3D-Drucker fürs Weltall
Luft- und RaumfahrtForschungsteam der Bremer Constructor University entwickelt innovative 3D-Drucker
Wenn es nach SpaceX-Gründer Elon Musk geht, könnten bis 2050 die ersten Besiedlungen auf dem Mars entstehen. Doch wie die Häuser auf unseren Nachbarplaneten kommen sollen, darauf hat man auch in den USA noch keine ausreichende Antwort. An einer Lösung dafür wird seit Kurzem in der Hansestadt gearbeitet: Ein Forschungsteam der Constructor University in Bremen-Nord hat in einer Garage auf dem Gelände den weltweit größten Industrie-3D-Drucker gebaut. Und dabei soll es nicht bleiben.
Leiter Yilmaz Uygun und sein Team aus Forschenden und Studierenden wollen einen 3D-Drucker entwickeln, der ohne Schwerkraft auskommt. Die Idee dahinter: Das Gerät aus Bremen wird ins All geschickt und kann dort beliebig große Teile, etwa Werkzeuge oder Ersatzteile, drucken. „3D-Druck in der Schwerelosigkeit wäre ein großer Durchbruch“, sagt Yilmaz Uygun, Logistik-Professor an der Constructor University. Denn damit könnten Häuser und ganze Städte auf dem Mond oder dem Mars Wirklichkeit werden.
Rotierender Drucker braucht keine Schwerkraft
Doch was in der Theorie relativ simpel klingt, ist für das Forschungsteam eine große Aufgabe: „Im Weltall gibt es das Problem, dass die Erdanziehung fehlt. Das war schon eine spannende Herausforderung für uns“, sagt Professor Uygun. „Wir haben schließlich einen rotierenden Drucker entwickelt, mit dem wir die Schwerkraft nicht brauchen.“ Damit soll das Gerät auch besonders schwere Werkzeuge drucken können. Schließlich kostet jedes Kilo, das den Weg in den Orbit findet, die Weltraumbehörden viel Geld. Eine erste Raumfahrtbehörde hat bereits Interesse an der Erfindung aus Bremen gezeigt. Schon im kommenden Jahr könnte das Gerät in der Schwerelosigkeit erprobt werden. „Wenn der Drucker sich im All bewährt, werden sich auch auf der Erde neue Geschäftsfelder erschließen“, hofft Uygun. „Da wären wir Pioniere.“
„3D-Drucker war eigentlich nur Mittel zum Zweck“
Yilmaz Uygun ist selbst immer noch ein wenig erstaunt, wenn er die Entstehungsgeschichte des 3D-Druckers erzählt, der künftig die Luft- und Raumfahrtindustrie revolutionieren könnte. Denn ursprünglich ging es den Ingenieurinnen und Ingenieuren gar nicht um das Gerät. Vor rund zehn Jahren begann der Wahl-Bremer Uygun Auftragsarbeiten für die Industrie umzusetzen, vor allem für die Windenergiebranche. Darunter war auch ein von der Metropolregion Nordwest gefördertes Pilotprojekt zur Entwicklung von Windrädern. Die Bauweise der Windmühlen war so komplex, dass der 3D-Druck plötzlich näher lag als eine konventionelle Fertigung. „Der 3D-Drucker war eigentlich nur Mittel zum Zweck“, erinnert sich Uygun. „Aber dann haben wir irgendwann gemerkt, dass mit ihm noch mehr geht.“
Bis zu drei Meter hohe Teile können gedruckt werden
Die gewünschten Windanlagen wurden immer größer, also bauten Uygun und sein Team ein größeres Gerät – herausgekommen ist der weltweit größte Delta-3D-Drucker. Das Besondere daran: Er verfügt über drei Arme, die jeweils an Rollen befestigt sind und mit einzelnen Motoren angetrieben sind. „Damit rückte der 3D-Druck auf einmal in den Mittelpunkt unserer Forschung“, berichtet der 42-Jährige. Bis zu drei Meter hohe Teile können mittlerweile in Bremen-Nord gedruckt werden.
Die großformatige Fertigung sei ein Paradebeispiel dafür, wie aus der Grundlagenforschung industrielle Anwendungen entstehen können. Denn was zunächst mit institutionellen Mitteln begann, konnte über eine finanzielle Unterstützung der Bremer Kieserling-Stiftung weiterentwickelt werden. Das Projekt wurde schließlich in das EXIST-Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums aufgenommen, das Existenzgründungen aus der Wissenschaft unterstützt. So konnten Uygun und sein Team die ersten Schritte zur Kommerzialisierung des 3D-Drucks beschreiten.
Aus der Forschungsgruppe ist ein Start-up geworden
Seit die Erfindungen aus Bremen auch das Interesse der Luft- und Raumfahrtindustrie geweckt haben, ist bei Yilmaz Uygun und seinem Team eine Menge in Bewegung geraten. Aus der Forschungsgruppe ging nicht nur das Start-up NebulaForm hervor, die Firma wurde auch in den Raumfahrtinkubator „ESA BIC Northern Germany“ der Europäischen Weltraumorganisation aufgenommen. Dieser hat seinen Sitz in Bremen und unterstützt innovative Neugründungen bis zu zwei Jahre mit einer finanziellen Förderung von 50.000 Euro. Das Geld und die Kontakte innerhalb der Raumfahrtindustrie wollen Uygun und sein Team dafür einsetzen, um den von ihnen entwickelten Delta-3D-Drucker für die Raumfahrtbranche zu nutzen.
Der Druckbereich soll immer größer werden
Bisher sind viele Bauteile für die Raumfahrt Einzel- und Sonderanfertigungen oder werden nur in kleinen Stückzahlen hergestellt. Yilmaz Uygun, der ursprünglich aus dem westfälischen Ahlen kommt und seit 2016 an der Constructor (vormals: Jacobs) University lehrt, ist davon überzeugt, dass mit dem großformatigen 3D-Drucker Ausrüstungsgegenstände schneller und günstiger hergestellt werden können als durch herkömmliche Verfahren. Ihr Gerät wollen sie außerdem so weiterentwickeln, dass neue Werkstoffe wie Karbonfasern oder Hochleistungskunststoffe genutzt werden können, die auch bei Temperaturen von weit mehr als 300 Grad Celsius nicht schmelzen. Der Druckbereich soll bis auf 24 Kubikmeter wachsen. „Damit könnte man sogar schon ein Auto drucken“, sagt Uygun.
Bremen als Standortvorteil
In Bremen sieht Ingenieur Yilmaz Uygun gleich mehrere Standortvorteile für den Aufbau seines Start-ups: visionäre Stiftungen und eine gute Förderlandschaft, eine große Raumfahrtindustrie, qualifizierten Nachwuchs von den Hochschulen und Universitäten – und nicht zuletzt die Unterstützung der Stadt Bremen, unter anderem durch die Wirtschaftsförderung Bremen und das Starthaus, der Anlaufstelle für Gründerinnen und Gründer. „Das Ökosystem in Bremen ist ideal“, sagt Yilmaz Uygun. „Denn es gibt ein ehrliches Interesse daran, hier Start-ups großzuziehen.“ Auch für Wachstum sieht der 42-Jährige großes Potenzial am Standort: „Wir wollen auf Eigengewächse und Talente aus der Region setzen, da ist Bremen sehr gut aufgestellt.“ Mit rund 12.000 Beschäftigten hat Bremen gemessen an den Einwohnerinnen und Einwohnern die höchste Luft- und Raumfahrtbeschäftigungsdichte in Deutschland. Uygun zeigt sich optimistisch: „Wir stehen noch am Anfang, aber wenn wir unsere Sachen gut machen, kann etwas Großes daraus werden.“
Pressekontakt: Yilmasz Uygun, Professor für Logistics Engineering, Technologies and Processes, Tel. 0421 200 49 3478, Mail: yuygun@constructor.university
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