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18.10.2022 - Claudia Kuzaj

Ein Leben für den Volleyball

Pressedienst

Ingrid Linné, 87, bringt Kindern seit 50 Jahren das Baggern, Pritschen und Schmettern bei

“Der Volleyball hat mein Leben bestimmt”, sagt Ingrid Linné. Noch immer steht die 87-Jährige dreimal die Woche auf dem Volleyballfeld bei Bremen 1860. © WFB/Lehmkühler

Vor sieben Jahrzehnten lernte Ingrid Linné als Jugendliche das Volleyballspielen. Während des Volleyball-Booms in den 70er Jahren gab sie ihre ersten Trainingsstunden, hatte seinerzeit sechs Mannschaften gleichzeitig. Seit fünfzig Jahren zeigt Ingrid Linné Jungen und Mädchen, wie das Aufschlagen, Baggern und Pritschen geht. Noch immer steht die 87-Jährige dreimal die Woche beim Sportverein Bremen 1860 auf dem Volleyballfeld – und hat den Sport in Bremen als Spielerin, Trainerin und Funktionärin geprägt.

„Daumen nach unten! Ein richtig schönes Dreieck machen”, ruft Ingrid Linné an diesem Nachmittag den 20 Mädchen und Jungen in Halle 3 des Sportvereins Bremen 1860 zu. „Und jetzt immer abwechselnd pritschen und baggern“, sagt sie, während sie aufmerksam vom einen zum anderen blickt. „Geht das auch ein bisschen schneller?“, fragt die 87-Jährige. Wie man Volleyball spielt, das weiß Ingrid Linné ganz genau. Sieben Jahrzehnte ist es inzwischen her, dass sie mit dieser Sportart anfing. Später später gab sie dann selbst Trainingsstunden – seit mittlerweile 50 Jahren.

 „Der Volleyball hat mein Leben bestimmt“, sagt die 87-Jährige. Kaum jemand hat in diesem Sport so viel Erfahrung wie sie. Ihr Geheimnis: „Man muss immer ein Ziel vor Augen haben und sich dann überlegen, mit welchen Übungen man dorthin kommt. Das ist genau wie in der Mathematik.“ Sport und Mathematik, diese Verbindung zieht sich ebenfalls durch ihr Leben: Sie hat beide Fächer studiert und spielte in Uni-Mannschaften Volleyball. „In den 50ern hieß es noch Flugball“, sagt sie. „Es gab noch keinen eigenen Verband, Volleyball gehörte zu den Turnspielen.“  Die Wahl-Bremerin wurde 1935 in Magdeburg geboren und wuchs in Berlin und Hannoversch Münden auf. „Flugball“ lernte sie in der elften Klasse kennen und legte auch ihre Abiturprüfung in dieser Sportart ab, obwohl sie die damals noch „schrecklich langweilig“ fand. Die Begeisterung kam später – und blieb ein Leben lang. Mit ihnen zog sie der 50er Jahre nach Bremen an den Osterdeich. In der Hansestadt legte sie ihr Examen ab, wurde Lehrerin für Sport und Mathematik. 

„Volleyball spielt man am besten mit Köpfchen“ 

Fragt man ihre Schützlinge, was sie an Ingrid Linné besonders zu schätzen wissen: „Sie erklärt gut“, sagt Vincent, 13 Jahre, beim Training von Bremen 1860. Er schmettert gerne. „Ja, Schmettern, das finden Jungs immer toll“, sagt Ingrid Linné lächelnd. Sie trägt einen Trainingsanzug, dazu türkisfarbene Sportschuhe. Die langen, weißen Haare hat sie zum Zopf gebunden. Drei Gruppen trainiert sie jede Woche – Kinder und Teenager. An manchen Tagen unterstützt sie dabei ein junger Trainer.

Die 87-Jährige hat alle im Blick, kennt von allen den Namen und nimmt sich Zeit, Anfängerinnen und Anfängern die Techniken nochmal genauer zu zeigen. „Man muss es mit Köpfchen machen. Bevor der Kopf es nicht versteht, kann der Körper es nicht umsetzen.“ Es ist sehr leise in der Halle. Die Mädchen und Jungen hören genau zu, was ihre Trainerin sagt. „Alle machen immer gut mit. Sie sind ja freiwillig hier, um etwas zu lernen“, sagt Ingrid Linné. 

Volleyballspielende Menschen
Drei Gruppen trainiert Ingrid Linné jede Woche bei Bremen 1860 – Kinder und Teenager. © WFB/Lehmkühler

Nach den Olympischen Spielen 1972 in München wird Volleyball zum Trendsport

Während ihres Studiums spielte Linné beim Hamburger SV, 1958 wurde sie Deutsche Vizemeisterin im Volleyball; gerade drei Jahre zuvor war in Kassel der Deutsche Volleyball-Verband gegründet worden. In jener Zeit begann ihr der Mannschaftssport richtig Spaß zu machen. „Volleyball ist ein sehr schnelles Spiel, verlangt viel Reaktionsvermögen und sehr viel Taktik.“ Erfunden wurde Volleyball 1895 durch den Amerikaner William Morgan, der Elemente von Basketball, Baseball, Tennis und Handball zu einem neuartigen Spiel verband, bei dem der Körperkontakt nicht im Vordergrund steht.

Auch in Bremen blieb Linné beim Volleyball, es war inzwischen längst ihr Herzens-Sport geworden. Und plötzlich – um 1972 herum – setzte gerade im Breitensport ein echter Volleyball-Boom ein. In jenem Jahr wurde der Bremer Volleyball-Verband gegründet. Durch die Olympischen Spiele in München bekam die Sportart einen großen Popularitätsschub. 1964, in Tokio, war die Sportart olympisch geworden. Acht Jahre später wurde Volleyball auch in der Hansestadt zum regelrechten Trendsport, und Ingrid Linné fing als Trainerin an. Schulen, Vereine, „Jugend trainiert für Olympia“ – überall in Bremen war ihre Expertise nun gefragt. Und gefordert: In der Sporthalle an der Lissaer Straße in Gröpelingen trainierte sie zeitweise sechs Mannschaften gleichzeitig. „Volleyball kam zu der Zeit so richtig in Schwung“, sagt Linné.

Fitness durch Hausarbeit und Wümme-Spaziergänge

In der Schule bot die Lehrerin selbst Mutter eines Sohns und einer Tochter Volleyball-AGs an. „Damals holte ich die Kinder von der Straße“, sagt sie. „Heute hole ich sie vom Handy weg.“ Über Sport könne man die sozialen Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen stärken, weiß sie. Um Leistung ging es ihr beim Training nie. „Mir war der Spaß am Sport und in der Gemeinschaft immer wichtiger.“ Den Nachwuchs zu trainieren, das macht ihr auch nach 50 Jahren noch Freude. „Man muss sich immer überlegen, wie man die Kinder weiterbringen kann.“ Selbst spielt sie inzwischen nicht mehr, hält sich aber weiter fit. „Mit Fensterstreichen, immer auf und ab, oder Terrasseschrubben.“ Auch entspannte Spaziergänge an der Wümme gehören dazu.

Den Bremer Volleyballsport hat Ingrid Linné als Spielerin, Trainerin und Funktionärin geprägt, am Vereinsleben schätzt sie auch die Gemeinschaft. Der Sport bringt Menschen zusammen, darin liege seine Bedeutung für die Gesellschaft. „Über die Jahre sind durch Ingrid Linnés Ehrenamt viele Jahrgänge in Kontakt mit dem Volleyballsport gekommen“, sagt Moritz Müller, Leiter des Volleyballs bei Bremen 1860. 

Ingrid Linne
Den Bremer Volleyballsport hat Ingrid Linné als Spielerin, Trainerin und als Funktionärin geprägt, am Vereinsleben schätzt sie auch die Gemeinschaft. © WFB/Lehmkühler

„Im Sport sprechen alle dieselbe Sprache“  Das Land Bremen hat eine sehr vielfältig aufgestellte Sportlandschaft, jährlich fließen etwa 20 Millionen Euro in den Bereich. Derzeit sind hier 380 Sportvereine mit insgesamt 142.000 Mitgliedschaften registriert. Von den klassischen Sportarten bis hin zu Nischen-Angeboten ist alles dabei: „Vom Aero-Club bis zum Wandern, die Bremerinnen und Bremer betätigen sich in den verschiedensten Sportarten“, sagt Sport- und Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne). Sie betont die politische Dimension: „Breitensport wird oft als Freizeitvergnügen gesehen, aber in Wahrheit ist er viel mehr: Der Breitensport fördert die Gesundheit und die sozialen Kontakte. Für Kinder ist er ein wichtiger Baustein für soziales Lernen und in der Gesellschaft hat er eine stark integrative Funktion – ganz gleich, ob jemand aus Hessen kommt oder Bayern, ob er aus Syrien zu uns geflohen ist oder aus Afghanistan: Im Sport sprechen alle dieselbe Sprache, lernen einander kennen und schätzen.“ 

Boris Butschkadoff, der Sprecher des Landessportbunds Bremen, ergänzt: „Die Vielfalt im Breitensport entspricht dem Bedürfnis eines großen Teils der Bevölkerung nach sportlicher Aktivität in der Gemeinschaft, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder Leistungsvermögen.“ Und Butschkadoff betont dabei auch: „Die tragende Säule des Breitensports ist das Ehrenamt.“ Ein Satz, den auch Ingrid Linné unterschreiben kann – schließlich lebt sie dieses Prinzip seit Jahrzehnten.  

Pressekontakt:

Elizabeth Gerhard, Sprecherin Bremen 1860, Tel. 0421 20 25 236, E-Mail: e.gerhard@bremen1860.de

Bildmaterial:

Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: “Der Volleyball hat mein Leben bestimmt”, sagt Ingrid Linné. Noch immer steht die 87-Jährige dreimal die Woche auf dem Volleyballfeld bei Bremen 1860. © WFB/Jens Lehmkühler

Foto 2: Drei Gruppen trainiert Ingrid Linné jede Woche bei Bremen 1860 – Kinder und Teenager. © WFB/Jens Lehmkühler

Foto 3: Den Bremer Volleyballsport hat Ingrid Linné als Spielerin, Trainerin und als Funktionärin geprägt, am Vereinsleben schätzt sie auch die Gemeinschaft. © WFB/Jens Lehmkühler

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Journalistinnen und Journalisten den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen.

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