Künstliche Intelligenz im Tourismus
TourismusChatbots, personalisierte Angebote oder intelligente Bildprogramme können Reiseerfahrungen verbessern und touristischen Betrieben Arbeit erleichtern
Die Chancen Künstlicher Intelligenz machen derzeit Furore – aber auch ihre Risiken. Welche Einsatzmöglichkeiten gibt es in der Tourismusbranche, wie nähert man sich als Unternehmen der digitalen Transformation und wie gelingt es, sich zukunftsfähig aufzustellen?
„KI ist wahrscheinlich das Beste oder das Schlimmste, was der Menschheit passieren kann.”
Es könnte so einfach sein: Für meinen anstehenden Städtetrip lasse ich mir perfekt auf mich zugeschnittene Reisetipps geben. Ich muss nicht mehr nach einem passenden Hotel suchen, denn das hat meine Künstliche Intelligenz schon für mich gefunden. Als ich spätabends ankomme, haben Rezeption und Tourist Information bereits geschlossen – kein Problem, ein Chatbot hilft mir rund um die Uhr bei meinen Anliegen weiter. Ein Simultanübersetzer mit Künstlicher Intelligenz unterstützt mich beim Meistern der fremden Sprache und meine Erinnerungsfotos optimiert ein intelligenter Filter.
Künstliche Intelligenz, oder kurz KI, macht derzeit Schlagzeilen und löst viele Diskussionen aus. So auch auf dem Landestourismusforum der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH und der Erlebnis Bremerhaven am 9. November 2023 in Bremerhaven. Verschiedene Vorträge, Gesprächsrunden und Präsentationen sorgten für allerhand Gesprächsstoff und Inspirationen für die Tourismusbranche. Oliver Rau, WFB-Geschäftsführer und zuständig für den Geschäftsbereich Marketing und Tourismus, fasst seine Eindrücke zusammen: „Wir sind gerade Zeitzeugen einer erneuten technischen Revolution! Es ist an der Zeit, das Thema zur Chefsache zu machen und das eigene Unternehmen darauf vorzubereiten, dass hier neue Kollegen heranwachsen, die nicht aus Fleisch und Blut sind, aber vor denen man auch keine Angst haben sollte.“
Was genau ist eigentlich KI und wie kann sie in der Tourismusbranche eingesetzt werden?
„Die KI, einfach erklärt, ist der Versuch, menschliches Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen und ihm damit Intelligenz zu verleihen. Statt für jeden Zweck programmiert zu werden, kann eine KI eigenständig Antworten finden und selbstständig Probleme lösen.“ Aus: Was ist Künstliche Intelligenz?
Matthias Burzinski, Geschäftsführer und Gründer von destinetCHANGE erklärte als Sprecher zum Thema „Künstliche Intelligenz im Tourismus“ auf dem Tourismusforum: „Klar ist: Je schneller und einfacher wir den Einstieg in die Nutzung der gängigen KI-Tools finden, umso schneller werden sich Prozesse in Unternehmen verändern (lassen). KI bietet Chancen, die unser bisheriges Vorstellungsvermögen sprengen – hinsichtlich Effizienz, Schnelligkeit, Kreativität, Datenanalyse, Lebenshilfe, Bildung, Wissenschaft etc. Und die Risiken im Umgang müssen uns bewusst sein. Es wird viele Negativbeispiele geben. Unterscheidung von echten und falschen Nachrichten, Manipulation von Stimme und Bild. KI wird aber auch eine immer wichtigere Rolle dabei spielen, wie wir reisen und unsere Urlaubserlebnisse planen und gestalten. Ein Fehler wäre es, sich nicht ranzutrauen.“
„Die Frage ist nicht mehr: Wo kann ich KI in Tourismus und Kultur einsetzen? Sondern: Wo eigentlich nicht?“, sagte Joachim Unterberger, Chief Innovation Officer & Chief Creative Officer bei der Agentur Saint Elmo's auf dem Tourismusforum und nannte unterschiedliche Beispiele für die Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Tourismus.
Die Anwendungsbereiche für KI im Tourismus sind vielseitig:
- Personalisierte Reiseempfehlungen: Die KI schlägt Reiseziele, Hotels oder Aktivitäten vor, die auf den individuellen Vorlieben und Verhaltensweisen der Gäste basieren. Die TUI entwickelt beispielsweise gerade eine KI für die Reiseplanung.
- Intelligente Übersetzungsprogramme: Sie erleichtern die Kommunikation mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen und fördern den interkulturellen Austausch. Inzwischen gibt es erste Übersetzungs-KIs, die in Echtzeit und lippensynchron Videoaufnahmen übersetzen.
- Einsatz von Chat-Bots: So können beispielsweise KI-gestützte Chatbots Gästeanfragen schnell und effizient bearbeiten. Das reduziert den Druck auf das Personal und gibt ihm mehr Zeit, sich auf andere wichtige Aufgaben zu konzentrieren. Reservierungs-Chatbots können automatisch Zimmerreservierungen entgegennehmen, Verfügbarkeiten prüfen, Preise anzeigen und Buchungen abschließen. Einige Hotels bieten in den Zimmern sprachgesteuerte Assistenten an (z. B. Amazon Alexa oder Google Assistant), mit denen Gäste Dienstleistungen bestellen, Fragen stellen oder Umgebungsfunktionen wie Licht oder Temperatur steuern können. Virtuelle Concierge-Dienste können Gästen Empfehlungen für Restaurants, Sehenswürdigkeiten oder Veranstaltungen in der Nähe geben.
- Trends erkennen, Stimmungsanalyse: KI kann Gästebewertungen und Feedback aus verschiedenen Online-Quellen analysieren, um die Stimmung und Meinung der Gäste zu verstehen. Dies gibt Einblicke in Bereiche, die verbessert werden müssen, und hilft bei der Gestaltung von Marketingbotschaften. KI kann auch historische Buchungsdaten verwenden, um zukünftige Buchungstrends vorherzusagen, was Hotels hilft, ihre Marketingstrategien entsprechend anzupassen.
- Content-Produktion: Texte, Bilder und Präsentation lassen sich immer schneller und einfacher mithilfe von KI erstellen. In Österreich startete jüngst sogar die erste KI-basierte Werbekampagne.
- Ob Dynamic Pricing, KI-gesteuerte Coaches im Fitness-Studio, Roboter-Concierges oder intelligentes Baggage Handling … die Einsatzmöglichkeiten der KI sind nahezu unbegrenzt.
Die Übergänge zwischen Künstlicher Intelligenz und Automatisierung sind jedoch fließend. Ein Roboter, der Waschräume reinigt, kocht oder Geschirr abräumt – ist das KI? Die Lieblingsplatzhotels arbeiten beispielsweise mit einem Kochroboter, der sechzig Gerichte pro Stunde kocht und das rund um die Uhr. Oder ist der kleine Roboter Pepper, der mit Antworten gefüttert wurde, schon eine echte KI?
KI derzeit noch sehr lernbedürftig.
Ein schönes Beispiel ergab sich jüngst bei ChatGPT, das auf die Nachfrage nach Bremen Nords größten Sehenswürdigkeiten die folgende Antwort ausgab:
„Bremen-Nord ist ein Stadtteil von Bremen in Deutschland, der sich durch eine Vielfalt von Merkmalen auszeichnet. Es lockt Touristen mit seinem Hafen und Cafés, dem Schulschiff Deutschland und dem Deutsche Schifffahrtsmuseum. Ebenso Naherholungsgebiete wie der Oyter See sind einen Besuch wert. Es ist auch Heimat des Bremerhavener Zoo am Meer.“
Die genannten Tipps befinden sich jedoch in Bremerhaven bzw. Niedersachsachsen …
In seiner Keynote setzte sich Joachim Unterberger mit den Grenzen der KI auseinander, denn KI sei kein Allheilmittel. Noch verfüge sie über begrenzte Kreativität und Intuition, es fehle an allgemeinem Wissen und Verständnis, es mangele an emotionaler Intelligenz. Auch habe KI kein ethisches oder moralisches Urteilsvermögen und sie ist abhängig von Daten, mit denen sie gefüttert wird.
„No Data is better than bad Data”, betonte Unterberger. „Wer keine regelmäßige und strukturierte Datenpflege betreibt, wird schnell ins Hintertreffen geraten. Denn wenn keine oder falsche Daten über einen Betrieb oder eine Destination vorhanden sind, werden KI-Anwendungen diese an die Nutzenden weitergeben. Das kann negative Auswirkungen haben, beispielsweise darauf, ob und wie Informationen über Destination Management Organisationen (DMOs) und Betriebe von Gästen in Zukunft digital gefunden oder präsentiert werden.“ Besonders auch die Mündigkeit der Anwender:innen im Umgang mit KI muss geschult werden, um entscheiden zu können, was echt oder authentisch ist.
„KI ist im Tourismus angekommen, um zu bleiben“
Unterberger ist sich sicher, dass die Zukunft nicht ohne KI auskommen wird. Bereits heute hat nach seinen Angaben jede und jeder zehnte Deutsche ChatGPT bereits einmal genutzt. Ein Viertel der Deutschen stehe der Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz positiv gegenüber. Doch nur wenige Deutsche würden einer KI-gestützten Finanz- oder Reiseberatung vollumfänglich vertrauen. Er ist jedoch überzeugt, dass die Leistungsfähigkeit der KI sich bis 2030 etwa vertausendfachen wird. „Der Flaschenhals sind allerdings die zu Verfügung stehenden Daten“, so der KI-Experte.
Was braucht es jetzt, um mit den neuen digitalen Möglichkeiten umzugehen? „Vor allem Zeit und Experimentierfreude, um alles ausgiebig zu testen, die Chancen zu sehen und sich mündig und reflektiert zu zeigen. Intelligenz eben“, sagte Matthias Burzinski.
Schritt für Schritt KI in Tourismusbetrieben einsetzen
Im Rahmen des Tourismusforums kam immer wieder die Frage auf, wie man sich am besten den digitalen Neuerungen annähert und immer wieder wurde der spielerische Umgang damit positiv hervorgehoben. Einige Teilnehmende schlugen einen KI-Kodex im Unternehmen vor, der Rahmen vorgibt, in denen sich die Mitarbeitenden ausprobieren können. Eine andere Idee war ein gemeinsames Online-Board, auf dem festgehalten wird, wer was genutzt und welche Erfahrungen gemacht hat. Auch der Besuch von Workshops oder kurzen kostenlosen Online-Schulungen kann ein erster Schritt sein. Diese werden von den Handelskammern, den Mittelstand-Digital Zentren oder auch einfach von der lokalen Volkshochschule angeboten. Viele praktische Hilfestellungen gibt es auch beim Transferzentrum für Künstliche Intelligenz Bremen.AI.
„Zwischenmenschliche Themen werden weiterhin Rolle spielen, aber KI kann die Servicequalität erhöhen.“
Authentizität wird weiter wichtig bleiben, beispielsweise in Museen oder in der Architektur, aber für das Marketing kann die Unterstützung durch KI Gewinne bringen. Unterberger sagte: „Durch die Integration von KI in das Hotelmarketing können Hotels ihre Marketingstrategien verfeinern, personalisierte Erlebnisse für Gäste schaffen und letztlich ihre Buchungsraten und den Gesamtumsatz steigern. Es ist jedoch wichtig, dass Hotels auch den menschlichen Aspekt des Marketings berücksichtigen, um authentische und emotionale Verbindungen zu ihren Gästen herzustellen.“
Also bleibt die gute Nachricht: Den persönlichen Kontakt zwischen Menschen, zwischen Unternehmen und ihren Kundinnen und Kunden kann eine KI nicht ersetzen. Bei der rasanten digitalen Transformation ist es aber wichtig, sich zukunftsfähig aufzustellen und sich mit dem Thema zu beschäftigen. Der ständige Wandel wird zur Normalität. Verantwortung zu übernehmen wird immer wichtiger, um die Entwicklungen zu lenken und hiermit auch gesellschaftliche Diskurse aktiv zu gestalten. Es existieren eklatant unterschiedliche Wissensstände und daher wird es immer wichtiger, auch gute Beispiele zu teilen und sich entsprechend zu vernetzen.
Weitere Informationen:
- Beispiele zur Künstlichen Intelligenz auf dem Portal Bremen Innovativ
- Förderprogramme zur Digitalisierung in Bremen
- Revolutionäre KI-Tools: Treibende Kräfte für junge Unternehmen und Gründer:innen (starthaus-bremen.de)
- Künstliche Intelligenz und die Tourismusbranche – eine Übersicht des Bayern Tourismus
Erfolgsgeschichten
Die Kosten im Gesundheitssystem explodieren. Kann der Bremer Schwerpunkt auf Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen einen Ausweg weisen? Das thematisiert der Bremer Institutsleiter Prof. Dr. Horst K. Hahn am 2. und 3. Dezember 2024 auf dem Symposium „AI in Health“.
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