Bremen als Street Art City: Eine Stadt wird zur Leinwand
TourismusDie Street Art Cities App bringt Bremens Street-Art-Szene auf die digitale Landkarte
Es beginnt mit einer Wand. Einer kahlen, grauen Außenfassade eines Gebäudes irgendwo in Bremen. Doch was auf dem ersten Blick unscheinbar erscheint, wird unter den Händen von Street-Art-Künstler:innen zu einem Meisterwerk. Formen entstehen, Farben explodieren, Geschichten erwachen zum Leben – Bremen wird bunt durch seine Street-Art-Szene.
Mit der Aufnahme in die internationale Street Art Cities App hat Bremen jetzt einen digitalen Zugang geschaffen, um diese Kreativität auf einem Blick sichtbar zu machen. Für den Urban Artist und zeitgenössischen Künstler Tobias Kroeger und Katharina Rosen, die als Inhaberin der Bremenlotsen die Street-Art-Szene ihrer Heimat leidenschaftlich vermittelt, ist es ein Meilenstein. Das Team Tourismusstrategie der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH koordiniert derzeit das Projekt.
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Von der Wand auf das Smartphone
Seit November 2024 gehört nun auch Bremen zu der Auswahl an deutschen Städten, die in der internationalen Street Art Cities App vertreten sind. „Noch im August 2024 war kein einziges Kunstwerk aus Bremen auf der App zu finden“, erläutert WFB-Projektleiter Michael Kahrs, der im Rahmen der Tourismusstrategie Bremen 2025 derzeit dieses Projekt leitet. „Inzwischen sind es rund 290 Street Art Spots, die durch Kooperationen mit den Bremer Künstlern Markus Genesius (WOW123), Peter Stöcker von Lucky Walls und Tobias Kroeger sowie Katharina Rosen von den Bremenlotsen in die App eingearbeitet wurden. Die Anzahl und Vielfältigkeit, die zusammengekommen ist, begeistert mich sehr und macht mich ein Stück weit stolz.“ Darüber hinaus wurden sogenannte Hunter aus Belgien und den Niederlanden nach Bremen eingeladen, die professionell für die App nach den spannendsten Kunstwerken „jagen“ und diese in der Plattform archivieren. „Street Art ist mehr als nur Kunst im öffentlichen Raum“, fügt Merle Meier-Holsten, Abteilungsleiterin Bremen Tourismus bei der WFB hinzu. „Es schafft Identität und macht Bremen als Reiseziel einzigartig. Unser Ziel im Cultural Marketing ist es, diese lebendige Kunstszene erlebbar zu machen und sowohl Einwohner:innen als auch Besucher:innen dazu einzuladen, die Stadt aus einer neuen Perspektive zu entdecken.“
Die App bietet Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, Street-Art- und Graffiti-Werke zu entdecken, Hintergrundgeschichten zu erfahren und selbstständig auf Kunsttour zu gehen. Sie macht Street Art als Teil von Bremens kulturellem Erbe greifbar und lädt ein, die Stadt auf kreative Weise zu entdecken. „Es geht darum, Geschichten zu erzählen und gleichzeitig das Stadtbild zu transformieren.“ Tobias Kroeger begann bereits mit 12 Jahren, Graffitis zu sprühen – damals noch heimlich, heute als etablierter Künstler. „Jede Wand ist eine Herausforderung, jede Fläche eine Chance, Geschichten zu erzählen“, sagt er.
Zusätzlich laden kuratierte Touren ein, verschiedene Themen und Stile zu entdecken. Dazu zählen die „Urban Minimalism“-Route, die „Lucky Walls City Route“, die Route zu „Graffiti und Street Art im Viertel“ sowie die „WALK THIS WAY! WOW123“-Route zu den Kunstwerken von Markus Genesius. Katharina Rosen sieht in der App eine wertvolle Ergänzung zu ihren Street-Art-Führungen: „Die App ist mehr als ein Reiseführer. Sie zeigt, wie tief verwurzelt Street Art in unserer Kultur ist.“ Für sie bietet die digitale Plattform eine neue Möglichkeit, Bremen Kunstszene sowohl Einheimischen als auch Touristinnen und Touristen näherzubringen.
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Perspektivwechsel durch Street-Art-Führungen
Eine der wichtigsten Wirkungen von Street-Art-Führungen ist der veränderte Blick auf die Stadt, erklärt Katharina Rosen: „Der meistgehörte Satz nach unseren Führungen ist: ‚Ich sehe die Stadt jetzt mit anderen Augen.‘“ Viele Teilnehmer:innen entdecken dabei Kunstwerke, an denen sie vorher achtlos vorbeigegangen sind. Diese neue Perspektive fördert nicht nur das Verständnis für Kunst im öffentlichen Raum, sondern auch für die Stadt selbst. „Man erkennt, wie Street Art Geschichten erzählt – von gesellschaftlichen Themen bis hin zu persönlichen Botschaften.“
Zwar sei Bremen noch keine weltweit bekannte Adresse für urbane Kunst, doch gerade hier liege großes Potenzial. Sie hebt hervor, wie Führungen und digitale Angebote wie die Street Art Cities App diesen Trend unterstützen könnten. „Es ist ein tolles Instrument, um die Bremer Kunstszene auch für Tourist:innen sichtbar zu machen“, sagt sie. Dabei sei es wichtig, Street Art als Teil der städtischen Identität zu kommunizieren: „Street Art zeigt das echte Bremen – lebendig, vielfältig und am Puls der Zeit.“
Urban Art als touristisches Highlight
Rosen ist leidenschaftlich Stadtführerin. Sie liebt es, ihren Gästen die Augen für die versteckten Schätze Bremens zu öffnen. Ihre Führungen ziehen ein breites Publikum an – Street Art spricht Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Interessen an. Von Fotograf:innen, die das perfekte Motiv suchen, bis hin zu Familien, die ihre Kinder für Kunst begeistern wollen. Für jede und jeden ist im Street Art etwas dabei – sei es die politische Botschaft eines Werks – zum Beispiel die Werke im Bremer Viertel von Menschen mit Kamera-Köpfen, die die wachsende Überwachung im öffentlichen Raum thematisieren – oder einfach die Freude an kreativen Farben und Formen.
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Zukunftsvisionen für Bremens Street Art
Trotz dieser Erfolge sehen sowohl Kroeger als auch Rosen weiteres Potenzial für die Bremer Street-Art-Szene. Mehr legale Flächen, Kooperationen mit Schulen, kulturellen Institutionen und Festivals könnten dazu beitragen, Bremen als Street Art City weiter zu etablieren. „Die Herausforderung ist, dass viele Künstler:innen sehr eigenständig arbeiten“, sagt Rosen. Doch sie ist optimistisch: „Mit Festivals, Kooperationen und mehr Austausch können wir Street Art mehr ins Bewusstsein holen und einem breiteren Publikum zugänglich machen.“ Auch Kroeger sieht Chancen: „Urban Art hat das Potenzial, Bremen nicht nur zu verschönern, sondern die Stadt kulturell aufzuwerten und als innovative Destination sichtbar zu machen.“
Besonders am Herzen liegt ihm die Idee, durch Kunst Gemeinschaft zu schaffen und auch sogenannte Angsträume ansprechender zu gestalten. Ein Beispiel dafür ist ein von ihm gestalteter Tunnel in Bremen-Walle, der aus einem dunklen, unheimlichen Ort ein lebendiges, farbenfrohes Kunstwerk machte.
Gemeinschaft schaffte Kroeger ebenso mit seinem jüngsten Projekt mit seinem Künstler-Kollegen Markus Genesius in der Bremer Innenstadt. An einem Zaun in der gut frequentierten Sögestraße kombinierten die beiden Künstler ihre individuellen Stile, und bereicherten so mit Farbenfreude und einer kunstvollen Gestaltung die bekannte Einkaufsstraße. „Die Resonanz der Passantinnen und Passanten war überwältigend positiv“, berichtet Kroeger. „Viele haben zwar schnell erkannt, dass es, obwohl es mit der Sprühdose gemacht ist, tatsächlich Kunst ist.“
Street Art hat das Potenzial, mehr als nur Fassaden zu verschönern – sie kann das gesamte Image einer Stadt verändern. Tobias Kroeger erklärt: „Großflächige Kunstwerke im öffentlichen Raum schaffen Reibung und Diskussionen. Sie sind nicht immer nur ‚schön‘, sondern oft auch provokativ und inspirierend.“ Solche Projekte könnten Bremen als kreative und zukunftsorientierte Stadt positionieren und gleichzeitig das tägliche Leben der Bewohner:innen bereichern. Auch auf die Wahrnehmung Bremens durch Besucher:innen hätte dies einen positiven Einfluss: Street Art kann zu einem Magneten für Kulturinteressierte werden, der die Stadt als touristische Destination stärkt.
Erfolgsgeschichten
Ob für die Geschichten rund um Kommissar Maus, das Quatsch-Mach-Buch oder die Wimmelbücher: Wenn Valeska Scholz ihren Bleistift zur Hand nimmt, schafft sie mit Liebe zum Detail fröhliche und freche Figuren. Seit 15 Jahren bringt die Illustratorin Bremens Besonderheiten bilderreich in die Kinderzimmer – und nicht nur dorthin.
Bilderwelten erkundenDas britische Unternehmen Clockwise hat seinen ersten deutschen Standort in Bremen eröffnet. Mit weiteren Flächen in London, Belgien und den Niederlanden und nun auch in der Martinistraße verfolgt das Unternehmen eine klare Vision: Arbeitsräume zu schaffen, die flexibel, gastfreundlich und auf die Bedürfnisse moderner Arbeitskräfte zugeschnitten sind.
Mehr erfahrenSara Fazilat ist eine preisgekrönte Schauspielerin, Produzentin und Drehbuchautorin. Der internationale Durchbruch gelang ihr mit dem Film „Nico“. Heute macht sie sich für mehr Diversität und Gleichstellung in der Filmbranche stark. Aufgewachsen ist die 37-Jährige in Bremen. Mit der Hansestadt ist die Wahl-Berlinerin nach wie vor eng verbunden.
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