Wir bauen uns eine Rakete - und alle berichten darüber
WissenschaftDie Medien fiebern begeistert mit
Wieder zurück in Bremen wurde auch dem Studierenden-Team um Peter Rickmers klar, dass die mit Kerzenwachs angetriebene Öko-Rakete ZEpHyR hier in aller Munde war. Das Studierenden-Projekt des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen war nicht nur Gesprächsthema auf dem Uni-Gelände, sondern auch in den regionalen wie überregionalen Medien. Das sorgte zwar für Erstaunen bei den Nachwuchswissenschaftlern, für Begeisterung aber bei ihren Freunden, Bekannten und in den Medien und sozialen Netzwerken.
Über die intensive Zusammenarbeit zwischen den Studierenden und Peter Rickmers als Projektleiter am ZARM berichteten wir bereits. Doch was bedeutet solch ein kontinuierlich und durch die drei abgebrochenen Raketenstarts noch stärkeres Medieninteresse für die Studierenden und das Projekt? Wie gehen sie damit um und welche Chancen ergeben sich womöglich daraus?
Wir sprachen mit Dr.-Ing Peter Rickmers, bisher Leiter der Abteilung Space Propulsion and Energy Systems (SPES), Raumfahrtantrieb und Energiesysteme am ZARM, seit dem 1. Juni 2016 beim DLR in Bremen. Ebenfalls im ZEpHyR-Team und unser zweiter Gesprächspartner: Student Thomas Ganser, B.A. Produktionstechnik mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrt. Er war vor allem für die Konstruktion und die Antriebstests zuständig. Und er war derjenige, der den Startknopf drücken durfte.
Eine Rakete erobert die Herzen, Flure und Medien
Herr Ganser, das Medieninteresse an Ihrer Kerzenwachs-Rakete ZEpHyR war ja recht hoch. Hat sich nach dem Raketenstart etwas für Sie geändert?
Ganser: Vorher kannten einen die Freunde und man wurde darauf angesprochen, dass man gerade wieder einen unserer Tests gehört hat. Nach dem Raketenstart kam ich wieder in eine Vorlesung und wurde von vielen auf das Projekt angesprochen. Wir haben vor Ort in Schweden ja nicht viel mitbekommen, aber ZEpHyR war wohl für eine Woche hier Gesprächsthema auf den Fluren. Man hat mit dem Projekt schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Ich selber habe mich darüber gewundert.
Und nicht nur an der Uni. Auch ZEIT online, die WELT, Sat.1 und etliche Akteure in den sozialen Medien haben ihr Projekt begleitet und dem Start der Rakete entgegen gefiebert.
Rickmers: Ja, das Thema ist erstaunlich gut angekommen. Zu sehen, was man mit einfachem Kerzenwachs machen kann, das ist ungewöhnlich und hat den Hauptimpuls gegeben. Ein so großes Medieninteresse ist nicht normal. Es sind ja auch viele andere Unis geflogen und bei ihren Projekten gab es deutlich weniger Resonanz. Was uns zum Ende hin etwas gefrustet hat, war, dass der Raketenstart mehrere Versuche brauchte. Das Medieninteresse wurde immer größer und wir saßen da und dachten "Um Gottes Willen, wenn das jetzt nicht funktioniert, können wir uns nie wieder nach Hause wagen". Das Verschieben des Starts hat die Spannung unendlich erhöht, aber auf unserer Seite natürlich auch zu hohem Druck geführt.
Ganser: Wobei ich den Druck während des Countdowns komplett ausgeblendet habe.
Was kann so ein Medienecho für den weiteren Werdegang bedeuten?
Ganser: Ich bin da ganz Wissenschaftler und antworte: Das werden wir sehen. Aber die meisten, die im STERN-Projekt waren, haben ganz gute Karriere-Chancen bekommen.
Rickmers: Wenn man sagen kann, dass man richtige Hardware entwickelt und gebaut hat, die auch geflogen ist, und damit vom weißen Blatt Papier bis zur fertigen Rakete mit dabei war, punktet man mit Skills, die man sonst nicht kriegt. Das unterscheidet den einen Bewerber, der frisch von der Uni kommt und noch recht grün hinter den Ohren ist, von jemandem, der das schon mal mitgemacht hat. Gewisse Lernschritte und Erfahrungswerte sind dann einfach schon vorhanden. Ingenieurswesen hat auch viel mit dem Bauch zu tun. Und das Bauchgefühl muss geschult werden. Man kann nicht alles aufs Feinste berechnen. Viele Sachen bei der Konstruktion entscheidet man intuitiv.
Ganser: Am Anfang war ich immer sehr beeindruckt, als Peter mit einer Änderung daher kam. Für mich sah es immer so aus, als sei es Bauchgefühl gewesen: "das geschulte Raten in eine richtige Richtung". Es war dann auch wirklich eine Verbesserung. Im Studium denkt man nicht, dass das so ist. Da glaubt man eher, dass man alles ausrechnet.
Rickmers: Ja, nach dem Studium geht man an eine Sache heran und denkt, man habe ja alle Formeln und könne damit alles berechnen. Und dann trifft man auf die Realität und stellt fest, dass man in der ersten Formel schon das Problem hat, dass zwar alles schön gerechnet ist, man aber an Realitätsgrenzen stößt.
Science Cliption: Nachwuchsförderung mit wissenschaftlichen Erklär-Clips
Eine ganz neue Erfahrung für Peter Rickmers und sein Team war das Mitwirken im Science Clip zur Kerzenwachs-Rakete.
Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Glauben Sie, dass das Format der Science Clips – unterhaltsame, kurze Erklärclips über Forschung hier in Bremen – ein Mittel sein kann, um den künftigen Nachwuchs zu erreichen? Und gerade auch Kinder und Jugendliche, die noch keine oder bisher kaum Berührungspunkte mit Wissenschaft hatten?
Ganser: Ich denke schon. Das, was ich als Feedback zu dem Science Clip selber gekriegt habe, war positiv. Meine Freunde, denen ich den Clip gezeigt habe, waren begeistert und haben gelacht. Sie hatten mit etwas total Trockenem gerechnet und dann kam dieser total "alberne" Clip - im positiven Sinne. Der Science Clip ist sehr gut angekommen, sie fanden ihn wirklich gut.
Ich glaube gerade bei Menschen, für die Wissenschaft schwer zugänglich ist, weil sie mit ihr selber nicht in Berührung kommen, kann das hilfreich sein. Ich hatte zum Beispiel ein Gespräch mit einer Person, die keine Ahnung von Thermodynamik hatte. Dann ist's schon schwer zu erklären, warum überhaupt eine Rakete funktioniert. Ich glaube gerade in diesem Punkt kann so ein Clip vermitteln, ohne dass man selber viel wissen muss. Und der Clip lockert das Thema ja auch schön auf.
Rickmers: Also beim Clip hab ich gedacht: "Oweia. Ob ich mich jemals wieder vor die Tür trauen darf?" [lacht]. Aber das Feedback war durchweg positiv. Ich bin nach Hause gekommen und habe meiner Frau gesagt, dass ich ihr den Clip nie zeigen darf. Dann war der Clip raus. Ich habe ihr den Link geschickt und sie hat sofort angerufen: "Das ist doch großartig, das ist doch super!" Und so war es überall. Den Clip haben auch viele Kinder gesehen, die fanden ihn halt einfach lustig und schön. Wie direkt der Clip dann später einen Einfluss hat, wird man sehen. Ich glaube sowas Lustiges bleibt auf jeden Fall erst einmal hängen. Insofern kann das Video vielleicht sogar ein Auslöser sein. Aber auch aus seitens der Wissenschaft, aus dem Institut heraus, kam positives Feedback. Die Kollegen fanden das alle große Klasse. Manchmal muss man sich etwas trauen und neue Wege gehen - wie mit unserer Rakete.
Ganser: Der Chef des neuen Projektes, in dem ich jetzt arbeite, wollte selber auch einen Film machen. Er dachte mehr an das Format "Die Sendung mit der Maus". Er fand den Science Clip inspirierend [lacht]!
Wie geht’s denn jetzt bei Ihnen weiter, Herr Ganser?
Ganser: Mit Raketen zu arbeiten, hat mir sehr viel Spaß gemacht und in dem Bereich möchte ich eigentlich auch bleiben – den Weg von der Erde in den Weltraum finde ich sehr interessant. Alles, was danach kommt, ist auch sehr interessant, aber da gibt's ganz andere Probleme als von der Erde hochzukommen. Das ist wirklich das Nadelöhr, das wir in der Raumfahrt haben. Und das interessiert mich am meisten.
Wäre es denn eine Option hier in Bremen, möglicherweise auch am ZARM, zu bleiben?
Ganser: Ja!
Und das freut uns zu hören. Vielen Dank für diese tollen Einblicke in Ihre Zusammenarbeit hier am ZARM. Ihnen alles Gute und viel Erfolg bei STERN 2 und einer Fortführung des Projektes ZEpHyR.
Alle drei Teile unserer Reihe "Wir bauen uns eine Rakete"
Teil 1: Wir bauen uns eine Rakete - der Kerzenwachs-Antrieb
Teil 2: Wir bauen uns eine Rakete - von der Uni ins Weltall
Teil 3: Wir bauen uns eine Rakete - und alle berichten darüber
Weitere Informationen
Informieren Sie sich über weitere Themen der Luft- und Raumfahrt in Bremen hier auf den Seiten der WFB Bremen. Wissenswertes rund um die Wissenschaftslandschaft im Land Bremen erfahren Sie im Stadtportal bremen.de.
Welche Projekte und Aufgaben die WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH für das integrierte Standortmarketing Bremens übernimmt, finden Sie in der Rubrik Marketing für Bremen.
Ihre Ansprechpartnerin bei der WFB zum Thema Wissenschaftsmarketing ist Marlis Torka, marlis.torka@wfb-bremen.de, Tel.: 0421 9600-523
Erfolgsgeschichten
Vor seiner Pensionierung war er wissenschaftlicher Geschäftsführer des Instituts für Interkulturelle und Internationale Studien sowie Leiter des Arbeitsbereich Wahlen und Parteien am Institut für Politikwissenschaft. Heute engagiert er sich beim Hannah Arendt Institut für politisches Denken und führt außerdem seine Forschung im Bereich "Regieren und Politik in Bremen" fort.
zum PorträtMit dem Einzug des Fachbereichs für Rechtswissenschaften und weiterer Institute der Universität Bremen in das ehemalige Gebäude der NordLB am Domshof entsteht ein lebendiger Ort im Zentrum der Stadt, der maßgeblich zur Entwicklung der Bremer City beiträgt. Tradition und Moderne verschmelzen in einer spannenden Architektur, die nicht nur Studierende begeistert.
Mehr erfahrenWie sieht der ideale Arbeitsort der Zukunft aus? Sarah Hölscher, Consultant beim Bremer Roth Institut, erläutert im Interview, warum hybride Modelle die Lösung sein könnten. Sie betont wie wichtig es ist, Arbeitsformen an den Bedürfnissen der Organisation und der Mitarbeitenden auszurichten, und gibt Einblicke in die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt.
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