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12.6.2017 - Astrid Labbert

Unkraut-Liebhaber mit Leidenschaft

Wissenschaft

Jürgen Feder führt bundesweit auf „Botanik-Safaris“ durch die Natur

Extrem-Botaniker – die Bezeichnung ist äußerst ungewöhnlich, passt aber genau zu Jürgen Feder. Der Bremer nennt sich selbst „Pflanzen-Enthusiast“. Seinen Blick lenkt er aufs Detail, auf Unkraut zwischen Pflastersteinen oder in Mauerritzen und begeistert damit auf bundesweiten „Botanik-Safaris“.

Jürgen Feder erkundet die Pflanzen am Werdersee in Bremen
Jürgen Feder erkundet die Pflanzen am Werdersee in Bremen © WFB/Jörg Sarbach

Er brennt. Treffender lässt sich Jürgen Feder in Aktion kaum beschreiben. Wenn der 56-Jährige auf seinen botanischen Exkursionen durch die Landschaft fegt oder im Interview von Pflanzen und ihren Eigenheiten erzählt, stellt sich beim Zuhörer in den ersten Minuten noch leichte Irritation ein: Was ist das für einer? Doch Feders Blick fürs Detail, für Pflanzen zwischen Pflastersteinen und in Mauerritzen, ist schnell ansteckend. Und man merkt: Da weiß einer sehr genau, wovon er spricht. Ob Arnika, stinkender Gänsefuß („riecht nach geöffneter Heringsdose“) oder Hirtentäschel: Sie sind ihm vertraut, eben wie „Familienangehörige“, sagt Feder.

Ganz klar: Da hat einer seine Berufung gefunden

Ein Gutteil seines Lebens hat er mit ihnen verbracht. Jürgen Feder ist Gärtner und Landespfleger, im Auftrag von Bundesländern und Kommunen hat er Landstriche botanisch kartiert – und tut es noch. Während seines Studiums in den 1980er Jahren legte er den Grundstein für sein privates Herbarium, das er bis heute pflegt mit immer neuen getrockneten Pflanzen. Seine Karriere als „Extrem-Botaniker“ begann vor einigen Jahren mit einem Besuch in der TV-Show von Stefan Raab. Dass einer diesen Moderator kaum zu Wort kommen ließ und es so viel zu ein paar Wildpflanzen zu erzählen gibt, sorgte für Erstaunen. Ähnlich läuft es seither auf seinen mehrstündigen Exkursionen, die er bundesweit anbietet. „Ich bin ein Pflanzen-Enthusiast. Diese Begeisterung versuche ich weiterzugeben. Weil es dringend nötig ist.“

Zurück zur Natur: Man kann nur schützen, was man kennt

Auf seinen Touren widmet er sich mit den Teilnehmenden dem Wegesrand – und dem, was dort wächst. „Es wird gerupft und gezupft, weil sich heute keiner mehr was traut“, sagt er. Seinen Zuhörern will er mit auf den Weg geben, keine Angst zu haben, Wege zu verlassen und etwas anzufassen. In die Natur zu gehen. Zu riechen und zu schmecken. „Man muss nur die Gefahren einschätzen können.“

Alltägliche und seltene Arten will er zeigen, denn: „Wenn ich wirklich was bewirken will, muss ich auch mal Raritäten zeigen. Die Leute müssen auch mal mit der Hand über einen Sonnentau streichen können.“ Das ist eine unter Naturschutz stehende fleischfressende Pflanze.

Kampfansage an die Naturentfremdung

Einen Naturschutz, der Gebiete abschottet und für den Menschen nicht zugänglich ist, hält er für den falschen Weg; er will der Naturentfremdung den Kampf ansagen. „Wenn ich dazu Geschichten erzählen und Erstaunen hervorrufen kann, dann bin ich in meinem Element. Hirtentäschel zum Beispiel. Wenn es blüht, kennt das jeder, aber wenn nur die Blätter zu sehen sind, dann sind die Leute erstaunt, wie vielgestaltig solche eine häufige Art ist“, sagt der 56-Jährige.

Auf Exkursion: Oft geht es nur 200 Meter weit

Vor einem Rundgang werde er oft gefragt, wie viele Kilometer man gehe. „Das ist was für Fußkranke, sage ich dann, die Leute können mit dem Rollator kommen. Oft gehen wir nur 100 oder 200 Meter und dann wieder zurück. Die Arten sind bei uns.“ Von April bis September ist seine Hochsaison. Sein immenses Pflanzenwissen im Gepäck, reist Feder kreuz und quer durch Deutschland. Für die Exkursionen ist er Stunden früher an Ort und Stelle und erkundet die Umgebung. Treffpunkte an Parkplätzen oder Bahnhöfen sind für ihn wahre Fundgruben. Immer wieder werde er selbst überrascht von Pflanzen, die er dort nicht vermutet hätte. Er macht Fotos, notiert. Oft übernachtet er im Auto. „Ich habe einfach Spaß, in und mit der Natur zu leben“, sagt er.

Landesgartenschau: 80 Arten in zwei Stunden

Gerade ist er wieder Zuhause in Bremen. Statt schon um acht Uhr morgens irgendwo im Grünen zu stehen, sind heute die 300 Fotos zu sortieren, die er aus dem Teutoburger Wald und von der Landesgartenschau in Lippspringe mitgebracht hat. Dort führte er Schüler- und Lehrergruppen. „80 Arten in zwei Stunden“, sagt Feder. „Das schönste Lob ist, wenn die Leute nach einer Exkursion sagen: Ich gehe jetzt ganz anders durch die Landschaft oder durch meine Stadt.“ In den nächsten Tagen stehen fünf Städte in Süddeutschland auf dem Programm. Ein Abstecher in die Schwäbische Alb („einer der Hotspots der Artenvielfalt in Deutschland“) ist mit eingeplant. So entdeckt er immer neue Landstriche und weiß schon jetzt: „Ich werde total berauscht wiederkommen.“

In seiner Freizeit entdeckt er Arten

Sammeln, bestimmen: Auch das ist sein Metier. Diverse getrocknete Löwenzähne warten noch darauf, einsortiert zu werden. Eine erstaunliche Vielfalt gebe es, die noch nicht annähernd beschrieben worden ist. Gemeinsam mit einem Kollegen wolle er sich dem widmen. Warum? „Wenn ich es nicht mache, macht es keiner“, sagt er. „Und es ist spannend: Ich finde ja lauter neue Arten.“ Jede Neuentdeckung führe ihn auch zu neuen Ufern, sagt Feder.

Auf Helgoland neue Fliederart entdeckt

In Bremen hat er nach eigenen Angaben 60 als nicht mehr existent geführte Arten wiederentdeckt. Vergangenes Jahr auf Helgoland fand er zwei für Deutschland neue Arten: den Salz-Alant und den Felsen-Strandflieder. Anders als der Gewöhnliche Strandflieder ist der eigentlich am Mittelmeer heimisch. Müssen die Vögel mitgebracht haben, vermutet der Botaniker. „Als ich den Felsen-Strandflieder gesehen habe, hab ich laut gejuchzt, weil ich wusste: Es ist was Neues. Den musste ich erst Zuhause bestimmen.“ Und räumt ein: „Ich bin schon einer, der gern was als Erster sieht. Ein bisschen Wettkampf ist dabei.“

Feders kleine Kräuterkunde

Viel hätte er zu publizieren, „Themen satt, aber die Zeit nicht.“ Die Bremer Botanischen Briefe gibt er heraus, gerade ist sein drittes Buch „Feders kleine Kräuterkunde – das Essen liegt auf der Straße“ im Rowohlt-Verlag erschienen. Das nächste kommt bestimmt. Worüber? Man wird sehen. „Ich hätte tausend Ideen.“

Mehr Infos zu Jürgen Feder, seinen Büchern, Pflanzenwanderungen und Projekten gibt es  unter: https://www.juergen-feder.de/


Pressekontakt: Jürgen Feder, E-Mail: liebesgras@juergen-feder.de oder: Miramedia GmbH, Claudia Bontjes van Beek, Tel.: 040 - 41 00 4656, E-Mail: claudia.bontjesvanbeek@mira-media.de


Bilddownload

Das Bildmaterial ist bei themengebundener Berichterstattung und unter Nennung des jeweils angegebenen Bildnachweises frei zum Abdruck.

Foto 1: Jürgen Feder erkundet die Pflanzen am Werdersee in Bremen © WFB/Jörg Sarbach

Foto 2: Erkundung mit allen Sinnen: Jürgen Feder isst Weinberg-Lauch © WFB/Jörg Sarbach

Foto 3: Ausdauernde Gänseblümchen – auch zu ihnen hat der Botaniker Jürgen Feder sicher Spannendes zu berichten © WFB/Jörg Sarbach

Foto 4: Auf Entdeckungstour: Jürgen Feder zeigt Gewöhnlicher Beinwell © WFB/Jörg Sarbach


Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen berichtet bereits seit Juli 2008 monatlich über Menschen und Geschichten aus dem Bundesland Bremen mit überregionaler Relevanz herausgegeben von der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH. Der Pressedienst aus dem Bundesland Bremen arbeitet ähnlich wie ein Korrespondentenbüro. Bei den Artikeln handelt es sich nicht um Werbe- oder PR-Texte, sondern um Autorenstücke, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden.

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