"Nicht gefunden gibt's nicht" - die Stadt als Filmmotiv
KreativwirtschaftDie Stadt als Filmmotiv
Zu Kay Schellacks Job gehört seit 20 Jahren, mit wachem Blick durch die Stadt zu gehen. Er ist Locationscout für Film und Fernsehen und hat auch die Drehorte für den Bremer „Tatort“, der Pfingsten 2016 ausgestrahlt wurde, gesucht.
Kay Schellack steht am Rande des Bremer Domshofs und blickt sich um. „Der Neptunbrunnen“, sagt der Locationsscout und zeigt auf ein Wasserkunstwerk, „ist ein schönes Motiv.“ Je nach Perspektive ist mal der Dom, mal das Rathaus, mal der Platz im Hintergrund zu sehen. Er würde sich durchaus als Motiv für eine Szene im Bremer „Tatort“ eignen.„Man guckt natürlich immer, was in der Stadt passiert, weil alles potenzielles Motiv sein kann“, sagt Schellack über seine Berufsausübung. Seit 20 Jahren ist er im Filmgeschäft, hat für das Hamburger „Großstadtrevier“ ebenso Motive gesucht wie für den Bremer und den Niedersachsen-„Tatort“. Er weiß: Orte verändern sich, Gebäude verschwinden und andere entstehen. In Bremen sind zum Beispiel im alten Hafengebiet mit der entstehenden Überseestadt neue Motive dazugekommen.
Viele Kriterien muss eine „Location“ erfüllen
Mit jedem Drehbuch, mit jeder Geschichte sind Motive und Drehorte gefragt: „Die Anforderungen an das, was eine ‚Location’ können muss, sind ganz unterschiedlich“, erklärt Schellack. Wichtig sei: „Erst mal muss sie der Kunst genügen.“ Locationscouts zählen zu den ersten, die ein Drehbuch lesen, das verfilmt werden soll. Ihre Arbeit besteht darin, es in Einzelmotive aufzudröseln – und sich dann auf die Suche nach realen Orten zu machen, an denen die Szenen gedreht werden können. Mit dem Filmausstatter gibt es erste Gespräche, es folgen Motivbesichtigungen mit Regie, Kamera und Redaktion, die letztlich über die Auswahl entscheiden. „Man muss viel miteinander reden“, sagt Schellack. Denn wie ein Regisseur oder eine Kamerafrau eine Szene darstellen will, sind für ihn wichtige Kriterien bei der Suche nach einem Drehort. Dabei geht es nicht allein um die Optik, sondern auch um organisatorische und technische Fragen: Ermöglicht der Drehort eine Aufnahme in der Totale? Sind Drehgenehmigungen zu bekommen? Bei Innenaufnahmen muss gewährleistet sein, dass ein großes Filmteam dort agieren kann.
Man braucht mehr Platz als gezeigt wird.
Kay Schellack, Locationscout
Motive für den neuen Bremer „Tatort“ gesucht
An welche Orte das Bremer Kommissaren-Duo Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) ihr 36. Fall am Pfingstsonntag 2016 zur besten Sendezeit in der ARD führt, darf Schellack vorab leider nicht verraten. Zur Geschichte von „Der hundertste Affe“ (Regie: Florian Baxmeyer) ist bekannt: Erpresser fordern die Freilassung eines inhaftierten Biochemikers, der an gentechnisch verändertem Saatgut geforscht hat, und schrecken vor nichts zurück. Lürsen und Stedefreund müssen die Stadt vor einem katastrophalen Anschlag bewahren. Das Bremer Publikum wird – so viel ist seit den Dreharbeiten klar – das Stadionbad neben dem Weser-Stadion erkennen, und auch in die Innenstadt hat Schellack die Motivsuche wieder geführt.
Der Locationscout ist schon längst am nächsten Fall dran. Vier bis sechs Wochen hat er für die Motivsuche eines „Tatorts“ in der Regel Zeit. Sie führt ihn in viele Stadtteile, schließlich sollen die Geschichten aus dem Leben gegriffen sein; die Protagonisten sind bisweilen „ganz normale Menschen“ von nebenan. „Motive erzählen auch etwas über die Leute.“ Dann gehört es zu seinem Job, an Türen von Bungalows und Stadtwohnungen zu klingeln, wenn diese als Drehort interessant erscheinen. „Ich habe kein Problem zu fragen. Es bedeutet ja auch, dass jemand Nein sagen kann“, sagt Schellack. „Es gehört zu meinem Job, den Leuten zu erklären, ihr Tafelgeschirr am besten wegzuschließen und dass am Drehtag 30-40 Leute dort sind und arbeiten.“ Die Vereinbarung mit den Bewohnern sei klar geregelt, das Objekt werde für die Drehzeit angemietet.
Der Deal ist: Hinterher sieht es aus wie vorher.
Kay Schellack, Locationscout
So wie viele Locationscouts ist Schellack auch Motivaufnahmeleiter. Das heißt, seine Arbeit ist nicht mit dem Finden eines Drehortes abgeschlossen. Während der Aufnahmen ist er für die Logistik zuständig, damit alles glatt läuft, Drehgenehmigungen vorliegen und in Privatwohnungen alles geregelt ist. Unvorhergesehenes gibt es dabei immer wieder, schließlich sind die Orte keine Studiokulissen. „Es kann passieren, dass ein Gerüst am Drehort steht, wo letzte Woche noch keines stand.“
Bremen bietet viele Motive
Schellacks Auftraggeber sind Filmproduktionsfirmen und Fernsehsender. Nun ist Bremen nicht der Nabel der deutschen Filmwirtschaft, aber genau darin sieht Schellack auch einen Vorteil: Anders als in den Filmgroßstädten Berlin oder Köln ist das Arbeiten unkomplizierter. Die Stadt ist von Drehteams nicht überlaufen: Hier ist es einfacher als in den gefragten Bezirken Berlins Drehgenehmigungen zu erhalten. „Ich kann Bremen als Drehort empfehlen“, sagt der Locationscout, der einst als Quereinsteiger zu seinem Beruf kam, für den es keine formale Ausbildung gibt. Wenn eine Skyline gewünscht ist, werde es zwar schwierig, aber der „Scout“ hat auch schon passende Motive für Filme gefunden, die eigentlich in St. Pauli und in der englischen Stadt Kent spielten. Zu seinen Lieblingsprojekten zählte übrigens die Sven-Regener-Verfilmung „Neue Vahr Süd“.
„Nicht gefunden gibt’s nicht“
Über 20 Jahre auf der Suche: Gab es auch Motive, die sich schlicht nicht fanden? „Nicht gefunden gibt’s nicht“, sagt Schellack. Aber sicherlich gebe es bei jedem Film ein, zwei Motive, nach denen man länger suchen müsse. Zum Beispiel, wenn das Haus des Protagonisten in Flammen aufgehen soll. In dem Fall wurde eine leer stehende Scheune gefunden, für die der Eigentümer keine Verwendung mehr hatte. „Es wurde geklärt, dass wir nachher den Schutt wegräumen.“
Bei der Frage, ob es noch einen Ort gibt, den er gern mal in einem Film unterbringen würde, muss der Locationscout überlegen. Lange war das ein einsam an der Weser stehender Molenturm, sagt er, doch den hat er vor einiger Zeit endlich in der Vorabendserie „Unter Gaunern“ unterbringen können. Ein Ort für ein konspiratives Treffen war gesucht worden, der Turm am Ende einer Landzunge in der Überseestadt passte perfekt als Motiv. „Aber logistisch war es eine Katastrophe“, erinnert sich Schellack lachend. Zuerst muss ein Motiv eben der Kunst genügen.
Mehr Informationen zum Locationsscout gibt es unter www.nordmedia.de/pages/service/film_commission/locationscouts/subpages/kay_schellack/index.html
Pressekontakt: Kay Schellack, Locationscout und Motivaufnahmeleiter, Tel. 0171 – 645 81 43, kay.schellack@gmail.com
Bilddownload
Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.
Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen arbeitet ähnlich wie ein Korrespondentenbüro. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden.
Bei Fragen schreiben Sie einfach eine E-Mail an pressedienst@bremen.de.
Erfolgsgeschichten
Er sorgt dafür, dass sich das Publikum in wenigen Augenblicken in einer Szene orientieren kann: Weit mehr als hundert Filmproduktionen hat der Bremer Szenenbildner Dennis Duis schon begleitet und dabei mit Bildern und Stimmungen die jeweilige Welt geschaffen, in der die Handlung spielt. Eines seiner jüngsten Projekte wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.
Mehr erfahrenAls Kunstprojekt gestartet, hat sich das Bremer Start-up ooley mit seinen nachhaltigen Designsocken am Markt etabliert. Gestaltet wird in Bremen, produziert wird in Italien, verkauft wird in 150 Geschäften sowie online. Im Sortiment sind auch Sockenmotive mit Lokalkolorit, sei es die Weser oder der Grünkohl.
Mehr erfahrenEs klingt unglaublich: Zuchtfische erhalten in Aquakulturen häufig Futter, für dessen Herstellung wild lebender Fisch gefangen wird. Um diesen Raubbau einzuschränken, arbeiten Fachleute der Hochschule Bremerhaven an einer Alternative. Mehlwürmer sollen den Proteinbedarf von Forellen, Lachs und Co. decken.
zur BiS Bremerhaven