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7.8.2019 - Thomas Joppig

Der Bürgerpark – eine Großstadtoase

Lebensqualität

Ein hanseatischer Park

Abenteuerland für Kinder, Idyll für Verliebte, Rückzugsort für Gestresste, Anziehungspunkt für Kultur- und Naturliebhaber und Joggingstrecke: Der unter Denkmalschutz stehende Bremer Bürgerpark ist alles in einem. Seit 150 Jahren wird er allein mithilfe von Spenden erhalten.

Die vielbefahrene Parkallee ist gerade mal ein paar Gehminuten entfernt, da taucht das Gebäude zwischen hohen Bäumen auf. Idyllisch gelegen wie das Forsthaus Falkenau aus der gleichnamigen Fernsehserie und gebaut wie ein kleiner Almhof in den Schweizer Bergen: Was für Pastoren das Pfarrhaus ist, das ist für Bürgerpark-Direktoren das Schweizerhaus. Wer hier wohnt, hat sich für ein Leben entschieden, in dem Beruf und Privatleben oft ineinanderfließen. Seit 2012 ist Tim Großmann Direktor des Bremer Bürgerparks und hat seitdem ein besonderes Verhältnis zu Bremens grüner Lunge entwickelt, die 2016 150. Geburtstag feierte.

Morgens, nach dem Frühstück mit seiner Frau und der Tochter, braucht der studierte Landschaftsarchitekt nur durch den Garten zu gehen, und schon ist er in seinem Büro im Verwaltungsgebäude. Im Bürgerpark einfach mal abschalten – das ist für ihn nicht drin: „Auch wenn ich durch den Park jogge, ist der innere Scanner immer an“, erzählt er lachend. Wie entwickeln sich die neuen Bäume? Lässt sich das Hinweisschild da drüben noch lesen? Muss da ein Zaun repariert werden? Solche Fragen kann er nicht ausblenden. Dafür ist dem gebürtigen Wanne-Eickeler der Park zu sehr ans Herz gewachsen.

Keine Steuergelder für den klassischen Landschaftspark

Mit dieser Haltung ist er in Bremen nicht allein. Der Bürgerpark ist ein Ort mit faszinierenden Eigenschaften: Er liegt im Herzen der Stadt, doch das scheint schon nach wenigen Metern längst vergessen. Er wirkt wie eine natürlich entstandene Landschaft, steht aber unter Denkmalschutz. Er ist eine echte Konstante im Leben vieler Bremer, obwohl er sich selbst unaufhörlich verändert. Vor allem aber ist er für jeden kostenfrei zugänglich, kommt aber ohne Steuergelder aus. Stattdessen wird er seit seiner Gründung mithilfe von Spenden und privaten Zuwendungen wie Erbschaften und Stiftungsgeldern erhalten. „Das kann kein anderer Park dieser Größenordnung in Deutschland von sich behaupten“, sagt Großmann.

Wohlhabende Bremer Kaufleute fassten 1865 den Plan, auf einem brachliegenden Wiesengrundstück einen Park für alle Bürger zu errichten. Weil der Senat für dieses Vorhaben keine Steuergelder locker machen wollte, gründeten sie ein „Comité zur Bewaldung der Bürgerweide“. Die anfangs 60 Mitglieder entschieden sich für einen Entwurf des Landschaftsarchitekten Wilhelm Benque, der den Bürgerpark als klassischen Landschaftspark konzipierte. „Damit lag er im Trend der Zeit“, sagt Großmann. „Die Ära der Barockgärten mit ihren exakt beschnittenen Bäumen und Hecken war vorbei. Nun waren Parks gefragt, die eher wie eine natürliche Landschaft wirkten.“

Die Initiative bekam regen Zulauf und zählte schon bald 800 Mitglieder. Bereits am 28. Juni 1866 begannen Arbeiter damit, den heutigen Emmasee auszuheben. Der erste Spatenstich markiert die Geburtsstunde des Bürgerparks. Wilhelm Benque wurde erster Parkdirektor. Er starb 1895.

In seiner heutigen Schönheit hat er (Wilhelm Benque) den Park nie gesehen, denn viele Bäume waren damals ja noch vergleichsweise jung und niedrig. Aber er hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie der Park für die Generationen nach ihm aussehen sollte. Vom Abstand der Bäume bis zu den Sichtachsen zwischen den Arealen hat er alles so exakt geplant, dass sein Entwurf bis heute funktioniert.

Tim Großmann, Direktor des Bremer Bürgerparks

200 Hektar Grünfläche und 52 Bauwerke

Selbst in harten Kriegs- und Nachkriegswintern wurden hier keine Bäume gefällt und zu Brennholz verarbeitet, was in anderen Parks damals durchaus üblich war. „So eine Historie ist einerseits beruhigend, andererseits aber auch eine Herausforderung für die Zukunft“, sagt Großmann. „Obwohl wir viele treue Spender haben, ist der Bürgerpark kein Selbstläufer“, betont er. Schließlich müssen nicht nur 200 Hektar Grünfläche in Schuss gehalten werden, sondern auch 52 Gebäude und Brücken erhalten werden, die sich über das gesamte Areal verteilen. Mehr als zwei Millionen Euro kostet das pro Jahr. 30 Mitarbeiter arbeiten im und für den Park. Eine Hauptsaison gibt es nicht: „Der Park beschäftigt uns das ganze Jahr“, sagt Obergärtner Heiko Lustfeld. „Im Frühjahr pflanzen wir, im Sommer mähen wir die Wiesen, im Herbst muss das Laub weggeräumt werden und im Winter der Schnee.“

Auch auf den sechs Spielplätzen müsse häufig etwas repariert oder erneuert werden. Lustfeld arbeitet seit mehr als 20 Jahren im Bürgerpark – und kennt sich nicht nur mit den fast 10.000 Bäumen bestens aus, sondern auch mit der Geschichte des Areals. Besonders der beherzte Parkdirektor Hugo Riggers hat es ihm angetan. „Der hat während des Zweiten Weltkriegs klammheimlich die Bronzeplastiken und die Metallverzierungen der Brunnen im Park vergraben lassen. Sonst wäre das wohl alles für die Rüstung eingeschmolzen worden.“

Kostspielige Sanierungsarbeiten

Heute dagegen müssen im Park andere Herausforderungen gemeistert werden. Die altehrwürdigen Brücken, Brunnen und steinernen Bänke bedürfen einer intensiven Pflege und alle paar Jahre einer gründlichen Renovierung. Spenden, Stiftungsgelder, Mitgliedsbeiträge für den Bürgerpark-Verein, die jährliche Bürgerpark-Tombola, Benefizkonzerte – das alles hat zwar in den vergangenen Jahren genügend Geld eingespielt, um die laufenden Kosten für den Betrieb des Parks zu decken. „Aber um beispielsweise einen großen Brunnen wie den Markusbrunnen zu sanieren, sind schnell mal 200.000 Euro fällig“, sagt Großmann. „Eine solche Summe müssen wir erst mal zusammen bekommen.“ Hinzu kommt: Immer mehr Bäume aus den Anfangsjahren werden morsch und müssen durch neue ersetzt werden. Hierbei helfen seit rund 15 Jahren Baumspender, die ab 450 Euro eine Baum-Patenschaft übernehmen können. Rund 1.500 Bäume haben sie dem Park schon gestiftet. Nicht als kleine Setzlinge, sondern als drei bis fünf Meter hohe Jungbäume, die Lücken im Park schließen. Wer welchen Baum gespendet hat, sieht niemand. Der Bürgerpark sei ohnehin „ein sehr hanseatischer Park“, findet Obergärtner Lustfeld. „Die Bremer genießen ihn und spenden für ihn, ohne das an die große Glocke zu hängen.“

Baumpaten helfen dem Park

So wie jenes Ehepaar, Anfang 70, das dem Park im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte elf Buchen, eine Sicheltannne und eine Goldlärche gespendet hat. „Wir haben durch unsere täglichen Jogging- und Nordic-Walking-Runden viel vom Bürgerpark profitiert und wollten etwas zurückgeben“, sagt Rüdiger S., der – wie zum Beweis für die hanseatische Diskretion – seinen vollen Namen nicht in der Öffentlichkeit lesen will. „Etwa einmal pro Woche besuchen wir unsere Patenbäume“, sagt er mit einem Schmunzeln. „An heißen Sommertagen bringen wir auch schon mal Flaschen mit Wasser vorbei, um sie zu gießen.“ Gründe, einen Baum zu spenden, haben er und seine Frau in den vergangenen Jahren oft gefunden. Bei besonderen Geburtstagen wünschten sie sich statt Geschenken Geld für eine Baumspende, und auch ihre sechs Enkelkinder haben inzwischen jeweils ihren eigenen Patenbaum von den Großeltern bekommen. Gemeinsam formieren sie sich zu einem kleinen Wäldchen.

Unsere jüngste Enkelin hat ihren Baum bekommen, als sie vier Jahre alt war. Nach der Baumtaufe mit dem Parkdirektor war sie ganz aufgeregt und wollte gleich am nächsten Morgen nachschauen, ob er schon gewachsen ist.



anonyme Baumspenderin

Auch die nächsten Baumspenden hat das Ehepaar schon geplant: Im Jubiläumsjahr wollen sie ihren drei Söhnen jeweils einen Patenbaum schenken.

Ein Ort mit vielen Facetten

Parkdirektor Großmann ist denn auch bei allen Herausforderungen zuversichtlich, dass weiterhin genug Geld zusammenkommt, um den Bürgerpark ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten. „Wir müssen allerdings immer wieder neue Quellen auftun und dürfen uns nicht auf der langen Erfolgsgeschichte des Parks ausruhen.“ Hoffnung für die Zukunft macht ihm vor allem das enge Verhältnis der Bremer zum Bürgerpark, das auf ganz unterschiedlichen Gründen beruhe. In der Tat: Wer sich mit Bremern über den Bürgerpark unterhält, hört so viele verschiedene Geschichten, dass er fast vergessen könnte, dass es dabei immer um denselben Park geht. Da gibt es verliebte Paare, die ihr erstes Rendezvous im Café am Emmasee hatten oder mit einem Holzboot durch die malerischen Kanalwege gerudert sind. Da sind junge Familien, die den Park lieben, weil er neben den sechs Spielplätzen auch ein Tiergehege und einmal pro Jahr einen riesigen Kindertag mit 50.000 Besuchern bietet. Da sind Naturfreunde, die bei Exkursionen im Park Heilkräuter oder Vogelstimmen entdecken. Oder Klassikliebhaber, die es jedes Jahr mit Fackeln und Picknickstühlen zum Open-Air-Konzert „Musik und Licht am Hollersee“ zieht.

Dass der Bürgerpark ein breites Publikum anlocken sollte, war bereits der Wunsch seiner Gründer. „Für Herr und Gesind, Mann, Weib und Kind, zu Nutz und Freud, für alle Zeit“. Diese Worte sind auf einer steinernen Bank eingemeißelt. Sie steht direkt am Emmasee. Dort, wo vor mehr als 150 Jahren die Geschichte des Bürgerparks begann.


Mehr Informationen und Aktuelles rund um den Bürgerpark gibt es unter www.buergerpark.de

Pressekontakt: Tim Großmann, Bürgerpark-Direktor, Tel. 0421 – 34 20 70, info@buergerpark-bremen.de


Bilddownload

Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Tim Großmann lebt, wo er arbeitet: Wie seine Vorgänger bewohnt der Direktor des Bürgerparks Bremen im 1871 entstandenen „Schweizerhaus“, dem zweitgrößten Gebäude im Bürgerpark. © Thomas Joppig

Foto 2: Egal zu welcher Jahreszeit, der Bürgerpark macht stets eine gute Figur. Dieses Jahr feiert die grüne Oase der Hansestadt Bremen ihr 150-jähriges Jubiläum und beweist, dass manche Dinge mit dem Alter immer besser werden. © Bürgerparkverein Bremen


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