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14.3.2025 - Insa Lohmann

Zelltransport: Bremer Forschende feiern Durchbruch

Pressedienst

Wissenschaftler sehen neue Möglichkeiten in der Behandlung von Krankheiten

Forscherin mit Pipette
Dr. Andrea Barba-Bon forscht an der Constructor University Bremen. ©WFB/Jens Lehmkühler © WFB/Lehmkühler

Wie gelangen Medikamente in die Zellen? Diese Frage ist eine der zentralen Herausforderungen für die Zellforschung. Forschenden der Bremer Constructor University ist nun ein Durchbruch gelungen: Sie haben eine Methode entdeckt, wie Zellbarrieren geknackt werden können. Das eröffnet neue Chancen bei der Bekämpfung von Krankheiten.

Dr. Andrea Barba-Bon und ihre Kollegen und Kolleginnen haben es im Labor immer und immer wieder getestet, bis sie langsam realisierten: Ihre Entdeckung könnte ein echter Durchbruch in der Zellforschung sein. Ihre neue Methode hat nach Angaben der Forschenden das Potenzial für die nächste Stufe der Anwendung von Arzneimitteln.

Seit neun Jahren untersucht die Wissenschaftlerin Barba-Bon in einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dr. Werner Nau, Professor für Chemie an der Bremer Constructor University, das Verhalten und die Wirkung von Molekülen. „Diese Forschung ist sehr relevant im Bereich neuer Medikamente“, so Nau. Die zentralen Fragen lauten: Wohin gehen Moleküle? Und wie bekommt man die Moleküle genau dahin, wo sie wirksam sein sollen? Alles, was neu und unbekannt ist, sei schwierig reinzubekommen in die Zellen, erläutert Werner Nau die Herausforderung.

Zellen sind Meister des Selbstschutzes

Denn Zellen sind echte Meister der Selbstverteidigung, sie schützen sich durch eine Vielzahl von Barrieren. Ihre Membranen lassen zwar die für sie lebensnotwendigen Stoffe rein, sperren aber andere Substanzen aus – auch solche, die etwa Krankheiten bekämpfen sollen. Diese natürlichen Barrieren der Zellen zu überwinden, ist ein zentraler Kern der Forschenden an der Constructor University. Gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der spanischen Universität Santiago de Compostela haben sie nun eine neue Methode entwickelt, mit der verschiedene Wirkstoffe in die Zelle transportiert werden können – darunter auch solche, die Antibiotikaresistenzen überwinden können.

Neue Methode könnte weniger Nebenwirkungen bewirken

Bislang mussten sehr komplexe und teilweise toxische Verfahren verwendet werden, um die Zellwände zu überwinden. Bei ihrer Forschung kam den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Bremen die Nutzung eines wasserlöslichen Clusters auf Basis des Elements Bor zugute. „Diese eignen sich sehr gut, um auch größere Moleküle durch die Membran zu transportieren“, sagt Werner Nau.

Ihr großer Vorteil: Bor-Cluster sind eine anorganische, wasserlösliche Verbindung, die im Körper nicht von Enzymen oder Bakterien angegriffen wird. „Damit ist es ein Proteintransportmittel von hoher Effizienz“, sagt Andrea Barba-Bon. Das Protein in der Zelle bleibt damit aktiv und kann seiner eigentlichen Aufgabe nachgehen, beispielweise der Bekämpfung von Tumoren. Für Patientinnen und Patienten könnte die neue Methode künftig weniger Nebenwirkungen bedeuten, da durch den effizienteren Transport niedrigere Dosierungen in der Therapie möglich seien.

Zwei Menschen im Labor
Andrea Barba-Bon und Werner Nau forschen, wie Zellbarrieren überwunden werden können. © WFB/Lehmkühler

Moleküle gezielt in Zellen schleusen – dank Bor-Cluster

„Mit Bor-Clustern als Breitbandtransporter kann man Krankheitserreger praktisch mit ihren biologischen Waffen schlagen“, sagt Werner Nau. „Da fehlte bisher eine gute Allround-Methode.“ Das neue Verfahren biete eine große Bandbreite an möglichen Anwendungen: So könnten beispielsweise Medikamente der neuesten Generation wie Peptide den Weg in die Zelle finden. Peptide sind gefragte Wirkstoffe, sie finden etwa bei Krebstherapien, in Antibiotika, Vakzinen und vielen neuartigen Arzneimitteln Anwendung. Auch in der Kosmetikindustrie werden sie genutzt. Das neu entdeckte Verfahren habe das Potenzial, die zellbiologische Forschung und medizinische Therapie zu revolutionieren, sind sich die Bremer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einig. Der nächste Schritt sei nun, den Transport der Proteine zielgerichteter zu gestalten, um unterschiedliche Krankheiten direkter bekämpfen zu können. „Das ist aber ein langer Prozess“, räumt Andrea Barba-Bon ein.

Noch ein langer Weg in den medizinischen Bereich

„Die Forschung ist wirklich noch ganz frisch“, sagt auch Professor Werner Nau. Wichtig sei nun, sich das Verfahren umfassend patentieren zu lassen, damit es für Unternehmen aus der Pharmabranche attraktiver werde. Doch das sei meist nur der Anfang. „Es ist ein langer Weg in den medizinischen Bereich“, weiß Nau.

Darum forschen die Bremer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verstärkt an der Frage, wie die Moleküle in den Zellen wirken. „Bisherige Methoden schädigen die Membran, das ist mit unserem Verfahren, das auf Bor-Cluster setzt, nun leichter“, erläutert Nau. „Mit diesem Forschungsansatz möchten wir auch das Interesse in der Industrie verstärken.“ Die Forschenden aus Bremen sind zuversichtlich, dass ihr neu entdecktes Verfahren früher oder später den Weg in die Pharmaindustrie finden wird. Bekannte Pharma-Großunternehmen nutzen schließlich auch bereits Anwendungen und Methoden, die an der Constructor University entwickelt wurden.

Pressekontakt: Prof. Dr. Werner Nau, Constructor University, Tel. 0421 200 3233, Mail: wnau@constructor.university

Autorin: Insa Lohmann

Bildmaterial: Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Dr. Andrea Barba-Bon forscht an der Constructor University Bremen. ©WFB/Jens Lehmkühler

Foto 2: Andrea Barba-Bon und Werner Nau forschen, wie Zellbarrieren überwunden werden können. ©WFB/Jens Lehmkühler

Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz, herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalistinnen und Journalisten geschrieben werden. Es ist erwünscht, dass Redaktionen den Text komplett, in Auszügen oder Zitate daraus übernehmen. Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an: pressedienst@bremen.de

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