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17.12.2024 - Insa Lohmann

Die Methanfresser

Wissenschaft

Forschungsgruppe stößt auf nützliche Helfer beim Kampf gegen Klimawandel

Frau steht vor technischen Geräten
Dr. Jana Milucka leitet am Max- Planck-Institut für Marine Mikrobiologie die Forschungsgruppe Treibhausgase. © WFB/Lehmkühler

Nicht nur menschengemachte Technologien setzen klimaschädliche Treibhausgase wie Methan frei, auch natürliche Quellen wie Gewässer spielen dabei eine Rolle. Bremer Forschende haben herausgefunden, dass Bakterien in Seen Methan abbauen und so die Freisetzung in die Atmosphäre verhindern können – eine Entdeckung mit weitreichenden Folgen.

Methan ist nach CO2 das stärkste Treibhausgas und für rund ein Drittel des globalen Temperaturanstiegs verantwortlich. Es entsteht vielerorts im Meer und in Süßgewässern und setzt dort große Mengen des klimaschädlichen Gases frei. Doch es gibt Bakterien, die diesem Gas Einhalt gebieten und damit eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielen könnten. Eine Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen unter der Leitung von Dr. Jana Milucka hat gemeinsam mit einem Wissenschaftsteam aus der Schweiz untersucht, welche winzigen Nützlinge dahinterstecken und welche faszinierenden Prozesse sich in den Seen abspielen.

„Seen sind eine große natürliche Quelle für Methan“

Die meisten Treibhausgase sind menschengemacht, betont die Biologin Jana Milucka. Bei der Tierhaltung in der Landwirtschaft, der Öl- und Gasförderung oder durch in Abfalldeponien wird Methan freigesetzt. Es gibt aber auch natürliche Ursprünge. „Seen beispielsweise sind eine große natürliche Quelle für Methan“, sagt Mikrobiologin Jana Milucka. „Und Methan abzubauen, ist sehr schwer.“ Umso bedeutsamer sind die Erkenntnisse der Forschenden: Sie fanden heraus, dass sogenannte Methanotrophe in den Seen imstande sind, das klimaschädliche Methan aufzunehmen und es zur Energiegewinnung zu nutzen. Damit sind sie so etwas wie ein „biologischer Methanfilter“, denn sie verhindern die Freisetzung des Methans.

Frau am Mikroskop
© Jana Milucka ist fasziniert von Methan-Forschung.

Viele Seen sind sauerstoffarm, Tendenz steigend

Die Entdeckung hilft den Bremer Forschenden, die natürlichen Klimaregulationsprozesse besser zu verstehen und damit auch, was künftig weltweit in den Seen passiert. Denn viele sind sauerstoffarm, die Tendenz ist steigend, sagt die Biologin: „Wenn Sauerstoff in Gewässern fehlt, passieren schlimme Dinge. In diesen sauerstoffarmen Gebieten leben nur wenige einzellige Organismen, und zwar besonders die, die Methan produzieren.“ Den nun entdeckten Methanfressern kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Denn die Forschenden fanden nicht nur heraus, dass die Bakterien die Freisetzung des Methans verhindern. Sie konnten auch ermitteln, wie das den nützlichen Mikroorganismen selbst in sauerstofffreiem Wasser gelingt. Die Studie der Bremer Forschenden und des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag zeigt, dass die Methanotrophen effektiver sind als bisher angenommen.

Ideale Forschungsvoraussetzungen am Zugersee

Um mehr über die Funktion der Bakterien als Methansenke zu erfahren, tauschte Jana Milucka gemeinsam mit ihren Studierenden ihre Forschungsräume gegen ein natürliches Labor ein. Am Zugersee in der Schweiz fanden sie ideale Bedingungen vor: Das Gewässer bietet ab 120 Metern Tiefe eine sauerstofffreie Umgebung, und trotzdem findet man sogenannte aerobe methanoxidierende Bakterien, die – wie ihr Name schon sagt – eigentlich auf Sauerstoff angewiesen sind.

Im Fokus der Untersuchungen stand die Frage, wie diese Mikroorganismen das Methan in dem sauerstofffreien Wasser überhaupt abbauen können. Licht ins Dunkel brachte Methan, das mit schweren Kohlenstoffatomen markiert wurde. So konnten sie den Weg des Kohlenstoffs mit Hilfe hochmoderner Instrumente verfolgen. Von den Ergebnissen waren sie verblüfft: Die Methanotrophen wandelten das klimaschädliche Methan in weniger bedenkliches Kohlendioxid um und bauten einen Teil des Kohlenstoffs direkt in ihre Zellstruktur ein.

Frau vor einer Zimmerpflanze
Jana Milucka kam 2006 ans Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. © WFB/Lehmkühler

„Wir können besser einschätzen, was in den Seen in Zukunft passiert“

Dass die Forschenden nun mehr über die von den Bakterien genutzten Stoffwechselwege wissen, gibt ihnen Aufschluss darüber, welche Rolle die Methanotrophen im globalen Kohlenstoffkreislauf spielen und welche Bedeutung sie für die Regulation des Klimas haben. „Die Methanoxidation durch Mikroorganismen ist die einzige biologische Senke für Methan“, erläutert Jana Milucka. Ihre Aktivität ist daher entscheidend für die Kontrolle der Methanemissionen in die Atmosphäre und für die Regulierung des globalen Klimas. „Es war ein schöner Moment, als die Fragen im Rahmen unserer Forschung beantwortet werden konnten“, sagt Jana Milucka. „Jetzt wissen wir, was in den Seen passiert und können besser einschätzen, was dort in Zukunft passiert.“

Als Doktorandin nach Bremen gekommen

Für sie sei die Feldarbeit, wie sie am Schweizer See stattgefunden hat, immer eine besondere Phase der Forschung. „Ich finde es toll, mit dem Boot rauszufahren und nicht nur anonyme Datensätze im Labor zu analysieren.“ Milucka, die in der Slowakei aufgewachsen ist, kam 2006 als Doktorandin ans Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. „Ein Schulfreund arbeitete am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und arbeitete viel auf Forschungsschiffen und Expeditionen, das wollte ich auch“, sagt sie. In der Abteilung Mikrobiologie kam sie das erste Mal mit Methan in Berührung. „Das hat mich sofort fasziniert“, sagt sie. Inzwischen ist sie nicht nur beruflich tief in Bremen verwurzelt, sondern auch mit ihrer Familie: „Ich mag den Trubel, es ist immer etwas los in der Stadt.“

Pressekontakt: Dr. Jana Milucka, MPI für Marine Mikrobiologie, Tel: 0421 2028-6340, Mail: jmilucka@mpi-bremen.de

Autorin: Insa Lohmann

Bildmaterial: Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Dr. Jana Milucka leitet am Max- Planck-Institut für Marine Mikrobiologie die Forschungsgruppe Treibhausgase. ©WFB/Lehmkühler

Foto 2: Jana Milucka ist fasziniert von Methan-Forschung. ©WFB/Jens Lehmkühler

Foto 3: Jana Milucka kam 2006 ans Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. ©WFB/Jens Lehmkühler

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz, herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalistinnen und Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Redaktionen den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen. Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an: pressedienst@bremen.de

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