Woran KI-Expert:innen in Bremen forschen
Wissenschaft persönlich6 Wissenschaftler:innen, die intelligente Systeme entwickeln
Geballte Kompetenz aus Bremen: Durch das weit verzweigte Netzwerk aus Forschungseinrichtungen gilt die Hansestadt als erstklassiger Standort für Wissenschaft und Technologie. Dabei forschen kluge Köpfe in Bremen abseits vom Elfenbeinturm, denn Wissenschaft und Wirtschaft sind eng miteinander verbunden. Wer sind die Expertinnen und Experten, die an zukunftsweisenden Themen und Technologien arbeiten?
Monatlich stellen wir hier ein Bremer Innovationscluster vor, zuletzt die ausgeprägte Wissenschaftsvermittlung in den Bereichen Kunst, Kultur, Medien und Kommunikation. Bei den Wissenschaftler:innen dieses Artikels scheint auf den ersten Blick nicht immer klar, wer hier der klügere Kopf ist – der Experte oder das Forschungsobjekt? Wenn ein Computer wie ein Mensch denken und lernen kann, sprechen wir von Künstlicher Intelligenz. Wissenschaftler:innen entwickeln in Bremen künstliche Intelligenzen, die vor allem ein übergreifendes Ziel haben: das menschliche Leben zu unterstützen. Wie das im Einzelfall aussieht und woran die KI-Expert:innen an der Weser forschen, haben wir hier einmal gesammelt.
1. Prof. Dr. Dr. Frank Kirchner
Den Auftakt dieser Liste macht Frank Kirchner: Der Wahlbremer ist Professor der Informatik an der Universität Bremen sowie Geschäftsführender Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) Bremen. Nach einer fünfjährigen Professur in Boston verschlug es den Wissenschaftler in die Hansestadt – aufgrund des tollen Angebots, wie er sagt. Die Bremer Wissenschaftsszene sei intelligent, beständig und habe das gute Gedächtnis eines Elefanten. Am DFKI baut Kirchner zum Beispiel intelligente Roboter, die unter Wasser eingesetzt die Energiegewinnung durch Offshore-Windkraftanlagen kontrollieren. „KI kann in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen unglaublich viel Gutes leisten. Es hängt nur davon ab, wie wir es nutzen“, so der Experte. Von einer den Menschen dominierenden Superintelligenz seien wir aber noch weit entfernt, beruhigt er.
2. Dr. Daniel Nyga
Am Institut für Künstliche Intelligenz der Universität Bremen erforscht er KI-basierte Servicerobotik – die kann zum Beispiel leckere Snacks wie Popcorn oder Pancakes zubereiten. Der Arbeitsalltag von Daniel Nyga ist deshalb trotzdem kein Zuckerschlecken, denn Forschung lebt immer auch vom Scheitern. „Viele Ideen, die man hat, stellen sich als nicht realisierbar heraus oder man stellt erst spät fest, dass man ein wichtiges Detail übersehen hat“, sagt der Wissenschaftler. „Auf diese Weise irren wir uns stetig empor“, fügt er augenzwinkernd hinzu. Spaß an der Sache sei letztendlich das, was zum Erfolg führe – und den hat Nyga. Besonders schätzt er die interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Uni Bremen. Für den gebürtigen Badener „ein sehr inspirierender Ort, an dem viele bemerkenswerte Persönlichkeiten zusammentreffen.“ In die Hansestadt folgte er damals seinem Doktorvater Prof. Michael Beetz, der 2012 die Leitung des Instituts für Künstliche Intelligenz übernahm und das Roboterlabor neu aufbaute.
3. Prof. Dr. Tanja Schultz
Die KI-Expertin forscht und lehrt Informatik an der Universität Bremen und vertritt als Sprecherin das interdisziplinäre Netzwerk „Minds, Media, Machines“. Während ihres Lehramtsstudiums (Mathematik und Sport) entdeckte Schultz ihre Begeisterung für Informatik. An der Uni Bremen entwickelt sie technologische Anwendungen auf der Basis menschlicher Biosignale – und wurde dafür bereits vielfach ausgezeichnet. Sie gründete das Cognitive Systems Lab (CSL), mit dem sie 2015 von der Universität Karlsruhe nach Bremen umzog: Hier arbeitet Schultz gemeinsam mit ihrem Team an kognitiven Systemen, beispielsweise zur Spracherkennung. Die Wissenschaftlerin entwickelte zum Beispiel ein System zur „Lautlosen Sprachkommunikation”, das Muskelbewegungen durch Elektroden aufzeichnet und dadurch lautlos geäußerte Sprache erkennbar macht.
4. Prof. Dr. Dr. Peter Maaß
… legte Stationen an insgesamt acht Universitäten zurück, darunter Boston und Cambridge, bis es den Mathematikprofessor an die Uni Bremen verschlug. Dort ist er nicht nur Direktor des Zentrums für Technomathematik (ZeTeM), sondern auch beteiligt an mehreren Spin-offs – Ausgründungen aus der Wissenschaft. „Seit meiner Promotion bin ich von den Möglichkeiten, die Mathematik als Technologie bietet, begeistert und ebenso oft frustriert davon, dass dies in weiten Teilen von Gesellschaft und Industrie nicht anerkannt wird. Deshalb war es auch immer mein Bestreben, Mathematik für konkrete Anwendungen jenseits der Wissenschaft nutzbar zu machen“, so der Wissenschaftler und Gründer. Ein Beispiel ist die Software des Spin-offs SCiLS für Daten der bildgebenden Massenspektrometrie. Sie hilft bei der Datenanalyse, etwa durch interaktive 2D- und 3D-Visualisierungen, und lässt sich über einen Cloud Service von verschiedenen Standorten aus bedienen.
5. Prof. Dr. Rolf Drechsler
Der Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) Bremen leitet seit 2011 den Forschungsbereich Cyber-Physical Systems. Intelligente, vernetzte Systeme und deren Sicherheit stehen hier im Mittelpunkt – etwa wie wir sie aus Flugzeugen, Autos oder vom Smartphone kennen. „Mit meiner Arbeit ermögliche ich es, dass wir diesen komplexen Systemen auch in Zukunft vertrauen können“, sagt Drechsler. Besonders auffällig in Bremen: wie viele hochmotivierte Menschen in der Hansestadt zusammenkommen – Drechsler nennt das eine „Hier geht was“-Mentalität. Das ist gut so, denn die Informatik wandelt sich schnell und stellt den KI-Experten täglich vor neue Herausforderungen. Um den Kopf anschließend wieder freizubekommen, helfen ihm Sportveranstaltungen – allen voran ein Heimspiel im Weserstadion.
6. Prof. Dr. Christof Büskens
… leitet am Bremer Zentrum für Technomathematik (ZeTeM) die Arbeitsgruppe Optimierung und Optimale Steuerung. Das Team um den Wissenschaftler entwickelt Algorithmen für zahlreiche Anwendungsfelder, etwa für effiziente Energiegewinnungssysteme, autonome Fahrzeuge oder für die maritime Wirtschaft und Logistik. „Die KI wird unser Leben künftig massiv beeinflussen, aber ohne dass wir es merken. Ein Beispiel sind Assistenzsysteme, die uns in vielen Bereichen begegnen, das Automobil ist nur ein Beispiel von vielen. Ein anderes wäre die Steuerung von Ampeln, die mittels KI den Verkehrsfluss intelligenter gestalten kann“, begründet der Wissenschaftler. Dass selbstdenkende Systeme die menschliche Intelligenz nicht ersetzen können, ist für ihn klar – der KI käme stattdessen die Rolle zuteil, uns im Alltag „entscheidend“ zu ergänzen.
Sie möchten noch mehr über die KI-Forschung in Bremen erfahren? Einer der weltweit einflussreichsten Wissenschaftler in seinem Fachgebiet ist Professor Michael Beetz, der seit 2012 an der Universität Bremen forscht. Hier geht es zum Porträt.
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