Projekte neben vielen weiteren, die garantiert eine Strahlkraft in das Umland beziehungsweise in die norddeutsche Region entwickeln.
Ist Bremen, was Büroimmobilien angeht, derzeit ein teures oder eher ein gemäßigtes Pflaster?
Thorsten Tendahl: Bremen liegt bei den Preisen eher im mittleren Bereich. Wir hatten in diesem Jahr Spitzenpreise von etwa 13,80 Euro. Von Spitzenpreisen kann man ja nur reden, wenn auch eine gewisse Marktabdeckung zu diesem Preis vorhanden ist. In seltenen Einzelfällen gibt es bei exzellenten Lagen und hervorragenden Qualitäten, zum Beispiel in der Bremer Innenstadt, Preise von bis zu 20 Euro oder sogar darüber hinaus. Aber das sind eben einzelne Spitzen, die nicht den Markt abdecken.
Wie sieht das Bild bei den Logistikimmobilien aus?
Thorsten Tendahl: Auch dort gibt es ein absolutes Rekordniveau. In 2020/21 wurden rund 366.000 m² neu vermietet, der höchste Wert bisher lag bei 298.000 m² in 2013/2014. Allein im Güterverkehrszentrum haben wir inzwischen 1,6 Millionen Quadratmeter Hallenfläche, also rund die Hälfte von den insgesamt 3,2 Millionen Quadratmetern in Bremen. Ein weiterer Schwerpunkt bei den Logistikimmobilien liegt im Gewerbegebiet Hansalinie, dort allerdings rund um das Thema Automobillieferanten, also nicht nur für reine Logistik, sondern mit einer starken Affinität zum industriellen Kern von Mercedes.
Kritische Stimmen argumentieren, dass Logistikimmobilien viele Flächen beanspruchen, aber wenig Arbeitsplätze bringen.
Thorsten Tendahl: Ich würde dem entgegenhalten, dass wir zum Beispiel mit Mercedes einen großen industriellen Arbeitgeber haben, der die Logistik um sich herum braucht, sonst könnte er nicht produzieren. Also auch diese Arbeitsplätze müssen mit eingerechnet werden. Oder wenn Sie zum Beispiel an Kühne & Nagel denken, die ja in der Innenstadt ein großes Bürohaus neu gebaut haben für über 800 Beschäftigte. Die sind auch auf Logistik ausgerichtet, sie werden aber statistisch nicht so gerechnet. Auch Kühne & Nagel hat im Güterverkehrszentrum ein großes Logistiklager. Es gibt eben auch Bürodienstleistungen, die sehr arbeitsintensiv sind, die eine hohe Wertschöpfung haben, und die stark mit dem verbunden sind, was in der Fläche passiert.
Ist der Einzelhandel in Zeiten der Pandemie zum Sorgenkind geworden?
Thorsten Tendahl: Die Nachfrage des Einzelhandels nach Flächen oder Immobilien ist derzeit, auch in allen anderen Städten, sehr reduziert. Der Markt hat sich gewandelt von einem Vermieter- zu einem Mietermarkt. Wer heute als Mietender nach Flächen sucht, kann sich aussuchen, an welcher Stelle er in der Stadt sein will. Und das verursacht natürlich auch einen Preisdruck. Das Angebot ist höher als die Nachfrage. Insbesondere der Textileinzelhandel hat es in den letzten Jahren sehr schwer gehabt, denn neben dem, was durch Corona passiert ist, gibt es das Thema Online. Darunter hat der stationäre Handel zu leiden, es müssen also neue Konzepte entwickelt werden, und daran wird ja auch zurzeit gearbeitet.
Sehr viel tut sich auf dem Markt für Wohnimmobilien, gehört das zum Kerngeschäft der WFB?
Thorsten Tendahl: Wir haben keine Wohnungsexpertise, was wir hier machen, betrachten wir als eine Abrundung unserer Aktivitäten. In der Überseestadt entstehen neue Wohnungs- und Büroquartiere, aber auch im Hulsbergviertel, wo sukzessiv Grundstücke verkauft werden. Auch auf der Überseeinsel wird es bald neuen Wohnraum geben. Und mit dem Stadtwerder und rund um die Horner Mühle haben wir erfolgreiche Projekte abgeschlossen, die zeigen, dass auch große Flächen sehr gut vom Markt aufgenommen werden.
Im Bau: Der neue Komplex Europahafenkopf in der Überseestadt
Und das offenbar trotz erheblicher Preissteigerungen?
Thorsten Tendahl: Die Kaufpreise sind in den Jahren 2010 bis 2020 mit 75 Prozent extrem gestiegen, von 3.000 auf 5.250 Euro bei den Spitzen, also bei Objekten mit einer Marktabdeckung von fünf bis zehn Prozent. Die Mietpreise sind im gleichen Zeitraum in diesem Segment von 11,50 Euro auf 14,10 Euro gestiegen, also um rund 25 Prozent. Man sieht: Bei den Mieten ist die Entwicklung wesentlich verhaltener als bei den stark kapitalmarktgetriebenen Verkäufen von Wohnraum.
Welche Rolle kommt dem Bremer Bündnis für Wohnen hinsichtlich der Entwicklung der Märkte zu?
Thorsten Tendahl: Es gibt in Bremen eine steigende Nachfrage nach Wohnraum. Im Bremer Bündnis für Wohnen haben sich Politik und Bauwirtschaft deshalb zum Ziel gesetzt, der steigenden Nachfrage auch ein entsprechendes Angebot entgegenzusetzen. Wir können uns sehr glücklich schätzen, dass wir mit der Gewoba eine städtische Wohnungsbaugesellschaft haben, die für Qualität und auch für adäquate Preise auf dem Mietmarkt sorgt. Wir müssen alle darauf achten, dass wir eine Stadt für die Stadtgesellschaft bleiben. Und dass wir in dieser Stadtgesellschaft auch Menschen mit normalen Jobs haben, die imstande sein müssen, in der Stadt und drumherum ihren Wohnraum finden und finanzieren zu können. Das ist wichtig für den sozialen Zusammenhalt in einer Stadt.
Lassen Sie uns abschließend noch einen Blick werfen auf das Investmentgeschehen im Berichtzeitraum des aktuellen Immobilienmarkt-Reports.
Thorsten Tendahl: Nach unseren Berechnungen liegt das Transaktionsvolumen in 2020/2021 zwischen 520 und 600 Millionen Euro. Dabei spielen die Bürostandorte – ähnlich wie in den Jahren zuvor – eine große Rolle. Corona hat keine Brüche verursacht, das Kapital sucht weiter nach Anlagen.
Mit welchen Renditen können Investoren in Bremen rechnen?
Thorsten Tendahl: Wir haben bei Büro- und Geschäftshäusern Nettoanfangsrenditen zwischen 4,5 und 6 Prozent. Je nach Lage, Alter des Gebäudes und je nach Güte des Mietendenbesatzes lassen sich so Vervielfache zwischen 17 und 23 des jährlichen Mietumsatzes realisieren.
Der Bremer Immobilienmarkt auf einen Blick
Büroimmobilien:
Neuvermietung in 2020: 100.000 m²
Fertiggestellte Flächen im 1. Halbjahr 2021: 65.000 m²
Umsatz im 1. Halbjahr 2021: 61.000 m²
Leerstandsquote voraussichtlich Ende 2021: 3,3 Prozent
Logistikimmobilien:
Rekordumsätze in 2020/2021
Bestand an Hallenflächen 2021: 3,2 Millionen m²
Leerstandsquote: 3,83 Prozent
Wohnimmobilien:
anhaltender Bauboom
Anstieg der durchschnittl. Kaufpreise für Eigentumswohnungen (Neubau) in 2020: 3,8 Prozent
Anstieg der Mieten in 2020: 0,7 Prozent
Investmentmarkt:
Transaktionsvolumen 2020: 530 Millionen Euro
Transaktionsvolumen 2021 (1. Halbjahr): 325 Millionen Euro
Transaktionen in 2021 (Perspektive): circa 600 Millionen Euro
Erfolgsgeschichten
Im Schuppen Eins in der Überseestadt entsteht auf mehr als 1.500 Quadratmetern ein neues Behandlungs- und Präventionszentrum – mit einem für Bremen einzigartigen Konzept. Besonders daran ist das Medical Hub, das Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit bietet, eine Praxis zu mieten und Verwaltungsaufgaben gegen Gebühr abzugeben. Welche Vorteile DRVN noch mit sich bringt, erläutert CEO Melanie Stade.
Mehr erfahren auf der Webseite der ÜberseestadtMit dem Einzug des Fachbereichs für Rechtswissenschaften und weiterer Institute der Universität Bremen in das ehemalige Gebäude der NordLB am Domshof entsteht ein lebendiger Ort im Zentrum der Stadt, der maßgeblich zur Entwicklung der Bremer City beiträgt. Tradition und Moderne verschmelzen in einer spannenden Architektur, die nicht nur Studierende begeistert.
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