Logistikimmobilien in Bremen – kann sich die Hansestadt gegen den Markttrend behaupten?
ImmobilienstandortLogistikimmobilienmarkt in Bremen 2023
Hohe Zinsen, steigende Mieten, stockende Lieferketten, geringe Konsumnachfrage – sind für die von Rekord zu Rekord jagende Logistikimmobilien-Branche die fetten Jahre vorbei? Wie schlägt sich der Immobilienstandort Bremen – und wie kann er sich seine Zukunftsfähigkeit bewahren?
Der Logistikimmobilienmarkt in Deutschland verzeichnete starke Rückgänge im vierten Quartal 2022 und in der ersten Hälfte des Jahres 2023. Für Gesamtdeutschland kommen aktuelle Statistiken auf 46 Prozent weniger Flächenumsatz als im Vorjahr, 15 Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt, andere auf das niedrigste Neubauvolumen seit fünf Jahren.
Wie sieht es in Bremen aus, mit seinen mehr als drei Millionen Quadratmetern an Hallenfläche ein wichtiger Teil des deutschen Logistikmarkts? Das gesamtdeutsche (Schreckens-)Bild zeichne sich in der Hansestadt so deutlich nicht ab, meint etwa Björn Sundermann, Geschäftsführer beim Projektentwickler Robert C. Spies Industrial Real Estate. Zwar lägen noch keine belastbaren Zahlen vor, er sieht für Bremen aber eine mildere Lage: „Ich würde nicht zwangsläufig von einem ‚Einbruch‘ sprechen wollen. Natürlich haben auch wir einen Rückgang beziehungsweise eine gewisse Zurückhaltung bei den Anfragen in Bremen und der Region festgestellt. Aber: Der weiterhin sehr starke Mittelstand, damals wie heute auch ein bedeutender Treiber der bremischen Wirtschaft – insbesondere im produzierenden Gewerbe –, zeigt sich recht resilient gegenüber diesen Entwicklungen.“
Der Geschäftsführer sieht die Gründe für den Rückgang einerseits in den zum Teil stark gestiegenen Mieten, die binnen eines Jahres um bis zu 20 Prozent zugelegt hätten, und andererseits in den immer noch vorherrschenden und sich gegenseitig bedingenden geopolitischen Rahmenbedingungen, die sich im Krieg in der Ukraine, schwächelnden Lieferketten und einer hohen Inflation manifestierten. „Vor allem an den Bereichen E-Commerce und Handelslogistik geht all das natürlich nicht spurlos vorbei.“
Anforderungen gehen auseinander
Eine Einschätzung, die auch Roger Heidmann vom Bremer Logistikdienstleister Logistik Service Agentur LSA bestätigt. „Die Anforderungen von Kundinnen und Kunden und von Investorinnen und Investoren gehen auseinander.“ Das zeige sich etwa in der gewünschten Länge von Mietverträgen oder bei den Anforderungen an Immobilien. Hier sei es vor allem die Frage nach einer optimalen Ausnutzung von Raum, die viele Kundinnen und Kunden umtreibe, während es Investierenden eher um niedrige Baukosten, hohen Umsatz und Nachhaltigkeit gehe. Ähnlich sieht es auch Sundermann: „Während Investoren klare Anforderungen an die Immobilie in Bezug auf ESG, Nachhaltigkeit und Drittverwendung formulieren, nimmt dies bei Kundinnen- und Kundenseite in der Breite noch nicht eine derartige Relevanz ein.“
Erst bei größeren Objekten ändere sich das, so Sundermann. Ein Beispiel dafür ist etwa das Logistikzentrum C3 der BLG LOGISTICS, das im Frühjahr 2023 im Güterverkehrszentrum Bremen eröffnet wurde. Mit der größten Hallendach-Solaranlage Deutschlands, einem ganzheitlichen Energiekonzept und besonderer Berücksichtigung der Angestellten-Bedürfnisse setzt die 82.500-Quadratmeter-Halle neue Maßstäbe.
Das Güterverkehrszentrum gilt dabei in Bremen nach wie vor als Adresse erster Wahl: „Mit Projekten wie dem C3 zeigt das GVZ, welche herausragende Stellung es einnimmt. Das Leuchtturmprojekt bringt Bremen als Logistikstandort in die Öffentlichkeit. Das ist gut für den Standort und wird die Nachfrage weiterhin hochhalten. Auch ein Grund, warum in Bremen der Einbruch geringer ausfällt als anderswo“, meint auch Jörg Lachmann, Gründer und Geschäftsführer von Lachmann & associates. Der Bremer Immobilienexperte sieht Nachhaltigkeitsfragen durchaus als ein wichtiges Zukunftsthema, ordnet den derzeitig schwachen Markt aber ebenfalls der Kombination aus hohen Zinsen, steigenden Mieten und Nebenkosten sowie einer schwächeren Nachfrage im Konsumgüterbereich zu.
Flächenmangel als Zukunftschance begreifen
Zur aktuellen konjunkturellen Lage kommt hinzu, dass Logistikstandorte in Deutschland derzeit alle vor ähnlichen Herausforderungen stehen: Das Flächenangebot wird zunehmend geringer, neue Flächen werden zögerlicher ausgewiesen, um Flächenfraß und Bodenversiegelung zu verhindern. „An dieser Stelle braucht es eine mutige Flächenplanung, um künftigen Bedarfen entgegenzukommen“, argumentiert Roger Heidmann. In Bremen sei es etwa das Gewerbeentwicklungsprogramm 2030, was die Rahmenbedingungen setze. „Aber auch mit den neuen Vorgaben ist es möglich, dass die Logistik in Zukunft wächst.“
Er sieht dafür fünf mögliche Zukunftspfade:
- Die Optimierung der Intralogistik, das heißt eine bessere Nutzung der bestehenden Flächen, durch intelligente Lagerkonzepte oder die Verringerung von Wegeanteilen (Raumnutzungsgrad erhöhen, Wegeanteil senken von bisher 30 auf 20-25 Prozent)
- Bessere Nutzung von Bestandsimmobilien durch Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die es zum Beispiel ermöglichen würden, leerstehende innerstädtische Baumärkte für Logistikaufgaben zu verwenden
- Mehrstöckige Logistikimmobilien, die Produktions- und Lagerräume intelligent verbinden
- Bessere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Grundstücksflächen
- Brownfield-Investments stärken, um alte und brachliegende Flächen jenseits der Standards auszunutzen.
Diese Ansätze treffen in Bremen auf offene Ohren. Denn unter dem Schlagwort „zukunftsweisende Wirtschaftsstandorte“ konzentriert sich Bremen auf Klimaschutz, Klimaanpassung und Biodiversität bei der Gestaltung neuer und bestehender Gewerbestandorte. Die sinnvollere Ausnutzung bestehender Flächen und Gebäude ist ein Schritt auf dem Weg dahin.
Das sieht auch Robert C. Spies-Geschäftsführer Sundermann so: „Neben der Entwicklung neuer Flächen, den sogenannten Greenfields, muss es aber auch darum gehen, Potenziale vorhandener Flächen zu eruieren und zu nutzen, sprich die Revitalisierung von Brownfields verstärkt in den Fokus zu nehmen.“
Diese Maßnahmen könnten Bremen als leistungsfähigen Logistikstandort für die Zukunft positionieren: „Bremen sollte weiter den Fokus auf Infrastrukturmaßnahmen und Flächenentwicklungen legen. Dazu gehört das Vorantreiben von Maßnahmen wie dem Ringschluss der A282, der Erschließung der nächsten Ausbaustufe des Gewerbegebiets Hansalinie und insbesondere die Entwicklung des interkommunalen Gewerbegebiets Achim-West. Wichtige Voraussetzung in Politik und Verwaltung dafür: die Verkürzung von Genehmigungsverfahren. Wenn uns das im Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik gelingt, werden wir in Bremen auch weiterhin Unternehmen aller Größen attraktive Angebote unterbreiten können.“
Hinzu kommen Innovationen als ein weiterer Treiber der Branche, ergänzt Roger Heidmann: „Man braucht nur die Hälfte der Fläche, wenn man die Produktivität verdoppelt. Digitalisierung und intelligente Lösungen können uns dahinführen. Ebenso wie neue Gebäudeformen. Warum nicht eine Bremen-Immobilie entwickeln, die perfekt auf die Bedürfnisse der Hansestadt abgestimmt ist? Eine sinnvollere Ausnutzung von Raum spart zugleich auch CO2 ein.“
CO2-Einsparung sei definitiv ein Zukunftsthema, bestätigt auch Jörg Lachmann zuletzt. „ESG-Kriterien werden in der Logistik immer wichtiger, erst bei den Großen, aber künftig auch bei den Kleinen. Wenn Bremen sich darauf konzentriert, frühzeitig Trends zu erkennen und Innovationen voranzutreiben, bleibt es zukunftsfähig.“
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